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Arbeitslosigkeit: Menschliches Schicksal, staatliches Problem
Ist Arbeitslosigkeit ein modernes Problem?
Obwohl bereits das antike Rom und das Mittelalter Arbeitslose kannten, gibt es Massenarbeitslosigkeit, wie wir sie heute kennen, erst seit dem Beginn der Industrialisierung.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Arbeitslosigkeit meist auf bestimmte Regionen oder Branchen beschränkt. Zunehmende wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Staaten erhöhte auch die Gefahr von Massenarbeitslosigkeit. Ein Extremfall war die Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit dem New Yorker Börsenkrach begann und in deren Verlauf die Arbeitslosenquote im Deutschen Reich zeitweise auf bis zu 30 % stieg.
Wann entsteht Arbeitslosigkeit?
Wenn Arbeitnehmer ohne Arbeit sind (z. B. infolge eines Überangebots an Arbeitskräften) und ihnen somit die Möglichkeit des Erwerbs genommen wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Arbeitslosigkeit in den westlichen Industriestaaten zunächst nur eine Begleiterscheinung von Konjunkturschwankungen (konjunkturelle Arbeitslosigkeit) bzw. in bestimmten Berufen Folge jahreszeitlich bedingter schlechter Witterung (saisonale Arbeitslosigkeit).
Die Strukturkrise in den Bereichen Kohle und Stahl führte in der Bundesrepublik Deutschland gegen Ende der 1960er Jahre erstmals zu länger anhaltender Arbeitslosigkeit (strukturelle Arbeitslosigkeit). Die Rationalisierungswelle ab Mitte der 1970er Jahre machte dann deutlich, dass industrielles Wachstum nicht immer gleichzeitig auch steigende Nachfrage nach Arbeitskräften bedeutet. Folge war eine hohe Dauerarbeitslosigkeit. Die deutsche Wiedervereinigung und das Scheitern vieler nicht wettberbsfähiger ostdeutscher Betriebe, aber auch das Einsetzen einer weltweiten Rezession zu Beginn der 1990er Jahre sorgten für weiter steigende Arbeitslosenzahlen.
Was bestimmt den Beschäftigungsgrad einer Volkswirtschaft?
Die Gesetze der Marktwirtschaft, also Angebot und Nachfrage.
Das Arbeitsangebot ist u. a. abhängig von der Gesamtzahl erwerbsfähiger Personen und den Ansprüchen, die diese Personen an die Arbeitsbedingungen stellen (z. B. Lohnhöhe, Arbeitszeit). Die Arbeitsnachfrage hängt vor allem von der gesamtwirtschaftlichen Situation ab, also von der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen, die von den Unternehmen angeboten werden. Herrscht hohe Nachfrage, muss viel produziert werden, und es werden viele Arbeitskräfte benötigt.
Wann herrscht Vollbeschäftigung?
Wenn alle Erwerbsfähigen bereit sind, zu den jeweils gegebenen Arbeitsbedingungen zu arbeiten und in einem bestimmten Zeitraum eine Stelle finden.
Aufgrund der starken Differenzierung der modernen Arbeitswelt fällt es jedoch immer schwerer, allgemeine Aussagen über den Arbeitsmarkt zu treffen. Arbeitsangebot und -nachfrage sind für die verschiedenen Arbeitsmarktsegmente sehr unterschiedlich. So kann ein Über- bzw. Unterangebot an Arbeitskräften auch nur für einzelne Berufsgruppen bestehen, was wiederum die Arbeitsbedingungen auf diesem Teilarbeitsmarkt bestimmt.
Welches Land führte zuerst eine Arbeitslosenversicherung ein?
Großbritannien führte 1911 als erstes Land eine staatliche Pflichtversicherung gegen Arbeitslosigkeit ein, Deutschland zog 1927 nach.
Die Grundzüge der Arbeitslosenversicherung sind seitdem unverändert: Die Beiträge werden je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht und von einer staatlichen Stelle (Bundesagentur für Arbeit) verwaltet. Der Arbeitslose erhält als Arbeitslosengeld für eine festgelegte Dauer einen bestimmten Prozentsatz seines vorherigen Lohns. Die Leistungen der Bundesagentur umfassen nicht nur Zahlungen des Arbeitslosengeldes, sondern z. B. auch Arbeitsvermittlung und Berufsberatung, Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und beruflicher Fortbildung. Für diese versicherungsfremden Aufgaben zahlt der Bund einen Zuschuss.
