wissen.de Artikel

Lang-LKW auf Deutschlands Straßen – die wichtigsten Fakten

Seit dem 1. Januar 2017 dürfen sie auf unseren Straßen rollen: die Gigaliner oder Lang-LKW. Die bis zu 25 Meter langen Lastwagen sollen Güter effizienter und vor allem spritsparender als normale LKW befördern, heißt es. Aber ist das auch so? Welche Vorteile haben die Mega-Laster – und welche Nachteile?
NPO, 23.01.2017

Einer der neuen LKWs im XXL-Format ist rund 25 Meter lang und somit knapp neun Meter länger als die bisher üblichen Standard-Sattelzüge.

thinkstock.com / lagereek

Der Handel wächst und immer mehr Güter müssen quer durch Deutschland transportiert werden. Bisher geschieht dies vor allem durch Güterzüge und LKWs. Dabei ist vor allem der Gütertransport auf der Straße als wenig umwelt- und klimafreundlich. Die Bahn gilt dagegen gerade auf den langen Strecken als rentabler und emissionsärmer, deckt aber zu wenig Standorte ab. Deshalb muss dann oft trotzdem wieder auf LKWs umgeladen werden.

Doch gerade auf den Langstrecken bekommt die Bahn nun zusätzliche Konkurrenz. Denn seit Beginn dieses Jahres dürfen auch Gigaliner auf vielen unserer Straßen rollen. Nach einem fünfjährigen Feldversuch hat das Bundesverkehrsministerium den Weg für die Lang-LKW freigemacht. Immerhin knapp 12.000 Kilometer Straße sind bundesweit für diese Laster freigegeben.

Was ist ein Lang-LKW?

Bisherige "normale" LKW dürfen maximal 16,50 Meter lang sein, mit Anhänger 18,75 Meter. Die auch als EuroCombi bezeichneten Lang-LKW sind noch einmal einige Meter länger: Ein Lang-LKW darf bis zu 25,25 Meter lang sein. Meist besteht er aus zwei Teilen und verteilt das Gewicht auf sechs bis acht Achsen. Das Ladevolumen dieser Gigaliner ist mit knapp 150 Kubikmeter rund eineinhalb Mal größer als bei einem normalen LKW. Zwei Fahrten mit dem Gigaliner ersetzen daher drei Fahrten mit einem herkömmlichen LKW.

Wichtig zu wissen: Trotz der größeren Länge darf auch der Lang-LKW die Gewichtsgrenze für Lastwagen auf deutschen Straßen nicht überschreiten. Maximal 40 Tonnen Gesamtgewicht sind erlaubt. Bei Transport von Schiffs- oder Bahn-Containern sind wie bisher maximal bis zu 44 Tonnen erlaubt. Ihre Vorteile spielen die Lang-LKW daher vor allem dann aus, wenn voluminöse, aber eher leichte Güter transportiert werden sollen. Tanklaster im XXL-Format sind übrigens nicht erlaubt. Sie müssen aus Sicherheitsgründen weiterhin im bisher gängigen Maß bleiben, so die Bestimmungen.

Gigaliner oder EuroCombi sind Sammelbegriffe, die verschiedenene Wagenzugtypen zusammenfassen.

BMVI

Wo dürfen die Gigaliner fahren?

Weil die langen Gigaliner nur bedingt manövrierfähig sind, dürfen sie nur auf ausreichend großen und breiten Straßen mit wenig Kurven fahren. Konkret heißt dies: Freigegeben für die Lang-KW sind fast nur Autobahnen. Dieses sogenannte "positivnetz" ist bisher rund 11.600 Straßenkilometer lang, es kann aber vom Bundesverkehrsministerium noch ausgeweitet werden. Die Bundesländer mussten die Fahrt für die Lang-LKW auf ihren Straßen eigens freigeben. Berlin und das Saarland allerdings haben die Gigaliner bisher noch von ihren Straßen verbannt.

In Wohngebieten oder Innenstädten dürfen die Lang-LKW nicht fahren. Der Supermarkt um die Ecke wird daher künftig nicht mit solche Riesen beliefert. Stattdessen werden die Gigaliner hauptsächlich eingesetzt, um Güter beispielsweise von Häfen zu großen Fabriken oder Verteilerstationen zu bringen. Andere Fahrzeuge überholen dürfen die Gigaliner zudem nur in Ausnahmefällen: Wenn das andere Fahrzeug weniger als 25 km/h fährt.

Was sind die Vorteile?

Wie die Feldversuche der letzten fünf Jahre ergeben haben, können Lang-LKW gegenüber normalen LKW Sprit und damit Emissionen sparen. Weil für die gleiche Menge an Waren weniger oft gefahren werden muss, werden zwischen 15 und 25 Prozent Kraftstoff eingespart. Dadurch werden auch weniger klimaschädliche Emissionen frei, als wenn die gleiche Gütermenge auf mehrere Fuhren verteilt werden muss, so jedenfalls rechnet das Bundesverkehrsministerium vor.

Profitieren werden von den neuen Mega-Lastern aber in erster Linie wohl die Transport- und Autoindustrie und die Speditionen. Denn für sie bedeuten die größeren LKW eine Kostenersparnis von bis zu 30 Prozent. Klar: Wenn mit weniger Fahrten mehr Güter transportiert werden, dann spart das Personal und Kraftstoffkosten.

Weil die Lang-LKW nicht schwerer sein dürfen als herkömmliche Laster, sollen sie nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums auch die Straßen und Brücken nicht stärker belasten als der bisherige Verkehr. Im Feldversuch jedenfalls kamen Forscher zu dem Schluss, dass pro Achse sogar etwas weniger Gewicht auf die Straße kommt.

In Schweden wurde bereits 1970 mit überlangen LKW-Variationen experimentiert.
Und die Nachteile?

Genau hier aber liegt der große Nachteil: Wird der Gütertransport auf der Straße dank der Lang-LKWs rentabler, könnten künftig mehr Waren über die Straße und weniger per Bahn transportiert werden. Kritiker schätzen, dass künftig dann nicht zwei Gigaliner statt dreier normaler LKW fahren werden, sondern einfach bloß drei Gigaliner anstelle von drei Standard-LKWs. Das aber geht dann zu Lasten von Umwelt und Klima. Die Einsparungen in den Emissionen wären damit hinfällig.

Ein weiteres Problem: Die Bahn bekommt durch die neuen Maße der Container und Frachteinheiten erhebliche Probleme. Denn ihre Standardgüterwagen sind zu kurz für die extralangen Lasterfrachten. Sie muss daher entweder mit teuren Geld neue Güterwagen produzieren – oder sie verliert Aufträge. Das aber widerspricht eigentlich den Umweltzielen der Bundesregierung, nach denen der Güterverkehr auf der Schiene gestärkt und ausgebaut werden soll.

Wie viele Lang-LKW in Zukunft tatsächlich auf unseren Straßen unterwegs sein werden, ist allerdings bisher alles andere als klar. Einige Kritiker sprechen von bis zu 10.000 solcher Gigaliner, andere jedoch sehen dies als überzogen an. Weil die Lang-LKW nur leichte Waren transportieren können, sind sie nur für bestimmte Transporte sinnvoll und lohnend. Ein Super-Stau der Megalaster wird daher wohl nach Meinung der meisten eher ausbleiben.

Mehr Artikel zu diesem Thema