Es scheint eine Idee aus vergangenen Zeiten zu sein: Auch menschliche Bewegung erzeugt Energie, die nützlich eingesetzt werden kann. Energiequelle Mensch? Ja! Doch keine Sorge, als Galeerensklave muss sich im 21. Jahrhundert niemand mehr verdingen. Zwar erzeugt ein gesunder Mensch an die 100 Kilowattstunden Energie pro Jahr, doch nur der geringste Teil hiervon ließe sich nutzbringend ableiten. Aber es gibt Techniken, die es erlauben, „im Vorbeigehen“ das innere Kraftwerk anzuzapfen und scheinbar aus dem Nichts Energie zu gewinnen. Erste Beispiele aus Frankreich und Schweden führen zu verblüffenden Ergebnissen.
Jeder Mensch verbraucht Energie. Dies nicht nur, wenn es um Leistung geht, sondern bereits im Ruhezustand. Schließlich müssen die körpereigenen Funktionen aufrecht erhalten werden. Doch der Mensch erzeugt auch Energie. Wer gern mit dem Fahrrad fährt, kennt das Prinzip des Dynamos, der Strom für den Scheinwerfer bereitstellt. Die Energie wird schlicht durch Muskelkraft erzeugt. Dieser Effekt lässt sich auch an anderer Stelle einsetzen, z. B. auf der Tanzfläche. In einer holländischen Diskothek ist man schon vor Jahren auf den Gedanken gekommen, den Druck, der von einem auftretenden Fuß erzeugt wird, in Energie umzusetzen. Diese Idee macht derzeit Schule. Denn „gegangen“ wird ja praktisch überall, und jeder Schritt erzeugt sechs Watt.
In Toulouse, immerhin Frankreichs viertgrößter Stadt, gibt es daher den „elektrischen Bürgersteig“. Unter dem „Trott-Èlec“ verbergen sich kleine Generatoren, die Trittenergie in Strom umwandeln. Letztlich werden die entsprechenden Gehwegplatten in ähnlicher Weise heruntergedrückt, wie man das von der heimischen Waage her kennt. Auf diese Weise lässt sich zumindest ein kleines Stück von jener Energie nutzen, die der Mensch Tag für Tag erzeugt. Zur Zeit befindet sich das Projekt noch in der Ausbauphase, aber man ist zuversichtlich, zumindest einen Teil des hohen städtischen Energiebedarfs mit dem System abdecken zu können, indem der Strom für die Straßenbeleuchtung vor Ort erzeugt wird.
Ganz ähnlich denkt man auch in Schwedens Hauptstadt Stockholm, deren Bahnhof der größte des Landes ist. Hier hat man allerdings einen anderen Ansatz – man setzt auf Körperwärme. Wer schon einmal mit mehreren Menschen auf engem Raum stehen musste, weiß, dass es dann schnell unangenehm heiß werden kann. Die 250.000 Menschen, die den Bahnhof Tag für Tag passieren, geben jede Menge Energie ab, die über Wärmetauscher aufgefangen und für die Erhitzung von Wasser genutzt wird. Das fließt dann in die Heizanlage eines benachbarten Bürogebäudes, dessen Energiebedarf sich hierdurch um ein Viertel verringert. Zugegeben, eine weitere lokale und daher „kleine“ Lösung, aber eine, die sich auch anderswo umsetzen lässt.
Bleibt nur die Schlussfrage: Wann kommt eigentlich jemand auf den Gedanken, die Trimm-Dich-Geräte in Fitnesscentern ans Stromnetz anzuschließen?