Sternekoch auf Sylt
In den Dünen von Rantum entstand Anfang der 1950er Jahre ein imposantes reetgedecktes Gebäude: der heutige Söl’ring Hof. Ende der 1990er Jahre kauft eine Eigentümergemeinschaft das Haus, lässt es im Auftrag der Dorint-Gruppe entkernen und von Grund auf neu gestalten. Im Jahr 2000 eröffnet Johannes King, Gastgeber und Küchenchef, das Fünf-Sterne-Landhaus mit 15 individuell gestalteten Zimmern und Suiten. Von der Kühle großer Luxushotels ist hier keine Spur. Und die Küche von Sternekoch Johannes King gehört zweifellos zu den besten in Deutschland.
Wissenstag-Gewinner Marc Röttger aus Schwalmtal bei seiner Ankunft am Söl’ring Hof. Als besten Grund, warum gerade er den Kochkurs bei Johannes King gewinnen sollte, hatte er angegeben, dass er seinen Kochhorizont erweitern wolle und außerdem: "würde ich das Gelernte im Rahmen eines Benefiz-Dinners für das Kinderhospiz Regenbogenland Düsseldorf versuchen nachzukochen. Von den Erlösen würde ich dann Ausflüge für die Geschwisterkinder finanzieren, die leider in den meisten Fällen in den Familien zu kurz kommen, da sich alles um das im Lebensendstadium befindliche Geschwisterchen dreht. Als ehrenamtlicher Helfer in dem Kinderhospiz kümmere ich mich um Geschwisterkinder und weiß daher, dass nur dann Ausflüge etc. möglich sind, wenn entsprechende finanzielle Möglichkeiten vorhanden sind."
Das Abenteuer beginnt im Weinkeller und schmeckt nach Mineralwasser. Das ideale Getränk, um einen klaren Kopf zu behalten. Geht es doch heute für Wissenstag-Gewinner Marc Röttger und acht weitere Hobby-Köche um das Kochen auf Sterne-Niveau. "Alles zum Thema Wintergemüse" steht auf dem Programm. Und dass Sternekoch Johannes King nahezu alles davon versteht, wird Marc Röttger während der theoretischen Vorbereitung im Weinkeller schnell klar. "Was sind die Unterschiede zwischen Pastinaken und Petersilienwurzel?", fragt Johannes King. "Sie sehen sich ähnlich, die Pastinake schmeckt aber aufgrund des hohen Zuckergehalts süßer als die Petersilienwurzel, die auch nach dem Garen oder Kochen noch den typischen Petersiliengeschmack behält."
"Besonders wichtig beim Kochen ist die Vorplanung", erklärt Johannes King, "und das ruhige und konzentrierte Herangehen an die Sache!" In der Küche des Söl’ring Hofs stehen die Gewürze – von Pfeffer über Kreuzkümmel bis Sternanis – schon bereit, als Marc Röttger und die anderen Kochschüler die theoretische Einführung zum Thema Wintergemüse gerade hinter sich haben.
Das Herzstück ist die Schauküche mit französischem Herd und Anrichteblock aus Lavastein im ersten Stock. Hier bereiten Sternekoch Johannes King und seine schwarz bekittelten Beiköche am Abend die Gerichte zu – ruhig und hoch konzentriert. Nur für die Zeit der wenigen Kochkurse, die der Sternekoch im Jahr gibt, dürfen Gäste in diesen Bereich.
Pastinaken und Petersilienwurzel zu schälen, ist auch für Marc Röttger neu. Etwas von der Vielfalt vom heimischen Gemüse will der Gewinner aus Schwalmtal auch in seine Küche zu Hause mitnehmen.
"Einem Sternekoch über die Schulter schauen zu können, ist ein Privileg", weiß der Wissenstag-Gewinner. Er lernt im Söl’ring Hof unter anderem, dass es oft besser ist, zunächst sehr wenig zu würzen und zu salzen – und erst kurz vor Schluss die richtige Dosis an Gewürzen hinzuzufügen.
Die rote Beete, die Sternekoch Johannes King zum Probieren anrichtet, ist zuvor in Meersalz eingelegt worden und wird mit etwas Arganöl "aufgepeppt", das nicht nur gesund ist, sondern dem Gemüse eine feine, nussige Note verleiht.
