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Alarich: Ein Barbar erobert Rom
Welches Ziel verfolgte der Gotenführer Alarich?
Er wollte im Römischen Reich militärisch aufsteigen. 391 übernahm er in Thrakien die Führerschaft der arianischen Westgoten. 394 diente er unter dem römischen Kaiser Theodosius I. Nach dem Tod des Kaisers zog sich Alarich mit seinen gotischen Verbänden nach Thrakien zurück und begann, die Provinzen Makedonien und Griechenland zu plündern. Die Versuche des Germanen Stilicho, der in militärischen Diensten des Westreichs stand, Alarichs Unternehmungen Einhalt zu gebieten, scheiterten an den politischen Spannungen zwischen Honorius, dem Kaiser des Westreichs, und Arcadius, dem Kaiser des Ostreichs. Diese Situation konnte Alarich zu seinen Gunsten ausnutzen.
Gelang Alarich der Aufstieg im Römischen Reich?
Ja, er schaffte es, seine Stellung auszubauen. 396 wurde er von Arcadius zum kaiserlichen General ernannt. 401, während Germanenstämme in die römischen Provinzen Raetien und Noricum einfielen, griff Alarich Venetien an, wurde aber von Stilicho bei Polentia zur Schlacht gestellt und bei Verona 403 geschlagen. In den folgenden Jahren verstärkte sich durch die Umbrüche der Völkerwanderung der Druck germanischer Völker auf die Grenzen des Römerreichs. Inzwischen hatte Stilicho Alarich zum General ernannt und ihn beauftragt, Illyrien für das Westreich zu sichern. Zu einer konsequenten Umsetzung dieses Plans kam es nicht. 408, nach der Ermordung Stilichos, gewannen in Rom antigermanische Kräfte die Oberhand.
Da seine Forderungen auf Rückerstattung seiner Kosten für das illyrische Unternehmen in Rom nicht erfüllt wurden, fiel Alarich erneut in Italien ein, um Siedlungsmöglichkeiten für sein Volk zu gewinnen und als römischer Bundesgenosse anerkannt zu werden. Alarich blieb allerdings der Erfolg versagt. Daraufhin griff er Rom an und nahm die Stadt am 14. August 410 ein. Es folgte eine Zerstörungsorgie, von der sich die Stadt nie wieder erholte. Versorgungsschwierigkeiten zwangen Alarich, die Stadt Ende August wieder zu verlassen. Über Sizilien versuchte er, mit seinem Heer nach Nordafrika überzusetzen. Das Unternehmen scheiterte. Auf dem Rückzug starb Alarich.
Führte Alarich den Niedergang Roms herbei?
Rom galt als Ewige Stadt, als Mittelpunkt des Römischen Reichs, als Vollendung der Weltgeschichte. Die Einnahme Roms durch Alarich im Jahr 410 hatte eine Schockwirkung und bewegte die zeitgenössischen Gemüter sehr. Christliche wie heidnische Stimmen verbanden mit der Einnahme der Ewigen Stadt den Niedergang des Römischen Reichs und den Anfang der Endzeit. In diesem Ereignis sahen die Altgläubigen den Beweis für die schuldhafte Vernachlässigung der alten Kulte.
Gegen diesen Vorwurf versuchten sich die Anhänger des Christentums zu verteidigen, allen voran Augustinus, der die Christen gegen diesen Vorwurf in Schutz nahm. Nicht nur in seiner Hauptschrift »Vom Gottesstaat«, auch in vielen Predigten und Briefen wies er darauf hin, dass gerade der Fall Roms ein Zeichen Gottes sei für die Vergänglichkeit alles irdischen Seins. Die Plünderung sei Beweis für die Dekadenz des römischen Staats, eine Strafe für die Sünder, eine Mahnung für die Gerechten (Gottesstaat 1, 33).
Übrigens: Letztendlich konnte auch das Ereignis des Jahres 410 die Idee von Rom als Verkörperung der Weltordnung, als Symbol von Staat und Reich nicht wirklich erschüttern. Sie wurde ins Mittelalter übernommen und erfuhr in der Renaissance einen neuen Höhepunkt.
Wussten Sie, dass …
der Presbyter Orosius der Eroberung Roms durchaus Positives abgewinnen konnte? Ihr Zweck bestünde darin, die Kirchen mit den Invasoren zu füllen.
der Legende nach Alarich im Flussbett des Busento in Kalabrien begraben liegt, der eigens für die Bestattung vorübergehend umgeleitet worden sein soll?
die Vandalen sich 455 bei ihrer Eroberung Roms weit weniger gesittet verhielten als die Goten? Die zwei Wochen dauernde Plünderung der Stadt wurde zur Redensart: Sie haben gehaust wie die Vandalen.
Benahmen sich die Goten in Rom barbarisch?
Wenn man Augustinus glaubt, nicht sehr: »Was also … an Verwüstung, Mord, Raub, Brand … verübt wurde, muss man dem Kriegsbrauch zur Last legen. Aber das Neuartige, das sich zutrug, die unerwartete Tatsache, dass barbarische Roheit sich so milde erwies, dass man weiträumige Kirchen zu Sammelplätzen und Zufluchtsstätten für das Volk auswählte, wo niemand getötet, von wo niemand fortgeschleppt wurde, wohin viele von mitleidigen Feinden in Sicherheit gebracht wurden, von wo niemand auch von unbarmherzigen Feinden in Gefangenschaft abgeführt werden durfte, das ist dem Namen Christi und dem christlichen Zeitalter zuzuschreiben.«
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