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Die Luftbrücke beginnt

aus der "Chronik 1948" (Chronik-Verlag)

26. Juni 1948 - Der US-amerikanische Militärgouverneur in Deutschland, General Lucius D. Clay, gibt Anweisung, die Versorgung der blockierten Westsektoren Berlins auf dem Luftwege aufzunehmen. Bereits am 24. Juni ist er in einer Rede entschieden für den Verbleib der Westmächte in der früheren deutschen Reichshauptstadt eingetreten. Die Regierung der Vereinigten Staaten scheint jedoch dem Vorhaben Clays zunächst äußerst skeptisch gegenüberzustehen.

Nach Verhängung der Blockade über Berlin stehen die Westalliierten vor einer schweren Entscheidung: Sollen sie dem Druck der Sowjetunion nachgeben und sich aus ihren Sektoren zurückziehen? Dies hätte zwangsläufig die Eingliederung der Westsektoren Berlins in die Ostzone zur Folge. Oder sollen sie die Herausforderung annehmen und ein Zeichen für ihre Entschlossenheit setzen, ihre Präsenz in Berlin aufrechtzuerhalten?

Ungeachtet der Bedenken seiner Regierung telefonierte Clay am Morgen des 24. Juni mit dem Oberbefehlshaber der US-Luftwaffe, General Curtis Le May, und forderte sämtliche verfügbaren Militärmaschinen der US-Luftwaffe an. Sie sollten sofort nach Deutschland verlegt und zum Transport von Versorgungsgütern nach Berlin eingesetzt werden. Schon in den Morgenstunden des 25. Juni trafen die ersten Maschinen mit Lebensmitteln in der blockierten Stadt ein. Es handelte sich dabei um zweimotorige Flugzeuge des Typs "C-47 Dakota", die 2,5 t Fracht transportieren können. Am 28. Juni nimmt auch die britische Besatzungsmacht Versorgungsflüge nach Berlin auf. Sie setzt dabei unter anderem Maschinen vom Typ "Tudor", "Lancastrian" sowie "Sunderland"-Flugboote ein, die auf der Havel wassern.

Frankreich beschränkt sich aus Mangel an eigenen Flugzeugen vorerst auf logistische Unterstützung. Ebenfalls am 28. Juni werden 35 viermotorige Flugzeuge vom Typ "C-54 Skymaster" mit einer Transportkapazität von je 10 t aus den USA nach Deutschland beordert. Somit stehen der Luftbrücke, die den Codenamen "Operation Vittles" erhält, nunmehr insgesamt 147 Maschinen zur Verfügung.

Trotz der schnellen Reaktion auf Seiten der Westalliierten bleibt es jedoch vorerst fraglich, ob eine Versorgung Berlins aus der Luft auf Dauer möglich ist.