Ganz wichtig beim Kochen ist das regelmäßige Abschmecken und Probieren.
Zwiebeln sind fester Bestandteil der Sterneküche von Johannes King. Ihr Geschmack lässt sich noch verfeinern, indem man Rosmarin und andere Kräuter zum Anbraten hinzugibt.
So viel Neues kann man sich gar nicht merken. Und daher greift Marc Röttger immer wieder zu Stift und Papier, um sich Notizen zu machen. Zum Beispiel, dass Knoblauch weniger scharf ist und länger haltbar bleibt, wenn er dreimal in Milch aufgekocht wird.
Auch das gehört zum Küchenalltag dazu: Pfanne säubern! Marc Röttger macht es ohne zu murren. In der Küche des Söl’ring Hofs ist jede Tätigkeit in der Küche wertvoll.
Trompetenpilze sind hohl und trompetenartig geformt und finden sich vor allem an Rotbuchen. Sie sind hervorragende Speisepilze. Und wieder eine Entdeckung für Marc Röttger. Für den Hobbykoch heißt es: Trompetenpilze putzen, waschen und zerkleinern.
Wie nebenbei finden in der Küche des Söl’ring Hofs einige Geschmackstests statt: Wie schmeckt roher Topinambur? Und wie verändert sich der Geschmack im Laufe des Garens? Worin liegen die Unterschiede zwischen Salz aus dem Himalaya, Fleur de Sel und dem gemeinen Kochsalz? Wie riecht und schmeckt roter und schwarzer Pfeffer? Marc Röttger riecht, probiert, staunt – und hat wieder etwas dazu gelernt.
Das Auge isst mit – zumal in der Sternegastronomie. Auf das Anrichten wird im Söl’ring Hof daher großen Wert gelegt. Zum Schluss noch eine Prise Fleur de Sel und etwas frischen Schnittlauch – fertig.
So einfach kann ein köstlicher erster Gang sein: Marinierte rote Beete mit Arganöl, Meersalz und gehobeltem Schafskäse. Der kulinarische Kniff: Die rote Beete wird mit Schale gewaschen, auf ein Backblech gelegt und leicht mit Meersalz und weiteren Gewürzen bestreut. Dann wird alles mit Alufolie abgedeckt und bei 140 Grad im Ofen ca. 50 Minuten gegart. Im Anschluss daran zieht die rote Beete noch etwa eine Stunde in einer Marinade aus Wasser, Zucker, Salz, Honig, Lorbeer, Sternanis, Kardamom, schwarzen Pfefferkörnern, Himbeer- und Apfelessig sowie Sonnenblumenöl.
Wissenstag-Gewinner Marc Röttger und die anderen Hobbyköche haben es geschafft: Der erste, selbst zubereitete Gang steht auf dem Tisch. Es darf einander zugeprostet – und mit leichtem Stolz auf das Geschaffene gespeist werden.
Unsere Abendmenü-Karte – Kings Kulinarische Empfehlungen – lässt das Wasser im Mund zusammenlaufen: "Besonders gespannt bin ich auf das Schwarzwurzelgratin mit sautiertem Hummer und Perigord-Trüffel", freut sich Marc Röttger. Während des Kochkurses durfte er bereits am edlen Trüffel schnuppern.
Die Tafel ist festlich gedeckt, Marc Röttger und die anderen Teilnehmer hoch gespannt, der Service sehr persönlich – und agiert doch mit der gebotenen Distanz. Das Abendmenü beginnt mit einem Amuse-Gueule aus mehreren Teilen. Herausragend: das Apfel-Sellerieschaumsüppchen. "Wenn es so weiter geht, fehlen mir bald die Worte!"
Der kulinarische Höhepunkt des Abends ist die "Glacierte Ochsenbacke mit Datteln, Petersilienwurzel, Selleriecrème und Perlzwiebeln". Herzhaftes und Süßes, Mild-Würziges und leicht Scharfes ergänzen sich zu einem komplexen und zugleich wunderbar harmonischen Geschmacksbild. Das ist Sterneküche auf hohem Niveau. Das Fazit von Wissenstag-Gewinner Marc Röttger: "Die Ochsenbacke ist ein Traum! Der Tag hat alle Erwartungen weit übertroffen!"