Wann ist jemand geringfügig beschäftigt?
Wenn er im Monat nicht mehr als 400 Euro verdient (Minijob). Eine zeitliche Beschränkung der Wochenarbeitszeit gibt es seit 1. April 2003 nicht mehr (davor lag sie bei 15 Stunden). Der Arbeitgeber zahlte 2006 nur pauschale Abgaben in Höhe von 25 % des Einkommens (12 % Renten-, 11 % Krankenversicherung und 2 % Pauschalsteuer); ab 2007 betragen die pauschalen Abgaben 30 %. Bei sog. Midijobs (Verdienst 401–800 Euro) zahlt der Arbeitgeber die Sozialabgaben.
Was verbirgt sich hinter dem Hartz-Konzept?
Der Begriff bezeichnet die 2002 vorgelegten Vorschläge der Kommission »Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt«, die unter Federführung des damaligen VW-Personalvorstands Peter Hartz (* 1941) entstanden. Die sog. Hartz-Kommission sollte Vorschläge für eine effizientere Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik und für eine Reformierung der Bundesanstalt für Arbeit erarbeiten. Sie orientierte sich dabei an den Erfahrungen anderer europäischer Länder, die bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit relativ erfolgreich waren, wie beispielsweise Dänemark, die Niederlande und Großbritannien.
Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Gesetzen mit den Kurzbezeichnungen Hartz I, Hartz II, Hartz III und Hartz IV. Zuletzt trat am 1. Januar 2005 Hartz IV in Kraft.
Was beinhaltet Hartz IV?
Die Hartz-IV-Reform setzte an die Stelle von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige das einheitliche Arbeitslosengeld II, dessen Niveau unterhalb der bisherigen Sozialhilfe liegt. Damit sollte der Druck auf Langzeitarbeitslose zur Aufnahme einer Tätigkeit erhöht werden. Die Einführung des Arbeitslosengeldes II bedeutete für viele Empfänger von Arbeitslosenhilfe empfindliche finanzielle Einbußen. Die Bundesregierung war bei ihren Berechnungen von etwa 3,9 Mio. Berechtigten ausgegangen, die Zahl lag aber Mitte 2006 bei rd. 5,3 Mio.
Woran orientiert sich das Arbeitslosengeld II?
Am Bedarf des Betroffenen und der mit ihm im Haushalt lebenden Angehörigen – also nicht mehr wie die frühere Arbeitslosenhilfe am Arbeitseinkommen. Grundsätzlich müssen Empfänger von Arbeitslosengeld II jede nicht sittenwidrige Arbeit annehmen, auch wenn die Bezahlung deutlich unter Tarif oder dem ortsüblichen Lohn liegt, die Arbeitsstelle weit entfernt ist oder eine geringere Qualifikation verlangt. Bei Ablehnung einer angebotenen Arbeit wird das Arbeitslosengeld II drei Monate lang um 30 % gekürzt bzw. bei unter 25-Jährigen ganz gestrichen.
Wer legt die Beitragshöhe für die Arbeitslosenversicherung fest?
Der Bundesgesetzgeber, und zwar nach der Finanzlage der Bundesagentur für Arbeit. 2006 betug der Beitragssatz 6,5 % des Bruttolohns. In der Arbeitslosenversicherung sind alle Arbeitnehmer (mit Ausnahme der geringfügig Beschäftigten), Auszubildende sowie die Wehr- und Zivildienstleistenden pflichtversichert.
Wie viel Geld bekommt man nach Hartz IV?
Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt 345 Euro pro Monat (Stand: 2006). Zusätzlich werden »angemessene Kosten« für Miete und Heizung erstattet. Als angemessen gilt für Alleinstehende ein Wohnraum von 45 Quadratmetern (318 Euro Zuschuss für Miete und Heizung), für Paare ein Wohnraum von 55 Quadratmetern (409 Euro Zuschuss) und für eine Familie mit vier Personen von 85 Quadratmetern (511 Euro Zuschuss).
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