Der berühmte britische Verhaltensforscher Desmond Morris ersann folgendes Gedankenexperiment: Was würde wohl die Besatzung eines Ufos dazu sagen, wenn sie verfolgte, dass die menschliche Rasse einen Großteil ihrer Zeit damit verbringt, um 22 buntgekleidete Gestalten zu beobachten, die ohne links und rechts zu schauen, wie wahnsinnig hinter einem Ball herjagen. Stammesritual, Balzverhalten, religiöse Zeremonie?
Ersatzreligion
Gut beobachtet, meine Herren Außerirdischen. Die Welt ist zwar kein Fußball, aber im Fußball findet sich doch eine ganze Menge Welt. Und der eigentliche Gottesdienst findet schon längst in den großen Fußballarenen rund um den Globus statt. Mit Ornamenten und Insignien geschmückte Anhänger pilgern in die modernen Gotteshäuser, stimmen feierliche Gesänge an und geraten in ekstatische Verzückung, wenn ihre Götter einen Sieg davontragen. Sogar Papst Johannes Paul II. hat die Zeichen der Zeit erkannt und ist Ehrenmitglied beim F.C. Barcelona und bei Schalke 04.
Die Engländer sind Schuld
Und das alles nur, weil sich eine Handvoll adeliger Engländer zu fein war, beim wöchentlichen Ballspiel Hand an Ball und Gegner zu legen. Fair play und bitte nur mit dem Fuß, sagten sich die Briten und gründeten 1863 in London die "Football Association", was das alte rugbyähnliche Ballspiel endgültig vom modernen Fußball trennte. "Football`s coming home", sang dann schließlich auch die ganze Insel anlässlich der Europameisterschaft 1996 im eigenen Land.
Mensch und Ball: eine Schicksalsgemeinschaft
Dabei findet der Mensch im Spiel mit dem Ball schon seit Urzeiten eine unmittelbare Ausdrucksform. Ob im vorchristlichen China, im antiken Griechenland, bei den Azteken, Mayas und Indianern, überall finden sich Überlieferungen über das Spiel mit dem Ball.
Der Ball kennt eben keine Hautfarbe und, seit 1970 das Frauenfußball-Verbot aufgehoben wurde, glücklicherweise auch keine Geschlechterrollen. Aber er kennt noch die wahre Bedeutung des Amateursports. Wer einfach mal wieder aus purer Lust am Spiel nach dem runden Leder treten will, der kann dies in einem von vielen tausend Freizeitteams tun. Die heißen dann beispielsweise "Ajax aus der Traum", "Hinter Mailind" oder "Juventus Urin" und werden vom selben Gedanken geeint frei nach Schiller: "Der Mensch ist nur da Mensch, wo er (Fußball) spielt."