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Einen der sensibelsten Bauplätze Wiens stellt das Eckgrundstück zwischen Graben und Stephansplatz dar. Die Gründerzeit-Architekten Siccardsburg und van der Nüll errichteten 1866/67 ein Teppichhaus mit einer repräsentativen klassizistischen Fassade, ehe es den Kriegswirren von 1945 zum Opfer fiel. Carl Appel und Max Fellerer behielten für ihren Neubau 1951-53 die Grundform bei, reduzierten die Formensprache aber auf den Minimalismus der Nachkriegs-Architektur, schufen damit jedoch einen städtebaulichen Problemfall, dem ein Abriss in den 1980er-Jahren folgte. Das heutige Haas-Haus, das noch immer den Namen den gründerzeitlichen Teppich-Produzenten trägt, trägt die Handschrift von Hans Hollein. Er verzichtet auf die eckige Form zugunsten einer Rundung, die das Grundstück besser ausnützt und die Straßenfluchten von Graben und Stephansplatz zu verbinden versucht. Gleichzeitig entsteht auch eine Trennung durch das aus der Fassade herausgeschobene, ebenfalls runde Erker-Element – der Flügel am Dach darüber ist ein zusätzliches Statement, das Hollein später beim „Albertina-Wing“ wiederholte. Verspiegelte Fassadenflächen, die Abbilder der Gründerzeit-Fassaden widergeben, sind hingegen ein Zugeständnis an den prominenten Ort im Herzen der Stadt."Architekturguide Wien" hier bestellen.