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Wie Kupfer den Klimawandel aufhalten soll

Ob Handy, Centmünze oder Hausdach: Kupfer steckt in vielen Gegenständen unseres Alltags. Doch in Zukunft könnten wir es in noch viel größeren Mengen benötigen, denn es ist unerlässlich für die grüne Wende. Aber was macht das rötliche Metall so besonders? Welche Zukunftstechnologien verschlingen am meisten Kupfer? Und könnten wir bald in einen Kupfermangel schlittern?
AMA, 24.04.2024
Kupferkabel

© sergeyryzhov, iStock

Ohne Kupfer wäre unser modernes Leben undenkbar. Das rötliche Metall befindet sich zum Beispiel auf Hausdächern, in Musikinstrumenten, in Essbesteck und in Rohren. Es ummantelt unsere Ein- und Zwei-Cent-Münzen und bedeckt die Freiheitsstatue in New York City. In Form von Kupferspiralen nutzen wir das Metall sogar zur Verhütung. Auch Telefone, Handys, Computer, Autos und Züge kommen nicht ohne Kupfer aus. 

Eine elektrifizierte Welt

Seine enorme Beliebtheit hat das Kupfer neben einigen antibakteriellen Eigenschaften vor allem seinen hervorragenden Fähigkeiten als Wärme- und Stromleiter zu verdanken. In dieser Hinsicht kommt es direkt nach dem Silber. Zwar spielen die elektrischen Eigenschaften des Kupfers auch heute schon in vielen Bereichen eine große Rolle, doch das ist nichts im Vergleich zu den Kupfermengen, die wir in Zukunft brauchen werden.

Denn um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir unser Leben zunehmend elektrifizieren: aus Verbrenner wird E-Auto, aus Kohlekraftwerk Windrad. Und ohne Kupfer sind beide Transformationen unmöglich. Für Experten ist das Metall daher einer der wichtigsten Rohstoffe der Zukunft. „Kupfer ist das neue strategische Öl“, sagte etwa Rohstoff-Kenner Jeff Currie in einem Interview mit dem "Handelsblatt".

Detailansicht der New Yorker Freiheitsstatue
Ursprünglich hatte die Freiheitsstatue eine matte, braun-rote Färbung, bis sich kurz nach 1900 sich aufgrund der Oxidation eine grüne Patina auf derKupferhülle ausbreitete.

E-Autos und Windräder als Kupferfresser

Welche enormen Kupfermengen in Zukunft nötig sind, zeigt bereits der Blick auf ein einzelnes Elektroauto. Darin stecken im Schnitt 70 bis 80 Kilogramm Kupfer – dreimal so viel wie in einem Verbrenner-Auto. Das Metall wird vor allem für die Batterie des Autos, aber auch für zahlreiche Elektrokabel und Elektromotoren benötigt.

Noch krasser sind die Dimensionen bei Windkraftanlagen: Ein einziges Windrad verschlingt bis zu 30 Tonnen Kupfer. Allein im sogenannten Ringgenerator der Windturbine können sich hunderte Kilometer gewickelter Kupferdraht verbergen. Auch die Starkstromkabel und der Transformator eines Windrads sind auf Kupfer angewiesen.

Experten gehen daher davon aus, dass wir bis zum Jahr 2035 rund 50 Millionen Tonnen Kupfer pro Jahr benötigen werden. Die aktuelle jährliche Fördermenge beträgt allerdings gerade einmal 20 Millionen Tonnen. Könnte uns also ein Mangel bevorstehen, der die grüne Wende gefährdet?

Elektromotorfertigung
Ob Elektromotor oder Generator, für ihre Wicklungen wird jede Menge Kupfer benötigt.

© Edafoto, iStock.com

Droht uns ein Kupfermangel?

Auf den ersten Blick erscheint ein Kupfermangel unwahrscheinlich, denn Kupfer ist kein superseltenes Metall wie zum Beispiel Platin. Zudem gibt es noch mehrere tieferliegende Kupfervorkommen, die derzeit noch unerschlossen sind. Und nicht nur das: Kupfer lässt sich auch beliebig oft recyceln, indem man es immer wieder einschmilzt und neu gießt. Deswegen muss die Menge des Kupfers, die jährlich neu abgebaut wird, den Gesamtbedarf nicht einmal allein decken.

Doch es gibt mehrere Haken. So sind einige der unerschlossenen Vorkommen nur schwer erreichbar, weil sie zum Beispiel in der Tiefsee liegen. Und selbst bei besser erreichbaren Vorkommen schreitet die Erschließung neuer Minen nur sehr langsam voran. „Dies ist besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass die Genehmigung und Erschließung von Minen zehn bis 20 Jahre dauern kann – selbst wenn sich dieser Trend morgen umkehren würde, ist eine langsamere Wachstumsphase für den Kupferbergbau bereits vorprogrammiert“, erklärt das Internationale Energieforum.

Auch die verfügbare Menge an recyceltem Kupfer wird diese Probleme in Zukunft wahrscheinlich nur bedingt abmildern, weil zu viel davon sehr langfristig in Windkraftanlagen und E-Autos verbaut bleibt. Gary Nagle, der Chef eines der größten Kupferkonzerne der Welt, zieht daher folgendes Fazit: „Es kommt ein Kupferdefizit – aber die Welt scheint das nicht zu verstehen.“ Andere große Akteure wie der europäische Kupferverband halten die Verfügbarkeit des rötlichen Metalls wiederum für gesichert. Ob und wann ein Mangel kommt, bleibt also noch unklar.

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