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Gentechnik: Wie sicher sind unsere Nahrungsmittel?

Die EU-Kommission sieht vor, die Regeln für den Import gentechnisch veränderter Lebensmittel zu lockern. Nachdem sie 2011 bereits weichere Einfuhrbestimmungen für genmanipulierte Futtermittel durchgesetzt hat, wäre dies ein weiterer Schritt zur Öffnung gegenüber der umstrittenen Technologie. Tatsächlich sind wir dieser in Europa schon längst ausgesetzt.
von wissen.de-Autor Jens Ossa, August 2012

Risiken unüberschaubar

Gemüse
Fotolia.com/Kurt Duchatschek

Mit ihrem strikten Nein zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln findet Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) parteiübergreifend Zustimmung. Konkrete Forschungsergebnisse über die Auswirkungen auf die Gesundheit liegen zwar noch nicht vor – laufende Langzeitstudien dazu sind noch nicht abgeschlossen. Breite Einigkeit herrscht jedoch darin, dass die Risiken unüberschaubar seien.

So steht zu befürchten, dass die Proteine in gentechnisch veränderten Pflanzen nach dem Verzehr Allergien auslösen. Dies gilt insbesondere für solche, die Insektizide produzieren. Allerdings: „Die neuartigen Proteine werden auf Eigenschaften bekannter allergener Proteine hin geprüft“, versichert Susanne Stirn vom Forschungsschwerpunkt Biotechnologie, Gesellschaft und Umwelt (FSP BIOGUM) der Uni Hamburg. „Diese Prüfung liefert zwar nicht immer eindeutige Ergebnisse, im Zweifelsfall werden die neuen Pflanzen aber dann nicht zugelassen.“

Etwas unübersichtlicher wird es bei den Auswirkungen auf die Umwelt durch den Anbau dieser Art von Genpflanzen. „Hier sind die Diskussionspunkte vor allem, ob das Insektizid wirklich nur die betreffenden Schädlinge tötet oder auch anderen Insekten schadet“, erklärt Stirn. Das Problem hierbei sei, dass sich die Ergebnisse von Laborversuchen nicht ohne Weiteres aufs Freiland übertragen ließen. „So ist zum Beispiel schwer zu sagen, ob die Schädlinge überhaupt den genveränderten Mais fressen, wenn andere Futterpflanzen verfügbar sind.“

Viel diskutiert ist außerdem, inwieweit Ökosysteme generell durch den Anbau von Genpflanzen aus dem Gleichgewicht geraten. Einmal ausgesät könnte sich eine veränderte Art mit ihrem Wildtypen kreuzen – etwa genmanipulierter Raps mit seinem wilden Pendant – und eine neue Art hervorbringen, die zum Beispiel anderen Pflanzen die Nährstoffgrundlage raubt. Damit würde auch in der Tierwelt die Nahrungskette auseinanderbrechen.

 

Das Ende der Nulltoleranz

Soja
istockphoto.com/Dustin Steller

Betroffen von der Genmanipulation sind vor allem die großen Nutzpflanzen wie Mais, Soja und Raps – Pflanzenprodukte, die weltweit in großen Massen verbraucht werden und sich auch als Zusatzstoffe in vielen Lebensmitteln wiederfinden. 2011 hat die EU-Kommission die Nulltoleranzgrenze für solche Zusätze in Futtermitteln bereits aufgehoben und lässt sie nun zu einem Anteil von 0,1 Prozent zu. Ein ähnlicher Vorstoß ist auch im Hinblick auf Lebensmittel zu erwarten. Das Problem für den Verbraucher: Die Kennzeichnungspflicht gilt erst ab einem Zusatz von 0,9 Prozent. Isolde Ries, SPD-Verbrauchersprecherin im saarländischen Landtag sieht darin das Ende der gentechnikfreien Lebensmittel in der EU.

Fast zynisch mutet es da an, wenn die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina verlauten lässt, dass bereits über 70 Prozent der heute am Markt befindlichen Lebensmittel mit Gentechnik in Berührung gekommen seien – zum Beispiel über die Tierfütterung oder Medikamente. Laut Leopoldina hat das aber bislang keinerlei negative Auswirkungen auf Gesundheit oder Befinden des Verbrauchers gehabt. Stutzen dürfte dieser darüber, dass in Europa bereits 45 gentechnisch veränderte Organismen (GVO) für den Anbau zugelassen sind, darunter 26 Maissorten, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

 

Potenziale der Gentechnik

Es gibt aber auch versöhnliche Fakten, die die grüne Gentechnik – die gentechnische Veränderung von Pflanzen – mit sich gebracht hat, ja sogar lebensrettende: Auf den Feldern in Asien und Afrika sterben die Bauern nicht mehr an den schädlichen Wirkungen von gesprühten Insektiziden, seit sie eine Baumwollart anbauen, die ihr eigenes Schädlingsgift produziert.

Optimistisch gibt sich auch Jürgen Soll von der Ludwig-Maximilians-Universität München auf „Focus Online“. „Die Inhaltsstoffe von GVO werden überprüft, bevor sie in den Verkehr kommen“, sagt er. „Im Gegensatz zu konventionell gezüchteten Produkten.“ Bei denen setze man bereits Chemikalien und Bestrahlungen ein, um gezielt Mutationen auszulösen. Soll wundert sich, warum hier niemand hinterfragt, welche Genmutationen diese Verfahren noch auslösen. „In der Gentechnik weiß ich, was ich tue und welche Veränderungen ich erziele.“

Grund zum Wundern gibt es auch hinsichtlich der Frage, warum in Deutschland niemand etwas gegen Gentechnik in der Arzneimittelherstellung einzuwenden hat, aber alles aufschreit, sobald es um Lebensmittel geht. Eine Erklärung wäre, dass der deutsche Verbraucher in der grünen Gentechnik keinen Nutzen für sich sieht, und das bei nicht einzuschätzenden Risiken für Leib und Umwelt.

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