Lexikon
Polạński
Roman, polnisch-französischer Regisseur, * 18. 8. 1933 Paris; seine frühen Filme zeichnen sich durch absurde und surrealistische Elemente aus, später übernahm er traditionelle Erzählmuster: „Das Messer im Wasser“ 1962; „Ekel“ 1965; „Wenn Katelbach kommt ...“ 1966; „Tanz der Vampire“ 1967 (als Musical 1997); „Rosemaries Baby“ 1968; „Macbeth“ 1971; „Chinatown“ 1974; „Tess“ 1979; „Piraten“ 1986; „Frantic“ 1988; „Bitter Moon“ 1992; „Der Tod und das Mädchen“ 1994; „Die neun Pforten“ 1999; „Der Pianist“ 2002; „Oliver Twist“ 2005; „Der Ghostwriter“ 2010; „Der Gott des Gemetzels“ 2011. Polańskis zweite Frau, die Schauspielerin Sharon Tate, wurde von Mitgliedern der „Manson Family“ ermordet. 2009 vollstreckten die Schweizer Justizbehörden im Zusammenhang mit einer Anklage wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen in den USA einen internationalen Haftbefehl gegen Polański, im Juli 2010 entschieden die Schweizer Behörden, den Regisseur nicht an die USA auszuliefern.
Polanski, Roman
Roman Polanski
© Corbis/Bettmann/UPI
- Deutscher Titel: Das Messer im Wasser
- Original-Titel: NOZ W WODZIE
- Land: Polen
- Jahr: 1961
- Regie: Roman Polanski
-
Drehbuch:
Roman Polanski, Jerzy Skolimowski, Jakub Goldberg
- Kamera: Jerzy Lipman
- Schauspieler: Léon Niemczyk, Zygmunt Malanowicz, Jolanta Umecka
Der polnische Karrierejournalist Andrzej und seine junge Frau Krystina sind auf der Fahrt zum Segeln. Unterwegs nehmen sie einen jungen Anhalter mit und laden ihn zum Törn ein. Auf dem Schiff kommt es zu einer Auseinandersetzung um die Zuneigung von Krystina. Andrzej, einst ein kampfgewohnter Revolutionär, ist saturiert und verliert den psychologischen Zweikampf. Seine Frau beginnt ein Verhältnis mit dem jungen Mann.
Bereits mit seinem ersten abendfüllenden Kinofilm, in dem Polanski die erotische Spannung auf engsten Raum konzentriert, macht der Regisseur international auf sich aufmerksam. Die Kritik an der polnischen Gesellschaft, die sich ursprünglich auch in der Figurenkonstellation ausdrücken sollte, wurde nach Einspruch der Behörden durch Umschreibung der Dialoge entschärft.
- Deutscher Titel: Ekel
- Original-Titel: REPULSION
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1964
- Regie: Roman Polanski
- Drehbuch: Roman Polanski, Gérard Brach
- Kamera: Gilbert Taylor
- Schauspieler: Cathérine Deneuve, Yvonne Furneaux, Ian Hendry, John Fraser
- Auszeichnungen: Silberner Bär Filmfestspiele Berlin 1965 für Film
Roman Polanski, eines der größten Regietalente, kommt aus seiner Heimat Polen nach England, wo er eine Reihe von Meisterwerken des europäischen Films inszeniert. »Ekel« zeigt die französische Starschauspielerin Cathérine Deneuve in der beklemmenden Rolle einer einsamen labilen Frau.
In einer Londoner Wohnung leben die ungleichen Schwestern Helen (Yvonne Furneaux) und Carol (Cathérine Deneuve) zusammen. Helen vergnügt sich in der Beziehung mit dem verheirateten Michel, die menschen- und männerscheue Carol arbeitet als Maniküre. Als Helen und ihr Liebhaber ans Meer fahren, verliert die einsame Schwester die Kontrolle über sich; sie wird arbeitsunfähig und schließt sich, von sexuellen Alpträumen geplagt, in der Wohnung ein. Sie erschlägt einen Freund, der ihr helfen will, und tötet den Hauswirt, der sich ihr gewaltsam nähert, auf grauenvolle Art mit einem Rasiermesser. Als Helen zurückkehrt, findet sie Carol am Ende ihrer geistigen und körperlichen Kraft vor.
