wissen.de Artikel

Was macht einen modernen Vater aus?

Die klassische Rollenverteilung á la Papa ernährt die Familie und Mama kümmert sich um Kinder und Haushalt ist längst aus der Zeit gefallen. An ihre Stelle sind modernere Modelle getreten und mehr Selbstbestimmtheit bei der Verteilung der Aufgaben. Doch worin genau sehen Väter in der heutigen Zeit ihre Rolle? Was macht einen guten Vater aus? Fällt es Vätern schwer, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen? Wissenschaftler haben nachgefragt – und eine große Kluft zwischen idealisiertem Vatersein und tatsächlicher Umsetzung in der Praxis gefunden.
AMA, 13.02.2023
Vatre und Tochter während einer Videokonferenz
Wie schwer fällt es Vätern, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen?

© miniseries, GettyImages

Dass Väter anders als noch vor ein paar Jahrzehnten für ihre Familien da sein sollen und wollen, zeigt sich zum Beispiel in der Diskussion um einen zweiwöchigen Vaterschutz nach der Geburt oder darin, dass die Elternzeit mittlerweile um zwei Vätermonate erweitert wurde. Doch wie nehmen Väter sich selbst und ihre Rolle wahr? Auf der Suche nach Antworten hat ein Forschungsteam von der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel 2.200 Väter online und 55 persönlich befragt. Neben rechtlichen und biologischen Vätern nahmen auch Pflegeväter, Väter in Co-Parenting-Konstellationen und homosexuelle Väterpaare an der Untersuchung teil.

Eigene Väter als Negativbeispiel

Unter anderem zeigt die Studie, dass sich heutige Väter in Sachen Erziehung an ihren eigenen Vätern orientieren – allerdings eher im Sinne eines Negativbeispiels. Viele der Interviewten haben ihre eigenen Väter damals als „zu bestimmend“, „abwesend“ und „mit der Arbeit zu beschäftigt“ wahrgenommen. Sie selbst wollen in der Kindererziehung bewusst anders vorgehen und sich vom klassischen Rollenbild als abwesender Ernährer lösen. Dementsprechend verwundert es nicht, dass ein Alleinernährer-Dasein aus Sicht der Befragten heute nicht mehr reicht, um ein guter Vater zu sein.

„Die von uns befragten Väter haben angegeben, dass ihnen monetäre Werte nicht so wichtig seien, wie soziale oder emotionale Werte“, berichtet Kai Marquardsen von der FH Kiel. Zu diesen sozialen und emotionalen Werten gehört vor allem, dem Kind Zuneigung zu zeigen. Für 60 Prozent der Befragten macht das einen guten Vater aus. Auch generell Zeit mit dem Kind zu verbringen und ihm etwas beizubringen, gehört zum heutigen Rollenverständnis vieler Väter. Ihnen ist es außerdem wichtig, ihre Kinder empathisch und verständnisvoll zu erziehen.

Vater mit jungem Sohn beim Entladen einer Waschmaschine
Lediglich bei zehn Prozent der Väter überwiegt die Care-Arbeit den beruflichen Arbeitsaufwand.

© evgenyatamanenko, GettyImages

Wie sieht es in der Praxis aus?

So viel zu den Idealen, doch wie realistisch lassen sie sich wirklich im Alltag umsetzen? „Alle interviewten Väter berichten, ihren eigenen (Vaterschafts-)Vorstellungen nicht gerecht zu werden“, heißt es im Abschlussbericht der Studie. Fast zwei Drittel der Befragten wünschen sich zum Beispiel mehr Zeit mit den Kindern, doch der eigene Beruf steht dem häufig im Weg. Immerhin sind es in den allermeisten Fällen nach wie vor die Väter, die 40 oder mehr Stunden pro Woche erwerbstätig sind, während der andere Elternteil beruflich kürzertritt, also entweder in Teilzeit oder abseits der Care-Arbeit überhaupt nicht arbeitet. Lediglich bei zehn Prozent der Väter ist dieses Verhältnis umgedreht. 

Vielen Vätern fällt es außerdem schwer, Beruf, Partnerschaft, Familie, Freundeskreis und eigenen Interessen gleichermaßen gerecht zu werden. „Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten umsorgt“, erklärt Projektleiterin Kim Bräuer von der TU Braunschweig.

Mehr Unterstützung von außen nötig

Das Bild des aktiven Vaters zeigt sich laut Studie also eher in einem Wertewandel und bislang weniger in aktiven Veränderungen des Alltags. In Zukunft muss es also darum gehen, Väter aktiver in alltägliche Aufgaben einzubinden, so Bräuer: „Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in Elternchats anzusprechen.“ Außerdem sei noch viel Luft nach oben, was die aktuellen familienpolitischen Rahmenbedingungen angeht. Weitere väterfreundliche Reformen würden es Männern leichter machen, ihrem Wunsch nach mehr Zeit mit der Familie auch in der Praxis gerecht zu werden, sagt Bräuer.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Großes Wörterbuch der deutschen Sprache

Weitere Artikel aus der Wissensbibliothek

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon