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Die moderne Welt – Zerfall des Ostblocks und globale Krisen

Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts führten revolutionäre Veränderungen beinahe weltweit zum Sturz des Kommunismus – das Ende der auf zwei ideologisch unterschiedlich ausgerichteten Machtblöcken basierenden Nachkriegsordnung war damit besiegelt. Mit dem Ende der Moskauer Zentralherrschaft brach innerhalb der ehemaligen Sowjetunion eine Vielzahl von Konflikten auf. Die Nachfolgestaaten der UdSSR erweisen sich teilweise im Inneren nach wie vor als instabil und betrachten Gewaltanwendung als ein legitimes Mittel zur Konfliktlösung.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten und dem darauf folgenden Krieg in Afghanistan und im Irak gilt der Iran als ein potenzielles Konfliktgebiet. Eine Schlüsselrolle für den islamisch-fundamentalistischen Terrorismus spielt der israelisch-palästinensische Konflikt, dessen friedliche Lösung trotz hoffnungsvoller Ansätze in weite Ferne gerückt ist. In der Volksrepublik China konnten die Kommunisten nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung ihre Machtposition wieder festigen.

Zum bereits bestehenden wirtschaftlichen Nord-Süd-Gefälle vergrößerte sich teilweise der wirtschaftliche Abstand zwischen den westlichen Industriestaaten und den Ländern des einstigen Ostblocks. Die ungleiche Verteilung des Wohlstandes führte zu verstärkter Migration in die westlichen Industrieländer. Eine Lösung der globalen Umweltproblematik steht trotz erster weltweiter Übereinkünfte noch aus. Die Erwärmung der Erde und das Ozonloch bilden nur spektakuläre Symptome der globalen Zerstörung der elementaren Lebensgrundlagen des Menschen.

1990 Wiedervereinigung Deutschlands
1991 Beginn des jugoslawischen Bürgerkriegs
  Ende der Sowjetunion
1993 Gründung der Europäischen Union
1999 NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien
2001 Terroranschläge auf das World Trade Center und das Pentagon
2003 Der Irak-Krieg beendet die Herrschaft von Saddam Hussein
2006 Montenegro verlässt die Staatengemeinschaft mit Serbien

Umwälzungen in Ostmittel- und Südosteuropa: Der Block zerfällt

Was läutete die Epochenwende in Osteuropa ein?

Die in der Sowjetunion ab 1985 eingeleitete Reformpolitik Michail Gorbatschows entfaltete auf ganz Ostmittel- und Südosteuropa eine Sogwirkung. Die Initialzündung für eine demokratische Umgestaltung von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ging von Polen und Ungarn aus. Die »Demokratisierungswelle« nahm in Polen ihren Anfang – hier trat die sozialistische Regierung 1988 u. a. auf Druck von Streikbewegungen erstmals mit der verbotenen Gewerkschaft Solidarność (»Solidarität«) in Verhandlungen ein. Beide Seiten vereinbarten 1989 demokratische Reformen, darunter freie Wahlen und die Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen. Bei den ersten Wahlen gewann die wieder zugelassene Solidarność 99% der Sitze im neu geschaffenen Senat, Mitte 1989 wurde mit Tadeusz Mazowiecki der erste nichtkommunistische Ministerpräsident Polens seit 1945 gewählt.

In Ungarn setzte nicht eine Bürgerbewegung Reformen in Gang, sondern die kommunistische Partei selbst. Im Februar 1989 wurde die Einführung eines Mehrparteiensystems beschlossen, die ersten freien Wahlen fanden Anfang 1990 statt.

Wie weitete sich die Demokratiebewegung aus?

In der Tschechoslowakei gingen Ende 1989 Hunderttausende auf die Straßen (»Sanfte Revolution«). Die Oppositionsbewegung unter Führung der Bürgerrechtsgruppe Charta 77 rief zum Generalstreik auf. Regierung und Präsident traten zurück. Václav Havel, einer der führenden Köpfe der Charta 77, wurde erster nichtkommunistischer Staatspräsident. Im Juni 1990 gab es die ersten freien Parlamentswahlen seit 1946.

In Rumänien wurde Diktator Nicolae Ceauşescu im Dezember 1989 hingerichtet, und eine »Nationale Rettungsfront« unter Führung des einstigen Kommunisten Ion Iliescu übernahm die Regierungsgewalt. Die innere Demokratisierung kam jedoch am Anfang nur zögernd voran.

Die Sowjetunion löste sich »von den Rändern her« auf. Die ersten Staaten, welche die Wiederherstellung ihrer einstigen Unabhängigkeit forderten, waren die drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen. Gegen diese Bestrebungen ging die Sowjetregierung in Lettland und Litauen noch mit militärischer Gewalt vor. Doch konnte die Zentralmacht die Absetzbewegungen nicht mehr aufhalten. An die Stelle der UdSSR trat Ende 1991 die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), ein loser Staatenbund, dem sich elf ehemalige Sowjetrepubliken anschlossen.

Was löste den Krieg auf dem Balkan aus?

Im Vielvölkerstaat Jugoslawien führten wirtschaftliche, politische und vor allem unter Slobodan Miloševic in Serbien geschürte nationale bzw. ethnische Interessenkonflikte 1991/92 zur Loslösung der Teilrepubliken Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien. Die Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens versuchte Rest-Jugoslawien, das heißt besonders Serbien, zu verhindern. Außerdem wollten weite Kreise mit Gewalt ein »Großserbien« verwirklichen. Es kam von allen Seiten zu groß angelegten Vertreibungen und Morden (»ethnische Säuberungen«). Als sich Anfang 1992 Bosnien-Herzegowina für unabhängig erklärte, griff der Krieg auf diese Teilrepublik über, in der es keine klaren Grenzen zwischen den Völkerschaften gab.

Wie entwickelte sich die Lage in Ex-Jugoslawien?

Aus der Konkursmasse des sozialistischen Jugoslawiens ging 1992 unter serbischer Führung die Bundesrepublik Jugoslawien, bestehend aus Serbien und Montenegro, hervor. Der Krieg in Bosnien wurde erst 1995 nach Eingreifen der UNO mit dem Abkommen von Dayton beendet, das den Verbleib des von bosnischen Serben bewohnten Gebietes in einem gemeinsamen Staat mit Kroaten und muslimischen Bosniaken festlegte. 1997/98 kam es erneut zu gewaltsamen Konflikten, als Serbien versuchte, die Albaner aus der Provinz Kosovo (Amselfeld) zu vertreiben. Um den sich abzeichnenden Völkermord zu verhindern, griff 1999 die NATO militärisch ein und besetzte das Kosovo, das wie Bosnien-Herzegowina unter UNO-Aufsicht gestellt wurde.

Welche Probleme brachte der politische Wechsel?

Der politische und wirtschaftliche Wandel führte in zahlreichen postkommunistischen Staaten zu erheblichen Problemen, insbesondere wirtschaftlicher Art. Nach der Umgestaltung der Wirtschaftsordnung kam es in den meisten Ländern zu massiven Preissteigerungen. Auch wurden die ehemaligen Ostblockstaaten erstmals mit dem Phänomen der Arbeitslosigkeit konfrontiert. Hohe Auslandsverschuldung führte u. a. dazu, dass die Regierungen viele notwendige Investitionen in die Infrastruktur nicht tätigen konnten. Schattenwirtschaft und organisierte Kriminalität nahmen zu. Mafiöse Strukturen reichen zum Teil bis in Regierungsebenen hinein, Korruption ist weit verbreitet. Die Folge ist, dass nationalistische bzw. rechtspopulistische Parteien oder solche mit sozialistischem Programm Aufwind erfahren.

Welche Rollen spielen die EU und die NATO?

Westeuropa setzt seine Hoffnung auf eine Stabilisierung der jungen Demokratien durch die Annäherung an NATO und EU. Die NATO band die meisten ehemaligen Ostblockstaaten enger an sich. Polen, Tschechien und Ungarn traten als erste postkommunistische Staaten 1999 der Allianz bei. Um in die EU aufgenommen zu werden, muss ein Staat demokratische und rechtsstaatliche Strukturen aufweisen, die Wirtschaft nach marktwirtschaftlichen Prinzipien ausgerichtet und wettbewerbsfähig sein. 2004 wurden acht ostmitteleuropäische Staaten als EU-Mitglieder aufgenommen, 2007 sollen Bulgarien und Rumänien folgen. Die Integration soll für ein politisch stabiles und wirtschaftlich erfolgreiches Europa sorgen.

Welche neue Staaten entstanden?

Die Tschechische und Slowakische Föderative Republik (CSFR) trennte sich 1993 auf Druck der Slowaken in die Tschechische Republik (Tschechien) und die Slowakei.

1991 errangen die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen ihre Souveränität. Im Dezember desselben Jahres löste die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten die UdSSR ab. Zur GUS gehören neben Russland die Kaukasusrepubliken Armenien, Aserbaidschan und Georgien, in Zentralasien Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan sowie in Europa Moldawien, die Ukraine und Weißrussland. Der Vielvölkerstaat Jugoslawien zerfiel 1991/92 in die Staaten Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Slowenien sowie in die Bundesrepublik Jugoslawien, bestehend aus Serbien und Montenegro. 2003 wurde aus dem Bundesstaat »Jugoslawien« die Föderation »Serbien und Montenegro«. 2006 verlässt Montenegro die Föderation.

Auflösung der UdSSR: Die Geburtswehen der Nachfolgestaaten

Was kam nach der UdSSR?

Im Jahr 1991 wurde die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken – kurz UdSSR – aufgelöst, schon zuvor hatten die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen ihre Eigenstaatlichkeit deklariert. An die Stelle der Sowjetunion traten die Russische Föderation und 14 unabhängige Nationen. Für die Menschen der ehemaligen UdSSR ist die Einführung der Demokratie ein positiver Schritt, dennoch muss die Entwicklung in den meisten Bereichen äußerst kritisch betrachtet werden.

Warum sind die postsowjetischen Länder instabil?

Durch die Folgen der Planwirtschaft und deren Umbau in eine Marktwirtschaft stehen die nationalen Ökonomien auf schwachen Beinen. Wirtschaftliche Unsicherheit und zum Teil bittere Armut sind der hohe Preis der Reformen. Hinzu kommt, dass politisch-demokratische Reformen bislang noch nicht die gewünschten Erfolge gebracht oder in einigen Staaten gar nicht begonnen wurden – so etwa in Weißrussland. Neben demokratischen Kräften tummeln sich auf der politischen Szene auch Hardliner aus der kommunistischen Zeit oder Vertreter des äußersten rechten Randes, die zum Teil sehr offen antisemitische Positionen vertreten. Undurchschaubar ist zudem Größe und Einfluss der organisierten Kriminalität mit ihren mafiösen Strukturen.

Wo finden ethnische Konflikte statt?

Große Probleme bereiten auch die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. So wird beispielsweise jeglicher Fortschritt in Moldawien durch den ungeklärten Status der Dnjestr-Region gehemmt, während Aserbaidschan wie auch Armenien schwer an dem ungelösten Konflikt um Berg-Karabach zu tragen haben. Schließlich wird das benachbarte Georgien von einer Fülle interner Probleme zerrissen, über denen drohend die Frage der Zukunft der früheren Provinz Abchasien steht.

Gibt es bereits gefestigte Demokratien?

Nein, das demokratische Fundament ist labil. Die autoritären Führer der Länder Zentralasiens zeigen gegenüber den erheblichen religiösen wie ethnischen Spannungen in ihren Ländern unterschiedlich geartete Ansätze zu Reformen. Gemeinsam ist diesen Staaten jedoch, dass in ihnen die Demokratie noch nicht verwurzelt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bevölkerung rasant wächst, die Urbanisierung ungehemmt fortschreitet und die Wasservorräte noch rascher zur Neige gehen. Jegliche Hoffnung auf kontinuierliche Besserung wird zudem durch die schwankenden Weltmarktpreise für die wichtigen Exportartikel der Region, Erdöl, Erdgas, Gold und Baumwolle, zunichte gemacht.

Wie ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt?

Über all diesen bedenklichen Erscheinungen hängt der allgemeine Niedergang des Arbeitspotenzials auf dem gesamten Territorium der früheren UdSSR wie ein Damoklesschwert. Viele Ärzte und Lehrer bekommen kein Gehalt, wer noch Arbeit finden kann, ist häufig außerhalb seines erlernten Berufes tätig. Millionen Studierende brechen ihr Studium ab und werden so zu einer minder qualifizierten »Reservearmee« für die Industrie, die sozialen Zündstoff birgt.

Darüber hinaus bedroht eine Reihe von Epidemien wie Typhus und antibiotikaresistente Tuberkuloseformen die Volksgesundheit. Angesichts der kritischen Lage in fast allen Bereichen nimmt es nicht wunder, wenn in Ländern wie Russland, Kasachstan, Aserbaidschan und der Ukraine von einigen Bevölkerungsteilen nach einer Regierung der harten Hand gerufen wird.

Wann endete die »postsowjetische Ära«?

Die postsowjetische Ära ging 1998 mit dem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft zu Ende. Bis dahin war es Hauptaufgabe der Nachfolgestaaten gewesen, die negativen Einrichtungen des Sowjetregimes zu demontieren und den Schlendrian zu überwinden. Dieser Prozess hatte nicht erst 1991 begonnen, sondern teils schon in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Schließlich stand am Anfang des Niedergangs der kommunistischen Partei die Unfähigkeit des Systems, eine dringend nötige wirtschaftliche Erneuerung zu gestalten. Vollendet ist diese Aufgabe beileibe noch nirgends – in manchen Ländern hat sie noch nicht einmal angefangen.

Worin liegen die Herausforderungen der Zukunft?

Heute liegt das wesentliche Ziel nicht mehr in der Demontage des alten Systems, sondern im Schaffen von Neuem, Hand in Hand mit der Beseitigung des noch vorhandenen staatlichen Überbaus. Erst dann ist der Weg frei für demokratische Reformen, für den Rechtsstaat, eine Marktwirtschaft und eine soziale Grundsicherung der Menschen.

Wussten Sie, dass …

Russland Versuche unternahm, die Souveränität früherer Sowjetstaaten mit Hilfe russischer Minderheiten unmerklich zu zerstören? Diese Strategie ist zumindest in Aserbaidschan, Georgien und Tadschikistan gescheitert, deren Staatlichkeit trotz erheblicher innerer Probleme erhalten blieb. Das Hauptproblem ist der zukünftige Status von Tschetschenien. Im Donbecken, auf der Krim und in Nordkasachstan stellen die russischen Bevölkerungsanteile einen politischen Faktor dar, doch der Preis für ein Eingreifen Russlands dürfte weit schwerer wiegen als denkbare politische Vorteile.

Weltmacht USA: Allein gegen den Rest der Welt?

Wie veränderte sich 1989 die weltpolitische Lage?

Ab 1989 löste sich der von Moskau dominierte Ostblock auf, die Sowjetunion zerfiel, Deutschland wurde wiedervereinigt und die europäische Staatengemeinschaft größer. Präsident George Bush, der bisherige Vizepräsident Ronald Reagans, war seit 1989 im Amt. Er unterstrich 1991 die internationale Dominanz Washingtons im zweiten Golfkrieg durch die Befreiung Kuwaits nach der irakischen Invasion, im Feldzug »Wüstensturm« hatten US-Militärs eine multinationale Allianz gegen Bagdad angeführt. Bushs Nachfolger, Bill Clinton, zögerte zunächst, in den Balkankonflikt militärisch zu einzugreifen. Autorisiert von der UNO und unterstützt durch NATO-Partner, intervenierten die USA aber 1994 mit Luftangriffen in Bosnien-Herzegowina. 1999 griffen sie auch in die Kosovo-Krise ein, diesmal allerdings ohne UN-Zustimmung.

Was war das Ziel von Clintons Politik?

Die Wahl des Demokraten Bill Clinton zum 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten 1992 hatte vor allem innenpolitische Gründe, Wirtschaftswachstum und Sozialreformen waren das vorrangige Ziel der neuen Regierung. Clintons Haushaltspolitik, der Boom der IT-Branche und die zunehmende Globalisierung brachten einen ungeahnten ökonomischen Aufschwung. Millionen neuer Arbeitsplätze entstanden und das chronische US-Haushaltsdefizit fand ein Ende.

Clintons Außenpolitik war auch Fortsetzung seiner Wirtschaftspolitik, sollten doch die Vereinigten Staaten den Weltmarkt noch besser nutzen. Dazu gehörten unter anderem neue Verträge zur Handelsförderung und die Schaffung einer nordamerikanischen Freihandelszone. Das Außenhandelsvolumen der USA wuchs in den 1990er Jahren von 15 auf fast 20 Prozent des Bruttosozialprodukts. In seiner zweiten Amtsperiode konzentrierte sich Clinton wieder stärker auf klassische außenpolitische Themen wie die NATO-Osterweiterung oder den palästinensisch-israelischen Konflikt, dessen Lösung allerdings trotz intensiver politischer Bemühungen nicht herbeigeführt werden konnte.

Wie änderte G.W. Bush den Kurs der US-Regierung?

Der Republikaner George W. Bush, der Sohn von George Bush, wurde 2001 der 43. Präsident der USA. Die neue Regierung sah Clintons vielfältiges Engagement in regionalen Konflikten (Balkan, Naher Osten, Somalia, Haiti) kritisch und wollte hier auf Zurückhaltung setzen. Was die anderen Großmächte betraf, so hatte Clinton eine Politik der Annäherung verfolgt, George W. Bush dagegen zielte darauf ab, die Machtsphären Chinas, aber auch Russlands zu begrenzen. Die negativen Begleiterscheinungen der Globalisierung (Umweltprobleme, Überbevölkerung und Unterentwicklung) und die internationale Zusammenarbeit hatten für die Bush-Administration weniger Bedeutung als noch für die Vorgängerregierung. Doch auch unter Bush junior blieben die USA die führende Kraft in den großen internationalen Institutionen wie Vereinte Nationen, Welthandelsorganisation oder Internationaler Währungsfonds.

Was waren die Folgen des Terroranschlags vom 11. September 2001?

Die Flugzeugattacken gegen die Zwillingstürme in New York und das Pentagon in Washington bedeuten eine tiefe Zäsur im Bewusstsein der Amerikaner wie in der Innen- und Außenpolitik der USA. Neben die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklungen der Globalisierung war nun eine vollkommen unerwartete Bedrohung des eigenen Territoriums getreten. Die Attentate wurden von der westlichen Welt als »Krieg gegen die Zivilisation« verstanden.

Wie versuchte Bush, den Terror zu besiegen?

Auch nach dem Sturz des afghanischen Taliban-Regimes, das die islamistischen Anschläge des 11. Septembers unterstützt hatte, setzten die USA ihren weltweiten Kampf gegen Terrorismus und bedrohliche Unrechtsregime fort. Im Oktober 2001 trat in den USA der Patriot Act in Kraft, ein umfangreiches Gesetzeswerk zur Bekämpfung des Terrorismus, das auch Bürgerrechte einschränkt.

Der 1972 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossene ABM-Vertrag zur Rüstungsbegrenzung wurde im Dezember 2001 von Präsident Bush mit dem Hinweis auf Terror und internationale Bedrohung gekündigt, die US-Militärausgaben erfuhren eine drastische Erhöhung und Anfang 2002 sprach Bush von einer »Achse des Bösen«, womit er die Staaten Nordkorea, Iran und Irak meinte.

Trieb der Irak-Krieg einen Keil in das westliche Bündnis?

Ja. Vor allem Frankreich, Russland und Deutschland wandten sich gegen die amerikanischen Angriffspläne. Im Laufe des Jahres 2002 war deutlich geworden, dass die Vereinigten Staaten einen weiteren militärischen Schlag gegen das Unrechtsregime im Irak führen wollten – aus Sicherheitsinteressen, aber auch zur politischen Neuordnung der Region. Aufgrund des Widerstands der genannten und weiterer Staaten fand diese Politik keine Legitimation durch den Weltsicherheitsrat. Dennoch führten die USA im März/April 2003 einen von heftigen internationalen Protesten begleiteten Krieg gegen den Irak, dessen Regime gestürzt wurde. Die Verstimmung zwischen den USA auf der einen und Deutschland und Frankreich auf der anderen Seite hielt an.

Wussten Sie, dass …

der am 20. Januar 2001 vereidigte George W. Bush bereits der zweite Präsident in der Geschichte der USA war, dessen Vater ebenfalls Präsident gewesen war? Der sechste Präsident, John Quincy Adams, war der Sohn von John Adams, dem zweiten Präsidenten.

das »W« in Bushs Namen für Walker steht, den Nachnamen seines Urgroßvaters?

Kampf der Kulturen: Ein Kampf Gut gegen Böse?

Wer löste die Debatte über einen Kampf der Kulturen aus?

Das war der amerikanische Professor Samuel P. Huntington mit seinem 1993 erschienenen gleichnamigen Buch (Originaltitel: »Clash of Civilizations«). Huntington beschreibt darin ein mögliches neues globales Konfliktpotenzial auf der Basis kulturell-religiös-geschichtlicher Gegensätze und vor dem Hintergrund eines westlich geprägten Weltbildes. Die Thesen haben in westlichen Ländern heftige Diskussionen ausgelöst.

Was sind Zivilisationen?

Zivilisationen sind nach Huntingtons Definition die »höchsten kulturellen Gruppierungen von Menschen und die breiteste Ebene kultureller Identität, über die Menschen verfügen. ... Sie sind sowohl durch gemeinsame Elemente wie Sprache, Geschichte, Religion, Gewohnheiten, Institutionen definiert, wie auch durch die subjektive Selbstidentifikation der Menschen.« Gemeinsame Weltbilder, Lebensweisen und entsprechende gesellschaftliche und politische Wertesysteme würden sich demnach auf das Handeln von Menschen gleicher oder ähnlicher kultureller Herkunft auswirken. Unter den Kulturen sieht Huntington die größten Konfliktpotenziale und -bereitschaften im Islam und im Konfuzianismus.

Wie könnten künftige Konflikte aussehen?

Nach Huntington wird die Weltpolitik der Zukunft nicht mehr von konkurrierenden Ideologien oder von Nationalstaaten oder Wirtschaftsblöcken bestimmt. Die entscheidende Quelle von künftigen Konflikten sei vielmehr das Zusammenprallen der von »Kernstaaten« wie den USA, China und Russland angeführten, unterschiedlichen und teils verfeindeten Kulturen. Kulturelle Konflikte seien aber nicht nur an den »Fronten« zwischen den Zivilisationen zu beobachten, sondern auch in multikulturellen Staaten wie dem ehemaligen Jugoslawien, Indonesien und dem Sudan.

Sind Huntingtons Thesen plausibel?

Nur bedingt. Sein größtes Schreckgespenst ist eine anti-westliche konfuzianisch-islamische Allianz. Gerade am Beispiel des Islam lassen sich aber einige seiner Grundannahmen widerlegen. Die islamische Staatenwelt ist ethnisch, religiös, wirtschaftlich und sozial zu heterogen, als dass sie sich unter eine einheitliche Herrschaft zwingen ließe und so zu einem Gegenspieler des Westens werden könnte. Große Machtrivalitäten unter den führenden Staaten verhindern die Herausbildung eines islamischen »Kernstaates«, dem sich der Rest der Region unterwerfen würde. Die innenpolitische Entwicklung des Iran in den letzten Jahren zeigt zudem, dass das Experiment eines islamischen Gottesstaates gerade in der jüngeren Generation nur noch wenig Begeisterung hervorruft.

Besitzt der Islam ein Konfliktpotenzial?

Ja, denn man darf das Solidaritätsgefühl unter Muslimen nicht unterschätzen. Darüber hinaus ist von Bedeutung, dass der Konflikt zwischen der islamischen und westlichen Welt vor allem deshalb besteht, weil beide Kulturkreise universale Werte vertreten, die nicht vereinbar sind. Der Westen: Demokratie, Menschenrechte, Säkularismus – extremistische Kreise des Islam dagegen: islamische Rechtsordnung (Scharia), Auflösung der Nationalstaaten, Gottesherrschaft.

Gegen den Rest der Welt?

Trennung von Kulturen, Politik der Abgrenzung: Huntingtons Darstellungen folgen einem einfachen, verführerischen und daher gefährlichen »Wir-und-die-Anderen«-Schema, das die multikulturelle Realität vieler Gesellschaften ignoriert. Die Beschneidung des Asylrechts und Zuwanderungsquoten werden nicht verhindern, dass Migranten nach Europa strömen. Daher müssen in modernen Gesellschaften mit Menschen aus verschiedenen Kulturen ebenso Spielregeln für ein gewaltloses Miteinander gefunden werden wie auf internationaler Ebene. Der Anspruch von universalistischer Orientierung muss aufgegeben werden zugunsten eines globalen Klimas des Vertrauens unter allseitiger Beachtung, dass Kulturen unterschiedliche Werte haben.

Wie viele Zivilisationen gibt es?

Huntington unterscheidet sieben bzw. acht »Zivilisationen«: die westlich-christliche Kultur Europas, Nordamerikas und Ozeaniens; die orthodox-christliche Kultur der slawisch-griechischen Welt; die indisch-hinduistische Kultur; die konfuzianische Kultur Chinas mit ihren »Ablegern« in Ost- und Südostasien; die japanische Kultur; die islamische Kultur, die sich Osten bis nach Zentralasien und Indonesien erstreckt. Die Kultur Afrikas südlich der Sahara ist in diesem Modell nur möglicherweise als eigener Kulturkreis zu sehen. Bei Lateinamerika ist sich Huntington nicht sicher, ob es dem westlichen Kulturkreis zugeordnet oder als kulturell selbstständig betrachtet werden sollte.

Wussten Sie, dass …

Samuel P. Huntington Professor für Internationale Beziehungen in Harvard und Berater des US-Außenministeriums ist?

Huntingtons Theorie nicht erklären kann, warum in den letzten Jahren Konflikte innerhalb von Zivilisationen, wie in Ruanda oder Somalia, dominierten?

Huntington außer Acht lässt, dass häufig die ungleiche Verteilung von Reichtum auf der Welt sowie die Habgier der Nationen als die eigentlichen, äußeren Ursachen für das Entstehen von Konflikten anzusehen sind?

China und Indien: Aufbruch der Milliardenstaaten

Wie hat sich China in den letzten Jahren entwickelt?

Der Drache China erhebt sich nicht, er hat sich erhoben. Die Volksrepublik ist der bevölkerungsreichste Staat, Atommacht, ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats und eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt. Unter dem widersprüchlichen Begriff »Sozialistische Marktwirtschaft« haben die Kommunisten den größten Aufschwung eingeleitet, der je in der Geschichte der Weltwirtschaft stattgefunden hat.

Die modernen Chinesen in den Ballungsgebieten rund um Schanghai, Peking/Tianjin und Chongqing in der Provinz Sichuan definieren sich nicht anders als ihre westlichen Besucher – nämlich durch Markenkleidung, Mobiltelefone und Luxusautos. Sie stehen allerdings in krassem Gegensatz zur Bevölkerung des Hinterlands und zu einem Heer von mehr als 150 Millionen Arbeitslosen. Das noch immer landwirtschaftlich orientierte Hinterland ernährt zwar die Bevölkerung und produziert Rohstoffe für die Industrie, hat aber keinen Anteil am derzeitigen Boom im Osten des Landes.

Welche Fortschritte verzeichnete Indien?

Indien zeigt eine ähnlich aufwärtsweisende Tendenz. Die Atommacht hat zwar bislang den Sprung von der Agrar- in die Industriegesellschaft noch nicht geschafft, obwohl qualifizierte Arbeitskräfte, reiche Bodenschätze und ein unermesslicher Binnenmarkt gute Voraussetzungen hierfür bieten. Aber ein paar der in den 1990er Jahren angestoßenen Reformen – wie zum Beispiel die Privatisierung von Staatsunternehmen – haben gewisse Erfolge erzielt. Sie könnten umfassender sein, wenn Indien seine streng bürokratische Reglementierung der Wirtschaft weiter liberalisieren würde.

Hat das traditionelle Indienbild ausgedient?

Ja, denn zu den Erfolgen zählt, dass eine kaufkräftige und konsumfreudige Mittelschicht entstanden ist. Somit ist das weit verbreitete Bild vom märchenhaft reichen Maharadscha und der grenzenlosen Armut der Mehrheit der Bevölkerung überholt. Natürlich gibt es auch im Indien des 21. Jahrhunderts einige wenige Superreiche und etwa 200 Millionen Menschen, die an oder unter der Grenze des Existenzminimums leben. Aber der Mittelstand, zu dem man inzwischen etwa 300 Millionen Inder rechnet, wächst. Ihn formen gut ausgebildete Menschen, die in zukunftsträchtigen Industrien in Mumbai (Bombay), Delhi, Bangalore und Madras arbeiten.

Was ist für beide Länder weiterhin das Hauptproblem?

Das große Bevölkerungswachstum. Allein wirtschaftliche Reformen können die Zukunft der beiden Länder nicht sichern. Es muss auch die soziale Entwicklung gefördert werden, die die größte Sprengkraft birgt. Immerhin bringen es beide Staaten zusammen auf etwas mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung. So hat China zum Jahrtausendwechsel die Grenze von 1,3 Milliarden Einwohnern überschritten und in Indien leben derzeit auch über eine Milliarde Menschen. Die Ernährung und die Ausbildung der explodierenden Bevölkerung stellten beide Länder in der Vergangenheit wie in der Gegenwart vor enorme Probleme.

Was wurde zur Geburtenregelung unternommen?

Um die Überbevölkerung in den Griff zu bekommen, haben China und Indien unabhängig voneinander eine ähnliche Politik verfolgt. Gezwungen wurden sie dazu, als beide Länder in den 1960er Jahren von Hungersnöten heimgesucht wurden. In China propagierte die Führung seit 1979/80 die Ein-Kind-Familie und überwachte die Einhaltung mit drakonischen Maßnahmen. Die Wirkung blieb nicht aus: Die Bevölkerung wächst jährlich nur noch um etwa zehn Millionen Menschen.

Indien fördert die Familienplanung mit dem Slogan »Zwei Kinder sind genug«. Da jedoch auf dem Subkontinent im Gegensatz zu China eine Analphabetenrate von etwa 50 Prozent herrscht, zeigte die Kampagne lediglich in jenen Bundesstaaten Auswirkungen, in denen die Bevölkerung besser ausgebildet ist. So wächst Indien pro Jahr noch immer um etwa 18 Millionen Menschen.

Wie sind die zukünftigen Entwicklungschancen?

Wenn die politischen und gesellschaftlichen Führungkräfte der beiden Milliardenvölker die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung so steuern, dass der größte Teil der Bevölkerung am Fortschritt teilhaben kann und sich die soziale Schere nicht weiter öffnet, wenn sie für gute Ausbildung und angemessene Beschäftigung sorgen, können China und Indien mit Optimismus in die Zukunft blicken – Rückschläge nicht ausgeschlossen.

Steiler oder steiniger Aufstieg?

Zum Jahrtausendwechsel brachte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei die vordringlichsten Aufgaben in China folgendermaßen auf den Punkt: »Eine stetige Anhebung des materiellen und kulturellen Lebensstandards der städtischen und ländlichen Bevölkerung ist Ausgangspunkt und Ziel der wirtschaftlichen Entwicklung.« Die nächsten Jahrzehnte werden zeigen, wie schwer dieses Ziel zu erreichen sein wird.

Wussten Sie, dass …

in China das »Mandat des Himmels«, die Legitimierung der Macht, abläuft, wenn das Volk nicht ernährt werden kann? Diese Tatsache beflügelte die Regierung bei ihren Maßnahmen gegen das Bevölkerungswachstum.

Indien oft als die größte Demokratie der Welt bezeichnet wird?

Urvölker: Kampf um Selbstbewusstsein und Menschenrechte

Was sind indigene Völker?

Nach von den Vereinten Nationen aufgestellten Kriterien sind indigene Völker meist die erste bekannte Bevölkerung eines Gebietes innerhalb eines modernen Nationalstaats bzw. grenzübergreifend mehrerer Staaten, die von einer anderen Kultur erobert bzw. kolonialisiert wurden. Oft waren die Eroberer europäische Invasoren. In der Regel leiden indigene Völker noch heute unter den Folgen dieser Eroberungen oder Kolonisierungen. Geeint durch ein »Wir-Gefühl«, unterscheiden sie sich als eigenständige Bevölkerungsgruppen in Sprache, Kultur und Wertesystem von der Mehrheitsbevölkerung in den jeweiligen Nationalstaaten.

Wie organisierten die indigenen Völker ihren Widerstand?

Ab Anfang der 1960er Jahre begannen indigene Völker, beeinflusst durch Menschenrechts-, Friedens- und Umweltbewegungen, ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln. Zunächst vereinigten sich stammesübergreifend die Indianer in den USA, in der Folge in ganz Amerika. Heute fühlen sich indigene Völker auf der ganzen Welt durch ähnliche Probleme miteinander verbunden: Eroberung, Landraub, Vertreibung oder gar Völkermord kennzeichnen nämlich das Schicksal vieler dieser Völker, ebenso der so genannte Ethnozid. Mit diesem Begriff ist die zwangsweise Anpassung an die herrschende Kultur gemeint, ohne dass dabei die physischen Träger der indigenen Kultur, also die Menschen selbst, vernichtet würden. Der Ethnozid geht einher etwa mit dem Verbot der Muttersprache und der Ausübung der eigenen Religion oder gar der offiziellen Verleugnung der Existenz eines Volks.

Angesichts ihres bislang geringen politischen Einflusses suchten Indigene deshalb in den letzten Jahrzehnten verstärkt weltweite Unterstützung und betonten dabei immer wieder auch die Verantwortung der Industrienationen: Deren Entwicklungszusammenarbeit oder Handels- und Außenpolitik spielt bis heute häufig eine wichtige, in vielen Fällen eine negative Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Indigenen und den Staaten, in denen sie leben. Die Schauplätze der Streitigkeiten sind auf allen fünf Kontinenten zu finden.

Wogegen kämpfen die Mirrar in Australien?

Die Mirrar-Aborigines wehren sich seit 20 Jahren gegen eine geplante Uranmine in Jabiluka im von der UNESCO als »Kulturerbe der Menschheit« geschützten Kakadu-Nationalpark. Der Pachtvertrag zwischen Regierung und Bergbau-Gesellschaft war über ihre Köpfe hinweg unterzeichnet worden. Seit Jahrtausenden bewohnen die Mirrar dieses Land, auf dem etwa 5000 ihrer heiligen Stätten liegen. Der Uranbergbau würde sie zerstören und damit das kulturelle Fortbestehen der Mirrar gefährden. Schon jetzt verseucht eine 20 Kilometer entfernte Uranmine die Flüsse mit radioaktivem Schlamm. Doch die Regierung stellt den Uranexport über die Rechte der indigenen Bevölkerung und den Umweltschutz.

Was bedroht den Lebensraum der Himba im südlichen Afrika?

Die namibische Regierung plant zusammen mit der Regierung des Nachbarstaats Angola, im südwestlichen Afrika – im Kaokaland der Himba – einen riesigen Staudamm zu errichten. Ein großes Wasserkraftwerk soll Elektrizität für die Großstädte des Landes und für den Export in das benachbarte Südafrika produzieren. Die als nomadisierende Hirten lebenden Himba wehren sich. Sie befürchten neben dem Verlust wichtigen Weidelands und der Nahrungsmittel liefernden Palmen das Verschwinden ihrer für ihre Religion sehr bedeutenden Ahnengräber.

Wogegen setzen sich die Apachen zur Wehr?

Auch bei den San-Carlos-Apachen in Nordamerika geht es um heilige Stätten, um Land, um freie Religionsausübung. Jahrelang kämpften sie gegen die Errichtung von Teleskopen auf dem Mount Graham, ihrem heiligen Berg. Obwohl Gutachten den Bau der Teleskope überwiegend ablehnen und der Berg als ökologisches Juwel gilt, wurde die Anlage mit nordamerikanischer, deutscher, italienischer und vatikanischer Beteiligung installiert.

Wie wurde das Gold zum Fluch für die Yanomami?

Bereits in den 1980er Jahren drangen rund 80000 Goldsucher in den Regenwald im brasilianischen Amazonas-Gebiet ein, über 2000 Indianer starben an eingeschleppten Krankheiten oder wurden von den Goldsuchern erschossen. Zudem vergiftete das beim Goldwaschen verwendete Quecksilber die Flüsse. Die etwa 10000 Yanomami kämpfen um ihre Landrechte und ihr Überleben. Die katholische Kirche Brasiliens und internationale Unterstützer zwangen die brasilianische Regierung zwar zum Abzug der Goldsucher, aber in der Folge drangen immer wieder zahlreiche Goldsucher in das Gebiet ein.

Gibt es auch in Europa bedrohte Ethnien?

Ja. Von den etwa 70000 Sami in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland, leben etwa 30000 als Rentierhalter. Sie haben das Recht, ihre Rentiere in staatlichen und privaten Wäldern grasen zu lassen, wenn in den Gebirgstundren die Nahrung knapp wird. Seit kurzem zweifeln Waldbesitzer das Gewohnheitsrecht der Sami auf Winterweide an und fordern Ersatz für Rentierschäden, was die wirtschaftliche Existenz der Sami bedroht und sie mit hohen Gerichtskosten konfrontiert.

Wussten Sie, dass …

alljährlich bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf die »Arbeitsgruppe indigener Völker« tagt?

der zuvor auf einzelne Personen beschränkte internationale Menschenrechtsschutz 1986 auf Völker ausgeweitet wurde? Damit will die UN-Menschenrechtsorganisation die Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern eindämmen.

Globalisierung der Politik: Ende des Nationalstaats?

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Globalisierung?

Der Begriff Globalisierung bedeutet mehr als weltwirtschaftliche Integration – er umfasst auch kulturelle, gesellschaftliche, technische, ökologische und politische Dimensionen. Doch welche Rolle spielt da eigentlich noch der Nationalstaat?

»Globalisierung« war im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts das Schlagwort. Es ist zum politischen Kampfbegriff mutiert, der für vieles herhalten muss, was politisch gewollt ist: Kürzungen in den Sozialversicherungssystemen, Steuersenkungen, Änderungen im Umweltrecht, Sparpolitik und anderes mehr. Dabei besteht nicht im Geringsten Einigung darüber, was überhaupt unter Globalisierung verstanden werden soll. Allen Definitionsversuchen ist allerdings gemein, dieses Phänomen als Zunahme und Verdichtung von grenzüberschreitenden Aktivitäten aller Art zu begreifen. Ereignisse, Entscheidungen und Aktivitäten in einem Teil der Welt haben bedeutende Folgen für Individuen und Gesellschaften in anderen, weit entfernt liegenden Regionen des Globus.

Warum gerät die nationalstaatliche Politik an ihre Grenzen?

Das bisherige Verständnis von Regieren beruht auf der Annahme, dass ein durch seine Regierung vertretener Staat Gesetze für die Bevölkerung auf einem durch Grenzen festgelegten Territorium erlässt und deren Einhaltung überwacht. Wenn aber Globalisierungsprozesse die Bedeutung nationalstaatlicher Grenzen verringern, zerfällt diese Einheit von Staatsmacht, Staatsvolk und Staatsgebiet. Beispiele wie organisierte Kriminalität, Verbreitung von Kinderpornografie und rechtsextremen Hassparolen über das Internet, globale Umweltprobleme wie Klimawandel und Zerstörung der Ozonschicht, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Finanzkrisen wie in Südostasien 1997 und 1998 demonstrieren, dass der einzelne Staat seine klassischen Aufgaben – Erhalt von Sicherheit und Wohlfahrt – immer weniger erfüllen kann. Er verliert zunehmend seine Souveränität nach innen gegenüber seiner Bevölkerung und nach außen gegenüber anderen Staaten und Akteuren der internationalen Politik. Herkömmliches politisches Handeln macht an den Grenzen des Nationalstaates halt, die Globalisierung überschreitet sie.

Warum ist internationale Kooperation notwendig?

Globale Herausforderungen sind nur durch internationale politische und gesellschaftliche Kooperation zu regeln. Diese Kooperation liegt im ureigensten Interesse von Staaten. Nur so können sie ihre verloren gegangene Fähigkeit zur Steuerung grenzüberschreitender Probleme zurückgewinnen.

Die vielen internationalen Organisationen und Zusammenschlüsse sind Ausdruck der Notwendigkeit, auf verschiedenen Gebieten zusammenzuarbeiten. Beispielhaft stehen hier: die Vereinten Nationen mit ihren Unterorganisationen; die G 8, das wirtschaftlich und politische Forum der höchstentwickelten Industrienationen einschließlich der Russischen Föderation; das zur Behandlung von internationalen Währungs- und Finanzangelegenheiten von 24 so genannten Entwicklungsländern gegründete Forum G 24; die Welthandelsorganisation (WTO); die NATO; Greenpeace; amnesty international; die Weltbank; die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE); das Internationale Rote Kreuz und der Rote Halbmond.

Agiert die Wirtschaft national oder global?

Zurzeit noch eher regional begrenzt. Die regionale wirtschaftliche Kooperation ist am weitesten fortgeschritten, was Beispiele wie die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA (North-American Free Trade Agreement) und die südostasiatische Organisation ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) zeigen. Die Europäische Union (EU) ist schon weit auf dem Weg zur Integration vorangekommen, d. h. der Vereinigung ihrer Volkswirtschaften zu einem gemeinsamen Markt und einer gemeinsamen Währung. Der größte Teil des Welthandels an Waren und Dienstleistungen spielt sich innerhalb der drei oben genannten Regionen und zwischen diesen Wirtschaftsblöcken, der so genannten Triade, ab: Regionalisierung ist daher der angemessenere Begriff für diese Entwicklung, an der die Schwellen- und Entwicklungsländer in Lateinamerika, Afrika und Asien kaum teilhaben.

