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Voltaires Candide: Eine satirische Odyssee

Gegen wen richtet sich die Satire des »Candide«?

In »Candide oder der Optimismus« (1759) griff Voltaire (1694–1778) den deutschen Mathematiker und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) an, weil dieser seinen aufklärerischen Prinzipien nicht entsprach. Voltaires satirischer Roman nimmt dessen 1710 erschienene »Théodicée« (Abhandlung zur Rechtfertigung Gottes, über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels) aufs Korn, die sich gegen die Behauptung richtet, das Vorhandensein von Übel und Unrecht in der Welt sei nicht mit der Existenz Gottes in Einklang zu bringen. Leibniz widerlegt die These, Gott hätte eine gerechtere Welt schaffen können, indem er sie einfach umkehrt – zur später fast formelhaft erstarrten Sentenz: Die Welt, in der wir leben, sei »die beste aller möglichen Welten«. Dieser Leibniz'sche Optimismus rief den Protest von Voltaire hervor, der doch der Welt, so wie sie war, ausgesprochen skeptisch gegenüberstand und sie verbessern wollte.

Wie verpackte Voltaire seine Botschaft?

Seinen philosophischen Anspruch, den er mit »Candide oder der Optimismus« verfolgte, kleidete Voltaire in die populäre Form des Abenteuerromans. Der Titelheld mit dem symbolträchtigen Namen – das lateinische candidus bedeutet rein, heiter, gutgläubig – wird haarsträubenden Situationen ausgesetzt, die er allesamt besteht: voller Naivität, mit unerschütterlichem Glauben an die optimistische These von der »besten aller möglichen Welten«, die die Handlung allerdings boshaft konterkariert: Dem armen Candide wird übel mitgespielt!

Was widerfährt dem treuherzigen Helden?

Im westfälischen Schloss des Barons von Thundertentronck und seiner dicken Gattin, der »besten aller überhaupt möglichen Baroninnen«, wird Candide aufgezogen, im Geiste der »Metaphysico-theologo-cosmologo-nigologie« des Hofmeisters Pangloss, »mit der ganzen Treuherzigkeit, die seinem Alter und Wesen eigen« ist. Wegen seiner Zuneigung zur Haustochter Kunigunde wird Candide verjagt, von einem Land ins nächste verschlagen, erlebt Sturm, Schiffbruch und Erdbeben, fällt in die Hände von Piraten, trifft auf Gier, Grausamkeit, Feigheit und Undank. Mehrmals begegnet er der geliebten Kunigunde, um sie wieder zu verlieren, aber auch dem unverbesserlichen Optimisten Pangloss, der ihm mit unwiderlegbarer Logik – ein deutlicher Seitenhieb auf den Logiker Leibniz! – ständig aufs Neue beweist, dass trotz allen Elends alles zum Besten steht.

Bleibt Candide bis zum Schluss Optimist?

Leider ja. Sein Diener Cacambo führt Candide nach Eldorado, ins Paradies der Einfältigen, wo Gold und Edelsteine als Kiesel herumliegen. Candide entsendet ihn mit den Schätzen, um die entführte Kunigunde loszukaufen. Später begegnet er dem gelehrten Manichäer Martin, der als geborener Pessimist – und Gegenpol zu Pangloss – in der Welt nur ein böses Prinzip am Werke sieht.

In Konstantinopel trifft Candide schließlich die alt und zänkisch gewordene Kunigunde wieder, die er selbst freikaufen muss, ebenso Cacambo, der unter die Piraten fiel und zum Sklaven wurde. Auch der gehenkte Pangloss hat sich unter merkwürdigen Umständen eingefunden – ein Zeichen, dass Optimismus nie untergeht! Candide heiratet die hässliche Geliebte und bezieht mit ihr eine kleine Meierei. Eine bessere Welt hat er nicht gefunden.

Wogegen richteten sich Voltaires Attacken?

Voltaire war ein Skeptiker, der alles Irrationale, mit dem logischen Verstand nicht Vereinbare ablehnte. Er hasste Aberglauben, Tyrannei und Intoleranz, zeigte allerdings selbst wenig Toleranz, wenn es um andere Meinungen ging. Dieser Mann war ein entschiedener Kämpfer für Aufklärung und Gedankenfreiheit und seine Waffe war das Wort. Er handhabte seine Waffe mit Eleganz und Esprit, scheute aber auch nicht vor dem Todesstoß durch gnadenlosen Spott zurück. Zweimal landete Voltaire im Gefängnis, weil er sich durch seine verbalen Attacken Mitglieder des Hochadels zu Feinden gemacht hatte. Mehrmals musste er Paris verlassen, auf der Flucht vor kirchlichen und weltlichen Autoritäten.

Wussten Sie, dass …

Voltaires »Candide« 1759 anonym erschien? Es wurde aber bald als Werk Voltaires erkannt, verdammt, missverstanden und auf den Index gesetzt, aber auch hoch gerühmt, häufig zitiert und interpretiert.

der Roman des französischen Schriftstellers später von so berühmten Künstlern wie Daniel Nikolaus Chodowiecki, Alfred Kubin und Paul Klee illustriert wurde?

Wie wurde Voltaire zu einem Wegbereiter der Französischen Revolution?

Der französische Schriftsteller und Philosoph Voltaire zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der Aufklärung. Als François-Marie Arouet am 21. November 1694 in Paris geboren, wurde der Sohn eines Notars im Jesuitenkolleg erzogen. Er verfasste Abhandlungen zu Themen der Ökonomie, Politik, Philosophie, Geschichte, Kunst und Literatur. Ähnlich breit gefächert ist sein literarisches Werk, das Dramen, Epen, Erzählungen und Romane umfasst. Geradezu schwärmerisch konnte der oftmals bissige Voltaire in seinen Briefen an den Preußenkönig Friedrich den Großen werden, mit dem er in den Jahren 1736 bis 1778 Hunderte von Briefen austauschte, er hielt sich aber auch mit konkreten politischen Einschätzungen nicht zurück. Voltaire starb am 30. Mai 1778 in Paris.

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