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Affenpocken: Was steckt hinter der neuen Epidemie?

Weltweit häufen sich Fälle von Affenpocken – einer Infektion, die von Verwandten des echten Pockenvirus verursacht wird. Betroffene bekommen Fieber, grippeähnliche Symptome und Hautpusteln. Anders als das Coronavirus ist das Affenpockenvirus aber eigentlich nur wenig ansteckend, was die aktuelle Häufung von Ausbrüchen ungewöhnlich macht. Was aber steckt dahinter? Wie erkennt man die Affenpocken? Und wie sollte man sich verhalten, wenn man sich angesteckt hat?
NPO, 25.05.2022
Affenpockenviren (MPV)

CDC / Cynthia S. Goldsmith

Das zurzeit in den Schlagzeilen stehende Affenpockenvirus ist ein enger Verwandter des Pockenvirus Orthopoxvirus variolae, dem Erreger der echten Pocken. Diese tödliche und einst stark verbreitete Infektionskrankheit gilt dank einer weltweiten Impfkampagne seit 1980 als ausgerottet. Letzte Proben des Erregers existieren nur noch in Hochsicherheitslaboren in Russland und den USA. Anders ist dies jedoch mit Verwandten dieses Pockenvirus, die bis heute im Tierreich vorkommen – unter anderem bei Kühen, Pferden, Nagetieren und seit neuestem auch Europäischen Eichhörnchen.

Was sind die Affenpocken?

Zu diesen Tierpocken-Erregern gehört auch das Affenpocken-Virus (MPV)., das zurzeit weltweit für Aufsehen sorgt. Dieses Virus wurde 1958 erstmals bei infizierten Laboraffen entdeckt und beschrieben, daher bekam es den Namen Affenpockenvirus (Monkeypox-Virus, MPV). Eigentlich hat es aber als Hauptwirte verschiedene Nagetiere, Affen und auch wir Menschen werden sozusagen "aus Versehen" befallen.

Seine Ursprung hat das Affenpockenvirus in West- und Zentralafrika. Dort ist der Erreger schon lange verbreitet und heimisch.  Der erste Affenpocken-Fall bei einem Menschen wurde allerdings erst 1970 entdeckt – ein neun Monate altes Kleinkind hatte sich mit dem Virus infiziert. Seither kommt es in Afrika immer wieder zu kleineren Ausbrüchen der Affenpocken, die aber lokal begrenzt bleiben und meist schnell wieder enden. Affenpocken-Fälle außerhalb von Afrika waren bisher sehr selten. Meist handelte es sich um einzelne Reisende, die sich in Afrika infiziert hatten und dann in ihre Heimatländer zurückkehrten.

Was hat es mit den aktuellen Ausbrüchen auf sich?

Die aktuelle Häufung von Affenpocken-Fällen vor allem in Europa und Nordamerika ist extrem ungewöhnlich: Inzwischen wurden mehr als 250 Fälle von Affenpocken außerhalb Afrikas gemeldet. Das sind mehr außerafrikanische Fälle als zuvor in der gesamten Zeit seit 1970 bekannt waren. Auch in Deutschland gibt es bereits mehrere bestätigte Affenpocken-Infektionen und Verdachtsfälle. "Aufgrund der vielfältigen Kontakte der derzeit Infizierten ist in Europa und auch in Deutschland mit weiteren Erkrankungen zu rechnen", hieß es kürzlich in einem Bericht des Bundesgesundheitsministeriums.

Wie es zu diesen Ausbrüchen gekommen ist, ist bisher erst in Teilen geklärt. Die meisten Betroffenen waren vor ihrer Erkrankung aber nicht in Afrika und hatten auch keinen Kontakt mit potenziell infizierten Tieren. "Dies ist das erste Mal, dass in Europa Infektionsketten ohne bekannte Verbindung nach West- oder Zentralafrika beobachtet werden", berichtet die europäische Seuchenbehörde ECDC. Stattdessen scheint es mehrere kleine Ausbruchsherde zu geben, in denen offenbar eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung vor Ort stattgefunden hat.