Wer mischt in der internationalen Politik mit?

Nationalstaaten werden auf absehbare Zeit die wichtigsten Akteure der Weltpolitik bleiben – aber ihre Bedeutung wird Stück für Stück abnehmen, je mehr der Einfluss von Internationalen Organisationen, Nicht-Regierungsorganisationen wie Greenpeace und amnesty international, Global Players wie Daimler Chrysler, Allianz, Siemens und anderen wächst. Multinationale Konzerne bilden schon heute einen enormen Machtfaktor in den internationalen Beziehungen: So wickelt eine Gruppe von Konzernen aus 16 Staaten Westeuropas, Nordamerikas und Asiens bereits mehr als 70 Prozent aller weltweiten Exporte ab und zwingt damit viele Staaten in einen Standortwettbewerb um die günstigsten Investitionsbedingungen.

Was bedeutet Global Governance?

Das Konzept der Global Governance genannten Weltordnungspolitik geht von der Annahme aus, dass die Globalisierung zu einer fundamentalen Veränderung der Weltpolitik führt. Staaten und andere Akteure müssen auf verschiedenen Ebenen und Gebieten auf völlig neuartige Weise zusammenarbeiten. Der Staat verändert seine Funktionen: Er wird zunehmend zum Vermittler zwischen den Ansprüchen seiner Gesellschaft und den international getroffenen Vereinbarungen. Die Politik der Re-Regulierung zielt darauf ab, soziale, demokratische und ökologische Mindeststandards – zum Beispiel grundlegende Arbeitsnormen wie das Verbot von Kinderarbeit – weltweit durchzusetzen.

Flucht und Zuflucht: Eine globale Herausforderung

Wo liegen die größten Krisenherde der Welt?

Die Liste der Krisenherde rund um den Globus ist lang. Die Schwerpunkte der Fluchtbewegungen liegen vor allem in Ost- und Westafrika, im Mittleren Osten, im Kaukasus und in Südosteuropa. Allein in Afrika bewegt sich etwa ein Drittel aller Flüchtlinge. Am Ende des 20. Jahrhunderts wurden dort – häufig als Folge einstiger Kolonialpolitik und existenzbedrohender Verelendung – fast 45 Prozent aller Kriege weltweit ausgetragen.

Und nach dem Ende des Kalten Kriegs und dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion haben etwa in den Nachfolgestaaten des einstigen Imperiums Nationalitätenkonflikte und zunehmende wirtschaftliche Not zu massiven Bevölkerungsverschiebungen geführt.

Unter welchen Bedingungen leben Flüchtlinge?

Wo immer Menschen auf der Flucht sind, gleichen sich die Bilder. Es geht um den Verlust von Heimat, Hab und Gut, von Sicherheit und planbarer Zukunft. Ein Großteil der Flüchtlinge findet meist in armen Ländern Zuflucht, deren Probleme sich mit den Neuankömmlingen verschärfen – die Ankommenden sind fast immer nur Geduldete, nicht Erbetene. Die Aufnahme in einem neuen Land sichert zunächst gerade mal das nackte Überleben – und dies in der Regel nur dann, wenn Hilfsorganisationen mit ausreichender Unterstützung zur Stelle sind.

Welche politischen Folgen haben Flüchtlingsströme?

In krisengeschüttelten Ländern besteht die Gefahr, dass sich Elend und Außenseiterdasein der Flüchtlinge verfestigen und die gravierenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme der Aufnahmestaaten auf Dauer verschärfen. So haben die Flüchtlingsströme in Pakistan, einem der ärmsten Länder der Welt, katastrophale Langzeitfolgen. In provisorischen Zeltlagern lebt dort seit langem unter schrecklichen Bedingungen ein Teil der Flüchtlinge aus Bangladesch, Iran und Afghanistan. Das führt bei vielen Flüchtlingen zu politischer Radikalisierung und Gewaltbereitschaft.

Wie reagiert die Erste Welt auf Migranten?

Einerseits mit Mitleid, andererseits mit Ablehnung. Nur wenige Flüchtlinge haben die Möglichkeit, in den wohlhabenden Ländern der nördlichen Halbkugel Fuß zu fassen, Länder, deren Gesellschaften sich durch den stetigen Zustrom von Flüchtlingen und Migranten aus fremden Kulturen unweigerlich wandeln. Die Aufnahme, Anerkennung und Integration dieser Neuankömmlinge aus den verschiedensten Zivilisationskreisen führen zu einer »bunteren«, komplexeren Gesellschaft.

Dieser Prozess wird aber auch von Problemen und Konflikten begleitet. Es geht nicht zuletzt um mentale und kulturelle Vorbehalte weiter Kreise der Bevölkerung gegenüber einer Veränderung hin zu einer »multikulturellen« Gesellschaft, hinzu kommen – in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und starker Belastung der sozialen Sicherungssysteme – wirtschaftliche und soziale Ängste, die den Nährboden für radikale politische Kräfte bilden.

Welche Chancen und Probleme ergeben sich durch Zuwanderung?

Die Zuwanderung bietet – neben der kulturellen Bereicherung – angesichts der demographischen Krise der »postindustriellen« Welt allerdings auch wirtschaftliche und soziale Chancen, zumal häufig gerade besser Qualifizierte den Weg in die Gesellschaften des Westens finden. So positiv sich dieser Braindrain auf die Gesellschaften des Westens auswirkt, so negativ sind die Folgen für die Herkunftsländer der Flüchtlinge und Zuwanderer: Ganze Landstriche bleiben ohne die Bevölkerungsgruppen zurück, die diese Gebiete wirtschaftlich und sozial vorantreiben könnten.

Warum muss sich die Politik ändern?

Damit sich die Problematik der neuen Völkerwanderung nicht weiter verschärft, wird sich die internationale Gemeinschaft nachhaltig nicht nur den tieferen Ursachen zuwenden müssen, die zur Auslösung von Flüchtlingsbewegungen führen, sondern auch verstärkt wirksame Strategien für die Bekämpfung der Armut und Beendigung der Umweltzerstörung einleiten müssen. Sonst könnte sich eines Tages die Fiktion des Films »Der Marsch« (1990) bewahrheiten. Er schildert den Zug Hunderttausender afrikanischer Elendsflüchtlinge Richtung wohlhabendes Europa. Im Film beziehen dort schwer bewaffnete Armee-Einheiten zur Abwehr Stellung.

Wie entstand die Nation der USA?

