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Woran erkennen wir eigentlich Ironie?

"Das ist ja eine schöne Bescherung!", "Dein Hund gehorcht ja super!" – ist das jetzt ernst gemeint oder Ironie? Oft meint unser Gegenüber eigentlich das Gegenteil von dem, was der Satz eigentlich im Wortsinn besagt – und meist ist uns das beim Hören auch sofort klar. Aber warum eigentlich? Woran erkennen wir eine ironische Bemerkung und was unterscheidet sie von einem normalen, wörtlich gemeinten Satz?
NPO, 26.04.2023
Symbolbild Ironie

© Prostock-Studio, GettyImages

Der Ton macht die Musik – dieser Ausspruch beschreibt, wie wichtig die Betonung und andere akustische Merkmale für unsere Kommunikation sind. Der gleiche Satz kann je nach Lautstärke, Nachdruck und Satzmelodie als Frage, als Aufforderung oder auch als komplett sachliche Aussage beim Gegenüber ankommen. Meist erkennen wir diese Merkmale unbewusst und interpretieren das Gehörte entsprechend.

Auf die Betonung kommt es an

Doch woran erkennen wir, dass ein Satz nicht wörtlich, sondern ironisch gemeint ist? Typisch für ironische oder sarkastische Bemerkungen ist, dass sie eigentlich das Gegenteil von dem ausdrücken sollen, was man beim bloßen Lesen eines solchen Satzes versgehen würde. Schon länger ist klar, dass dies vor allem an Art des Sprechens liegt. Aber was verrät uns genau, wie unser Gegenüber seinen Ausspruch meint? Das haben Pauline Larrouy-Maestri und ihr Team vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik nun näher untersucht.

Ihr Verdacht: Ironie verrät sich wahrscheinlich am ehesten durch die sogenannte Prosodie – die Lage der besonders betonten Wörter im Satz. Je nach Lage dieser Betonung kann sich die Bedeutung eines Satzes völlig verändern. Ein Beispiel: "Ich liebe es zu schreiben und zu lesen" – liest man diesen Satz ohne besondere Betonung mit gleicher Gewichtung aller Satzteile, ist es einfach eine sachliche Aussage. Doch wenn ich in diesen Satz das "Ich" am Anfang stark betone, bedeutet dies möglicherweise, dass ich dies im Gegensatz zu jemand anderem tue. Liegt die Betonung auf dem "und", hebe ich hervor, dass ich beides gern tue. Betone ich "liebe", zeigt dies das Ausmaß meiner Vorliebe.

Je weiter vorne, desto ironischer

Wie aber sieht es mit der Betonung bei ironischen Sätzen aus? Gibt es auch dort ein klares Muster? Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler dies mit 14 kurzen Sätzen ausprobiert, die je nach Kontext sowohl ironisch als auch nicht-ironisch gedeutet werden können, zum Beispiel „Mach doch noch ein bisschen lauter“ oder „Der Hund hört aber gut“. Diese Sätze wurden Testpersonen in Tonaufnahmen mal ironisch und mal nicht-ironisch gesprochen vorgespielt.

Es zeigte sich: Ironie wird in erster Linie durch eine Verschiebung der Betonung signalisiert – und zwar vom Ende eines Satzes hin zu einer früheren Position. Betone ich beispielsweise bei "Der Hund hört aber gut" auffällig das "Der", bin ich wahrscheinlich nicht sonderlich vom Gehorsam dieses Hundes begeistert. Lege ich bei dem Satz "Mach doch noch ein bisschen lauter" die Betonung auf das lauter, möchte ich wirklich, dass die Musik aufgedreht wird. Betone ich dagegen das "noch", ist es wohl eher ironisch gemeint.

„Durch die Betonung von Wörtern am Anfang eines Satzes gibt der Sprechende Hinweise darauf, dass die wörtliche Bedeutung nicht unbedingt die gemeinte ist. Diese Positionsverschiebung könnte als eine Art Warnhinweis dienen, mögliche alternative Bedeutungen des Satzes in Betracht zu ziehen“, sagt Larrouy-Maestri.

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