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Gesundheitsseiten im Netz: Wie verständlich ist Dr. Google?
Wer kennt das nicht: Wenn wir merkwürdige Krankheitssymptome entwickeln oder unsicher sind, welches Hausmittel gegen Durchfall hilft, dann fragen wir Dr. Google. Damit sind wir in guter Gesellschaft: Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands Bitkom bereiten sich fast zwei Drittel der Deutschen mittels Online-Recherche auf einen Arztbesuch vor. Ungefähr genauso viele suchen nach dem Arztbesuch zusätzliche Informationen zur gestellten Diagnose oder zu verschriebenen Medikamenten. 43 Prozent der Befragten haben einen Arztbesuch sogar schon einmal gänzlich durch Online-Recherche ersetzt.
Wie verständlich sind Gesundheitsinfos im Netz?
Gesundheitsinformationen im Netz sind also relevanter denn je, doch sind sie auch so formuliert, dass Laien sie verstehen können? Um das herauszufinden, hat Richard Zowalla von der Hochschule Heilbronn ein spezielles Computerprogramm entwickelt, mit dem er über 14 Millionen Gesundheitsseiten scannen konnte. In die finale Auswertung gingen schließlich jene 3.000 Webseiten ein, die bei einer Google-Suche in Deutschland, Österreich oder der Schweiz am weitesten vorne angezeigt werden. Um die Lesbarkeit dieser Top 3.000 abzuschätzen, setzte Zowalla außerdem Künstliche Intelligenz ein.
Zunächst das positive Ergebnis: 44 Prozent der untersuchten Webseiten verwenden einen Wortschatz, der kaum komplizierte Fachbegriffe enthält und somit auch für Laien gut verständlich ist. Doch abseits der Vokabeln sieht es wiederum schlecht aus. Denn die simpel gehaltenen Wörter sind häufig in eine komplizierte Schreibweise voller langer und verschachtelter Sätze eingebettet. Das verschlechtert ihre Lesbarkeit deutlich.
Das wiederum bedeutet: Nur ein Bruchteil der Gesellschaft kann die ergoogelten Informationen überhaupt vollständig verstehen. Denn wirklich verständlich sind die meisten dieser Seiten nur für jene Menschen, die mindestens 13 bis 14 Jahre schulischer Bildung hinter sich haben, wie Zowalla erklärt. Das entspricht einem Hochschulstudium und damit einem Leseverständnis auf Akademiker-Niveau. Mit anderen Worten: Obwohl sich viele der Gesundheitsseiten im Netz eigentlich an eine breite Öffentlichkeit und medizinische Laien richten, bleibt das dort erklärte für viele Menschen eher unverständlich – und kann im schlimmsten Falle sogar falsch verstanden werden. Gesundheitswebseiten benötigen also noch einiges an sprachlicher Verbesserung, um wirklich für jeden zugänglich zu sein.
Nicht alle Seiten sind seriös
Ein weiterer Faktor, der eine Barriere darstellt, ist die Seriosität der jeweiligen Angebote. Zwar zeigt die Untersuchung, dass öffentliche Institutionen wie das Robert Koch-Institut und nicht-kommerzielle Anbieter wie die Webseite der Deutschen Krebshilfe knapp die Hälfte der Top-3.000 der Google-Ergebnislisten ausmachen. „Interessant ist jedoch, dass dies nicht unbedingt die Informationsangebote sind, die ein kommerzieller Suchmaschinenanbieter als Top-Treffer präsentiert, hier stehen oftmals private Anbieter im Vordergrund“, erläutert Zowalla. Zu privaten Anbietern zählen etwa die Webseiten von Ärzten oder Blogs.
Anders als bei staatlichen und nicht-kommerziellen Anbietern ist die Seriosität hier nicht garantiert. Im schlimmsten Fall sitzen Internetnutzer also Falschinformationen auf, ohne es zu merken. „Im Zeitalter von Fake-News und Desinformation wäre es sicherlich interessant, wenn ein Verfahren vertrauenswürdige Anbieter, wie beispielsweise das Robert Koch-Institut, für Gesundheitsinformationen vollautomatisch identifizieren könnte“, sagt Zowalla. So könnten Internetnutzer von vorneherein zwischen seriösen und zwielichtigen Informationen unterscheiden.
Was aber heißt das für die Praxis? Wer bei Dr. Google nach Krankheitsbildern, Medikamenten oder Therapien sucht, sollte unbedingt auf die Quellen achten. Nicht immer ist die weit oben in der Suchliste präsentierte und vielleicht gut verständliche Webseite auch die, die medizinisch korrekte Informationen bietet. Wer sich primär auf Dr. Google verlässt, geht daher immer ein Risiko ein. Besser ist es, direkt mit dem Hausarzt oder der Hausärztin zu sprechen.