Lexikon
christlich-soziạle Bewegung
der in der evangelischen und katholischen Kirche unternommene Einsatz, die Kräfte des christlichen Glaubens und der christlichen Liebe für das soziale Leben der Gegenwart fruchtbar zu machen. Der Begriff wurde in Deutschland zuerst im katholischen Bereich verwendet, später im Sinne der katholischen Soziallehre (Sozialenzykliken) politische Wirklichkeit. Sie wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit A. Kolpings Gesellenvereinen und Bischof W. E. von Kettelers Arbeitervereinen sehr wirksam und bekannte sich – unter dem Eindruck des Wirkens von F. Lassalle – zu einem christlichen Sozialismus (christliche Gewerkschaften). Seit dem 1. Weltkrieg verfolgt sie auch Familien- und Mittelstandspolitik auf der Grundlage der katholischen Soziallehre.
Im evangelischen Bereich gehen die Anfänge zurück auf J. H. Wicherns Aufruf zur Bildung der Inneren Mission mit seinem umfassenden Programm einer sozialen, pädagogischen, karitativen, pastoralen Bewegung. Später wurde der Gedanke der Genossenschaftsbildung wirksam. Der Berliner Hofprediger A. Stoecker gründete 1878 sogar eine Christlichsoziale Partei, die sich gegen die Sozialdemokraten aber nicht durchsetzte, und 1890 den „Evangelisch-sozialen Kongress“ unter Beteiligung von Max Weber, R. Sohm, A. von Harnack und insbesondere F. Naumann. In dieses Umfeld gehört auch die „Religiös-soziale Bewegung“ mit Leonhard Ragaz, P. Tillich und Eduard Heimann.

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