Lexikon

orthodxe Kirchen

Bezeichnung für diejenigen Ostkirchen, die die Beschlüsse der Konzile von Nicäa (325), Ephesus (431) und Chalcedon (451) im Gegensatz zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen und den mit Rom unierten (katholischen) Ostkirchen angenommen haben. Die Selbstbezeichnung der orthodoxen Kirchen lautet: Rechtgläubige allumfassende Kirche des Ostens.
Die einzelnen orthodoxen Kirchen tragen bei vollständiger Selbstständigkeit die Bezeichnung autokephal, d.h. sie sind Kirchen mit einem selbständigen Oberhaupt und eigener Jurisdiktion im Unterschied zu den autonomen Kirchen, welche in Abhängigkeit von einer autokephalen Kirche stehen. Autokephale und autonome orthodoxe Kirchen werden als kanonisch von nicht-kanonischen orthodoxen Kirchen unterschieden (z. B. der mazedonisch orthodoxen Kirche, der Weißrussischen Auslandskirche oder den sog. Altkalendariern).
Die orthodoxen Kirchen untereinander bilden eine Glaubens- und Kirchengemeinschaft, d.h. sie stimmen alle in Lehre und Kult überein. Alle orthodoxen Kirchen folgen dem sog. byzantinischen Ritus. In der Regel entspricht die jeweilige Liturgiesprache der Landessprache. Die Tradition ist fixiert durch die Beschlüsse der ersten 7 ökumenischen Konzilien (1. Konzil, Nicäa 325 bis 7. Konzil, Nicäa 787); sie ist ferner durch die Lehren der Kirchenväter (vor allem Johannes von Damaskus) und durch spätere wichtige Synoden bestimmt (1642 Iaşi, Rumänien, 1670 Jerusalem). Orthodoxe Kirchen sind hierarchisch gegliedert. Die erste Stufe ist das Diakonat, die zweite das Priestertum und die dritte die des Bischofs. Das Oberhaupt einer orthodoxen Kirche trägt den TitelPatriarch, Erzbischof oder Metropolit. Die Weihe zu einem Amt empfangen nur Männer; allein die Bischöfe sind zum Zölibat verpflichtet. Neben der Weihe kennen die orthodoxen Kirchen die Sakramente oder Mysterien der Taufe, Myronsalbung, Eucharistie, Buße, Ehe und Krankensalbung.
Im Mittelpunkt der orthodoxen Spiritualität steht die in ihrer Grundstruktur bis ins erste und zweite Jahrhundert zurückgehende Liturgie. Besonderen Stellenwert nehmen hierbei die Gesänge ein, welche als Gebete verstanden werden. Unüblich ist daher der Gebrauch von Instrumenten (da diese nicht beten können); auch die Verehrung der Ikonen ist zentral. Hauptfest der Orthodoxie ist das Pascha- oder Passah-Fest (Ostern), danach die sog. Zwölf Feste (z. B. Geburt der Gottesgebärerin, Kreuzerhöhung, Himmelfahrt Christi, Pfingsten, Mariä Verkündung oder Weihnachten). Die Bestimmung des Feiertages erfolgt in der Regel nach dem Julianischen Kalender. Abhängig von Größe und historischer Bedeutung trägt eine autokephale Kirche den Titel Patriarchat, Erzbistum oder Metropolie. Zu den kanonischen orthodoxen Kirchen gehören die 4 alten Patriarchate von Alexandria (Sitz: Alexandria bzw. Kairo), Antiochia (Sitz: Damaskus), Jerusalem (dieses seit 451; Sitz: Jerusalem) und Konstantinopel (Sitz: Istanbul). Der Patriarch von Konstantinopel führt den Titel „ökumenischer Patriarch“ und besitzt eine Art Ehrenprimat in allen orthodoxen Kirchen.
Durch Aufteilung und Verselbständigung von Kirchengebieten traten auch außerhalb des alten byzantinischen (oströmischen) Reichsgebiets zahlreiche autokephale Kirchen hinzu: unter eigenen Patriarchen die serbisch-orthodoxe Kirche, die russisch-orthodoxe Kirche, die rumänisch-orthodoxe Kirche, die (unter einem Exarchat-Patriarchen) bulgarisch-orthodoxe Kirche und albanisch-orthodoxe Kirche sowie (unter einem Katholikos-Patriarchen) die georgisch-orthodoxe Kirche. Erzbischöfe leiten die orthodoxen Kirchen von Zypern, Griechenland, Polen, Tschechien und der Slowakei. Zu den autonomen orthodoxen Kirchen zählen unter einem Erzbischof die Kirche von Finnland, Japan und des Sinai sowie die Metropolie von Estland (deren Autonomie von der russisch-orthodoxen Kirche jedoch nicht anerkannt wird). Von den übrigen orthodoxen Kirchen bislang nicht anerkannt wurde die (1967 unter Berufung auf das im 11.18. Jahrhundert autokephale Erzbistum Ochrid errichtete) makedonische Kirche sowie die Weißrussische Auslandskirche oder Weißrussische orthodoxe Kirche (nach erfolglosem Gründungsversuch 1917 Selbsterklärung der Autokephalie 1949 ). Weiterhin umstritten sind die sog. Altgläubigen und Altkalendarier. Durch Emigration und Wanderung entstanden außerdem Kirchen in allen Teilen der Welt, besonders in Amerika (Orthodoxe Kirche von Amerika).
Mangels genauer statistischer Unterlagen vor allem für die größte der orthodoxen Kirchen, die russisch-orthodoxe Kirche (Schätzungen zwischen 3570 Mio. Gläubige), ist die Gesamtzahl der Orthodoxen mit 150 Mio. nur grob zu bestimmen. Der Verbesserung der bisher mangelnden Kontakte unter den orthodoxen Kirchen dienen seit einer Konferenz in Rhodos 1961 panorthodoxe Konferenzen.
Wissenschaft

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