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Ein christliches Europa?

Der Prozess der Säkularisierung in Europa ist weit fortgeschritten. Die Religiosität und die Bindung an die Kirchen nahmen in den meisten Ländern, mit Ausnahme von Polen und Irland, in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ab.

aus dem n-tv Atlas 2008

Dennoch bezeichnen sich viele Europäer selbst als „christlich“. Wenigstens als Teil der persönlichen Identität spielt die christliche Tradition, ob nun tatsächlich gelebt oder nicht, für viele Menschen eine wichtige Rolle.

Symbol der Christenheit: Jesus am Kreuz
mev, Augsburg
Der offiziellen Politik bereitet der Umgang mit dieser religiösen Dimension deutliche Schwierigkeiten. Als die Staats- und Regierungschefs der EU im März 2007 aus Anlass des 50. Jahrestages der Römischen Verträge die „Berliner Erklärung“ zur Zukunft der EU verabschiedeten, nahmen sie darin auf gemeinsame Werte wie Menschenwürde, Gleichberechtigung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Bezug, die die Gemeinschaft geprägt haben. Ein Hinweis auf die jüdischchristlichen Traditionen Europas dagegen fehlte – für die beiden christlichen Kirchen in Deutschland verständlicherweise ein Anlass zur Kritik.

Bereits zuvor hatte Papst Benedikt XVI. den fehlenden „Gottesbezug“ moniert und an die Politiker appelliert, bei ihrem Bemühen um die weitere Einigung die christlichen Wurzeln des Kontinents, welche zweifellos die kulturelle Entwicklung Europas entscheidend geprägt haben, nicht außer Acht zu lassen.

Gute Gründe sprechen allerdings auch dafür, dass vor allem der ausschließliche Bezug auf die christliche Religion nicht Teil staatlicher Dokumente sein sollte. Dies darf aber nicht bedeuten, dass die christliche Tradition Europas aus der politischen Öffentlichkeit verschwinden sollte. Allerdings muss eine Lösung gefunden werden, die auch für die rd. 20 Mio. Muslime Europas akzeptabel ist.

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