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Europawahl 2014

NPO

 

Ab heute heißt es für rund 400 Millionen Bürger der Europäischen Union: zur Wahlurne bitte. Denn vom 22. bis 25. Mai wird in der EU das neue Europaparlament gewählt. Aber was macht dieses Parlament eigentlich? Was entscheiden die Abgeordneten – und was nicht?

751 Männer und Frauen verschiedenster Parteien und Nationalitäten – das sind die Mitglieder des Europaparlaments. Für jeweils fünf Jahre werden sie von den Bürgern ihrer Länder gewählt – jetzt ist es wieder soweit. Je nach Einwohnerzahl ist dabei die Zahl der Abgeordneten pro Land unterschiedlich, Deutschland stellt bei der diesjährigen Wahl 96 Abgeordnete. Ähnlich wie auch im Bundestag schließen sich die Abgeordneten je nach Parteizugehörigkeit und politischer Richtung zu Fraktionen zusammen – nationenübergreifend. Getagt wird meist in Straßburg, für einige kurze Sitzungen aber auch in Brüssel. Die Verwaltung des Europäischen Parlaments ist in Luxemburg angesiedelt.

Was aber tun die Abgeordneten des Parlaments konkret? Was dürfen sie entscheiden oder mitbestimmen? Das Europäische Parlament hat sogar gleich drei Aufgaben: Mitwirkung an der Gesetzgebung, die Kontrolle des EU-Haushalts und die Aufsicht über die EU-Kommission.

Kein EU-Gesetz ohne das Parlament

Aufgaben des EU-Parlaments
Bundeszentrale für politische Bildung

Eine wichtige Aufgabe des EU-Parlaments ist es, Gesetze zu beschließen oder abzulehnen – allerdings kann es das nicht allein. Verhandelt und vorgeschlagen wird ein Gesetz dabei zunächst von der EU-Kommission. Dieser Vorschlag wird dann im Parlament beraten, die Abgeordneten können dabei den Vorschlag billigen oder Änderungen fordern. Diese Stellungnahme geht nun an den Rat der EU, in dem Minister der Mitgliedsländer sitzen. Dieser Ministerrat muss dem Vorschlag ebenfalls zustimmen. Erfolgt dies, ist die Verordnung angenommen.

Ist der Rat aber mit den Änderungsvorschlägen des EU-Parlaments nicht einverstanden, muss er seinen abweichenden Standpunkt begründen. Der modifizierte Vorschlag wird nun erneut vom Parlament  beraten. Dieses kann nun seinerseits den Änderungsvorschlägen des Rats folgen und das Gesetz damit beschließen oder aber das Verfahren durch Ablehnung beenden. Auch kann es mit einer absoluten Mehrheit erneute Änderungen des Ratsvorschlags fordern. Diese müssen dann von der Kommission abgesegnet werden, bevor das Ganze von vorne losgeht.

Das bedeutet: Bei den normalen europäischen Verordnungen und Gesetzen können weder EU-Rat noch EU-Parlament allein die Gesetzesvorschläge der Kommission durchwinken oder ändern. Umgekehrt kann kein Gesetz erlassen werden, ohne dass das EU-Parlament Mitsprache hat. Allerdings kann das Parlament dafür auch nicht selbst einen Gesetzesvorschlag machen. Will das Parlament einen Sachverhalt regeln, muss es die Kommission auffordern, dazu einen Vorschlag auszuarbeiten. Für den Rat gilt dies gleichermaßen.

ACTA, Bankdaten und Co

Das EU-Parlament spielt aber auch eine Rolle, wenn es beispielsweise darum geht, ein neues Land als EU-Mitglied aufzunehmen oder ein Handelsabkommen mit einem Nicht-EU-Land abzuschließen. Dann ist die Zustimmung des Parlaments nötig. Das Europäische Parlament kann zwar keine Einzelheiten solcher Abkommen ändern, es  kann sie aber ablehnen. In der aktuellen Legislaturperiode haben die Europa-Abgeordneten das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie (ACTA) abgelehnt und sich geweigert, den Transfer von Bankdaten an die USA über das SWIFT-Netz zu ermöglichen. 

In einigen Bereichen, zum Beispiel bei Steuern oder Wettbewerbsrecht kann das Parlament nur eine Stellungnahme abgeben. Auch über die Außen- und Sicherheitspolitik der EU werden die Abgeordneten informiert und konsultiert. So ist die Hohe Vertreterin für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Abgeordneten können zwar nicht direkt hier eingreifen, aber natürlich können sie ihre Haushaltsbefugnisse dazu nutzen, den Umfang und die Tragweite der Außen- und Sicherheitspolitik mitzugestalten.

EU-Haushalt: Ein Auge aufs Geld

Landwirtschaft, regionale Entwicklung, Energieversorgung, Verkehr, Umweltschutz, Entwicklungshilfe oder auch Forschung: all das erhält Förderung durch den europäischen Haushalt. Das Europäische Parlament muss dafür den langfristigen Haushaltsplan der EU bewilligen – zusammen mit den Regierungen der Mitgliedsländer. Auch über den jährlichen Haushalt der EU entscheiden beide Seiten.

Das Parlament prüft zudem, ob das Geld der Steuerzahler wie geplant eingesetzt worden ist. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) muss alle drei Monate vor dem Wirtschaftsausschuss des Parlaments Rechenschaft ablegen. Bei zahlreichen Gelegenheiten haben die Abgeordneten bereits strengere Kontrollen gefordert, damit EU-Mittel nicht verschwendet werden und diese besser eingesetzt werden. Im Jahr 1999 zwang es sogar die gesamte EU-Kommission zur Amtsaufgabe, weil es große Zweifel an einer ordentlichen Haushaltsführung hatte.

Kontrolle der EU-Kommission

Eine weitere wichtige Aufgabe des Europäischen Parlaments ist die Kontrolle der EU-Kommission. Die Mitglieder der Kommission müssen dafür dem Parlament und seinen Ausschüssen regelmäßig Bericht über ihre Arbeit und ihre Vorhaben erstatten.  Außerdem bestimmt das Parlament darüber mit, wer die Europäische Kommission leiten wird. Jeder Kandidat für das Präsidentenamt muss dem Parlament sein Programm vorstellen und benötigt dann eine absolute Mehrheit – 376 von 751 Stimmen - um bestätigt zu werden.

Und auch bei den anderen Kommissionsmitgliedern hat das Parlament Mitspracherecht: Der designierte Präsident und die Regierungen der Mitgliedsstaaten einigen sich dafür zunächst gemeinsam auf eine Kandidatenliste, diese Kandidaten stellen sich bei einer Anhörung im Parlament vor. Bei diesen Anhörungen handelt es sich nicht um bloße Formalitäten: Das Parlament hat in der Vergangenheit auch schon Kandidaten und Kandidatinnen abgelehnt, die ungeeignet schienen. Ist dann die Kommission zusammengestellt, muss sie als Gesamtheit vom EU-Parlament bestätigt werden.

Das Parlament hat zudem die Möglichkeit, der Kommission das Misstrauen auszusprechen und sie damit zum Rücktritt zu zwingen. Als Ende der 1990er-Jahre einzelne Kommissionsmitglieder mit Begünstigungsvorwürfen konfrontiert wurden, sich aber weigerten, von sich aus zurückzutreten, drohte das Parlament der Kommission unter dem Luxemburger Jacques Santer die Abwahl an. Die Kommission trat daraufhin im März 1999 von sich aus zurück.

Informationen zur Europawahl vom EU-Parlament

Wahl-O-Mat zur Europawahl

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