Die USA sind ein klassisches Einwanderungsland, in dem ein bemerkenswerter ethnischer Verschmelzungs- und Mischprozess stattgefunden hat, der in historisch gesehen relativ kurzer Zeit Einwanderer aus verschiedenen Ländern zu einem neuen Volk zusammengeschweißt hat. Über die Hälfte aller US-Amerikaner hat Eltern oder Großeltern verschiedener nationaler Herkunft. Allerdings sind zahlreiche Bevölkerungsgruppen bis heute nicht in ihrer Gesamtheit hinreichend integriert, allen voran die Afroamerikaner, die Hispano-Amerikaner und die asiatischen Volksgruppen.

Wussten Sie, dass …

zur Jahrtausendwende rund 44 Millionen Menschen auf der Flucht waren – vor Kriegen, ethnischen Übergriffen, religiösem Fanatismus, Hunger, Natur- und Umweltkatastrophen?

sich ungefähr die Hälfte aller Flüchtlinge in einen anderen Staat aufgemacht hatte, die anderen als so genannte Binnenvertriebene Entwurzelte im eigenen Land waren?

Die Weltbevölkerung im 3. Jahrtausend: Wachstum und Migration

Wie verteilt sich die Weltbevölkerung auf der Erde?

Allein in China und Indien, den bevölkerungsreichsten Ländern der Erde, leben zurzeit über zwei der insgesamt sechs Milliarden Menschen. 2050 werden in diesen beiden Ländern wohl drei Milliarden Menschen ihre Heimat haben – jeder fünfte Erdenbewohner wird dann ein Inder sein. Es wäre jedoch falsch, die bevölkerungsreichsten Staaten nur unter den Entwicklungsländern zu vermuten: So stehen die USA an dritter Stelle der Weltbevölkerung – mit heute 280 und in 50 Jahren voraussichtlich 403 Millionen Menschen. Deutschland nahm 1950 unter den zehn bevölkerungsreichsten Staaten der Welt noch den siebten Platz ein, tauchte jedoch bereits im Jahr 2000 in dieser Statistik nicht mehr auf. Insgesamt leben in den Industrieländern derzeit 1,2 Milliarden Menschen. Auch das Beispiel Afrika, das als drittgrößter Kontinent nur etwa 13 Prozent der Weltbevölkerung beherbergt, zeigt die voreilige Verknüpfung von Überbevölkerung mit gering industrialisierten Staaten.

Gibt es ein ungebremstes Bevölkerungswachstum?

Sicher nicht. Bei den Statistiken werden oft die positiven Tendenzen unterschlagen. So erreichte der Bevölkerungszuwachs seinen Höchststand ungefähr 1990 und ist seither stark gesunken. Dies ist in erster Linie auf eine reduzierte Geburtenzahl in China und Indien wie auch in afrikanischen Ländern zurückzuführen. Durchschnittlich hat sich die Kinderzahl der Frauen weltweit von sechs auf drei Kinder halbiert. Verhütungsmittel werden in den letzten Jahrzehnten weitaus häufiger angewendet, die Gesundheitsvorsorge und die Ausbildung von Frauen und Mädchen genießt verstärkte Aufmerksamkeit.

Dennoch ist es äußerst schwierig, Prognosen zu erstellen: Denn einerseits ist die Lebenserwartung weltweit um elf Jahre gestiegen, andererseits stellen etwa AIDS und HIV-Infektionen eine weitaus größere Bedrohung dar als ursprünglich angenommen.

Wie verändert die globale Migration die Bevölkerungsstatistik?

Aufgrund niedriger Geburtenraten beruht in Industriestaaten oft ein wesentlicher Anteil des Bevölkerungswachstums auf Einwanderung – in Deutschland beispielsweise sogar ausschließlich. Freiwillig aus wirtschaftlichen Erwägungen oder unfreiwillig etwa durch Kriege werden immer mehr Menschen zu Migranten, sei es innerhalb des eigenen Landes, des eigenen Kontinents oder weltweit. Ungefähr die Hälfte von ihnen lebt in Entwicklungsländern.

Wohin verlaufen die Wanderungsbewegungen?

In Asien ziehen Japan, Taiwan und Malaysia die meisten Zuwanderer an, doch besitzt auch der Mittlere Osten für Gastarbeiter vor allem aus Indien, Pakistan und Bangladesch große Attraktivität. In Afrika verläuft die Wanderungsbewegung vor allem aus dem Inneren des Kontinents in die Küstenregionen. In den USA kommen Migranten zu einem überwiegenden Teil aus Mexiko, Zentralamerika und Asien, nach Westeuropa wandern hingegen vor allem Menschen aus Nordafrika, Osteuropa und dem Mittleren Osten ein.

Etwa 50 Millionen Menschen sind derzeit durch Krieg, Verfolgung und massive Menschenrechtsverletzungen – oft auch innerhalb ihrer Heimatländer – entwurzelt. In fast allen Regionen der Erde gibt es politische Flüchtlinge und Asylsuchende. Afrika und das westliche Asien beherbergen dabei weltweit mehr als die Hälfte der Flüchtlinge.

Was sind die dringlichsten globalen Probleme?

Neben dem Wachsen der Weltbevölkerung sind auch ihr Umgang mit den Ressourcen unserer Erde und dessen globale Auswirkungen von wesentlicher Bedeutung. Im 3. Jahrtausend steht auf unserem Planeten exzessiver Konsum der Reichen einer absoluten Misere der Armen gegenüber. Eine dramatische Folge hiervon sind die globalen Umweltschäden. Doch zeigte etwa das Scheitern des Umweltgipfels im Jahr 2000, dass viele Industrieländer, allen voran die USA mit dem weltweit größten Kohlenstoffausstoß, eine Verantwortung für die Zukunft auf unserem Planeten nur dann auf sich nehmen wollen, wenn es ihren Interessen entspricht. In diesem Sinn ist die Welt von einer wahren Globalisierung bisher noch weit entfernt.

Migration – ein neues Phänomen?

Nein, besonders in den letzten 500 Jahren fanden große Menschenbewegungen statt. Zwangsweise wurden Afrikaner beim Sklavenhandel nach Amerika, malayiische Sklaven nach Südafrika oder indische und chinesische »Kulis« in die ganze Welt »verpflanzt«. Aus eigener Entscheidung, wenngleich oft durch wirtschaftliche, soziale oder religiöse Verhältnisse gezwungen, wanderten Europäer in Nordamerika ein oder zogen in andere Teile Europas – so etwa Polen ins Ruhrgebiet. Seit den 1950er Jahren haben einst als »Gastarbeiter« angeworbene Südeuropäer wesentlichen Anteil an der Bevölkerung Deutschlands, in Frankreich oder Großbritannien Menschen aus den einstigen Kolonialgebieten. Auch durch die EU wird sich die Zahl der Migranten erhöhen.

Wussten Sie, dass …

im Juli 1999 die Weltbevölkerung erstmalig die Sechs-Milliarden-Marke überschritt und jedes Jahr weitere 77 Millionen Menschen hinzukommen?

im Jahr 2050 laut der neuesten Prognose der Vereinten Nationen voraussichtlich zwischen 9 und 11 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden?

die größte Bevölkerungszunahme zwar für die so genannten Entwicklungs- und Schwellenländer vorausgesagt wird, doch auch Industrienationen zur weltweiten Bevölkerungsexplosion beitragen?

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