Hautpusteln britischer Affenpocken-Patienten, Mai 2022
Hautpusteln britischer Affenpocken-Patienten, Mai 2022

Woran erkenne ich die Affenpocken?

Typische Symptome der Affenpocken sind ein plötzlich einsetzendes Fieber und grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, oft sind auch die Lymphknoten geschwollen. Einige Tage später entwickeln sich Hautflecken, die zu blasigen, juckenden Hautpusteln werden. Diese können am Rumpf, den Händen, Füßen und auch den Schleimhäuten auftreten. Nach einer Weile verschorfen die Pusteln und ihre Kruste fällt ab.

Die Symptome halten in der Regel zwischen zwei und vier Wochen an und verschwinden in vielen Fällen ohne Behandlung von selbst. Selten können auch Komplikationen auftreten, die dann Hautschäden, Augeninfektionen, Verwirrung und Lungenentzündungen hervorrufen können. Der Anteil von Fällen mit tödlichen Ausgang nur in Afrika bei rund einem Prozent, davon betroffen sind vor allem Kinder und stark immungeschwächte Menschen wie beispielsweise HIV-Infizierte. Die zentralafrikanische Variante ist etwas aggressiver und kann bei kleineren Kindern in bis zu rund elf Prozent der Fälle tödlich enden. Nach bisherigen Erkenntnissen gehören die zurzeit in Europa aufgetretenen Fälle aber alle zu milderen westafrikanischen Variante.

Wie werden die Affenpocken übertragen?

Anders als die Influenza oder das Coronavirs  SARS-CoV-2 ist das Affenpockenvirus nicht durch Aerosole oder Tröpfcheninfektion übertragbar. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgt daher deutlich seltener. "Es ist daher wichtig zu unterstreichen, dass selbst ein großer Affenpockenausbruch etwas ganz anderes ist als die Covid-19-Pandemie", betont der Epidemiologe  Michael Head von der University of Southampton. Das Affenpockenvirus breitet sich trotz der jüngsten Häufungen von Fällen weit langsamer und schlechter aus als das Coronavirus oder die Grippe.

Meist erfolgt die Übertragung durch direkten Kontakt mit Hautpusteln, Schorf oder Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Blut. Allerdings kann das Affenpockenvirus relativ lange außerhalb des Körpers überleben. Daher sind auch Kleidung, Bettwäsche, Handtücher oder von Infizierten benutztes Essgeschirr eine mögliche Ansteckungsquelle.

Wer sich infiziert hat und Symptome zeigt, sollte daher jede Art von engem Kontakt mit anderen Menschen vermeiden, bis der Ausschlag abgeklungen ist und der letzte Schorf abgefallen ist. Dieser Prozess kann bis zu vier Wochen dauern. Wenn die Betroffenen mit anderen Personen zusammenleben, sollten sie, solange sie den Ausschlag haben, möglichst in einem Zimmer bleiben, idealerweise mit Zugang zu einem eigenen Badezimmer.

Wie kann man Affenpocken behandeln oder vorbeugen?

Meist heilen die Affenpocken folgenlos aus, ohne dass sie behandelt werden müssen. Behandelt werden daher in erster Linie die Symptome, außerdem versucht man, eine bakterielle Infektion der Pusteln zu vermeiden. In schwereren Fällen können antivirale Medikamente eingesetzt werden, die die Vermehrung des Affenpockenvirus hemmen.

Wer noch gegen die echten Pocken geimpft wurde, ist auch gegen die Affenpocken geschützt. Diese Impfung wird in Deutschland allerdings wegen der Ausrottung der Pocken und stärkerer Nebenwirkungen seit den 1970er Jahren nicht mehr verabreicht. Es gibt allerdings seit 2013 in der EU einen zugelassenen Pockenimpfstoff, der besser verträglich ist und der auch unter bestimmten Umständen gegen Affenpocken eingesetzt werden kann. Allerdings wird dieser Impfstoff dann nicht massenhaft verimpft, sondern nur bei direkten Kontaktpersonen von Infizierten. Diese sogenannte Ringimpfung soll verhindern, dass sich der Erreger über diesen Personenkreis hinaus ausbreitet.

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