Polanski dreht den Film als kühle Horrorstudie mit schockierenden Sequenzen von Gewalt und Angst. Dabei werden die Szenen nicht kommentiert, das Geschehen nicht analysiert: Der Zuschauer nimmt die verstörende Qualität durch die Kamera auf, die den Blickwinkel der labilen Protagonistin einnimmt. So wird Carols Ekel und Einsamkeit zur eigenen Angst, erscheint der Wahnsinn nicht als Einzelschicksal, sondern als Krankheit der Gesellschaft.
- Deutscher Titel: Wenn Katelbach kommt…
- Original-Titel: CUL-DE-SAC
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1966
- Regie: Roman Polanski
- Drehbuch: Roman Polanski, Gérard Brach
- Kamera: Gilbert Taylor
- Schauspieler: Donald Pleasence, Françoise Dorléac, Lionel Stander, Jack MacGowran
- Auszeichnungen: Goldener Bär Filmfestspiele Berlin 1966 für Film
Auf einer einsamen Inselburg in Nordengland lebt ein Ehepaar, der ältliche George (Donald Pleasence) und seine junge Frau Teresa (Françoise Dorléac). Sie werden von zwei Gangstern überrascht, die auf ihren Boss Katelbach warten. Es entwickelt sich ein Spiel um Macht und Gewalt, wobei sich die Abhängigkeitsverhältnisse ins Absurde umkehren. Einer der Verbrecher stirbt an seiner Verletzung. Als das Paar Besuch von Freunden erhält, muss der zweite Gangster sich als Butler ausgeben. Schließlich verlässt Teresa ihren Mann mit einem seiner Freunde, George erschießt den anderen Verbrecher. Dieser Film voll schwarzen Humors ist eine Studie über Herrschaftsverhältnisse und die Gewaltbereitschaft der Gesellschaft. Das Drehbuch hatten Roman Polanski und Gérard Brach bereits 1962/63 geschrieben, konnten die Verfilmung aber erst nach dem Erfolg von »Ekel« (1964) finanzieren.
- Deutscher Titel: Macbeth
- Original-Titel: MACBETH
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1971
- Regie: Roman Polanski
- Drehbuch: Roman Polanski, Kenneth Tynan, nach dem Bühnenstück von William Shakespeare
- Kamera: Gilbert Taylor
- Schauspieler: Jon Finch, Francesca Annis, Martin Shaw, Nicholas Selby
Der Trend zur Darstellung von Grausamkeiten (z.B. in »Der Pate«, 1971, oder »Uhrwerk Orange«, 1971) in den 70er Jahren macht auch vor Verfilmungen des englischen Dramatikers William Shakespeare nicht halt.
Der polnische Regisseur Roman Polanski hält sich in seiner »Macbeth«-Version – in der Fürst Macbeth sich auf schändliche Weise den schottischen Thron sichert, am Ende aber Opfer seiner Intrigen wird – eng an die literarische Vorlage. Doch liegt sein Schwerpunkt in der Betrachtung der Mittäter. Zudem legt Polanski weniger Wert auf das innere Drama als vielmehr auf spektakuläre Szenen: Viele Sequenzen geraten nach Ansicht von Kritikern durch ihre blutrünstige Ausgestaltung zum Horror-Szenario.
Begeisterte Reaktionen erntet der Film in Großbritannien. In den USA aber wird Polanski, der sich zwei Jahre nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau Sharon Tate mit »Macbeth« auf der Kinoleinwand zurückmeldet, verrissen.
- Deutscher Titel: Chinatown
- Original-Titel: CHINATOWN
- Land: USA
- Jahr: 1974
- Regie: Roman Polanski
- Drehbuch: Robert Towne
- Kamera: John A. Alonzo
- Schauspieler: Jack Nicholson, Faye Dunaway, John Huston
- Auszeichnungen: Oscar 1975 für Drehbuch
Der klassische Detektivfilm der »Schwarzen Serie« stand Pate für Polanskis zweiten Film, den er in den USA dreht: »Chinatown« vereinigt alle Elemente des Genres: Der glücklose Detektiv, die geheimnisvolle Schöne, der skrupellose Mann im Hintergrund, die verschachtelte Handlung. Trotz traditioneller Muster dreht Polanski einen aktualitäts- und realitätsbezogenen Film, der das Genre konsequent weiterführt. Was zunächst wie eine »Routine-Angelegenheit« aussieht, entwickelt sich für den Privatdetektiv J. J. Gittes (Jack Nicholson) zu einem komplex-verwirrenden Fall. Er stößt auf einen gigantischen Korruptionsskandal, in dessen Mittelpunkt Landspekulation und ein Staudammbau stehen. Der gewissenlose Noah Cross (John Huston) will sich an einer künstlich erzeugten Wasserknappheit bereichern.
- Deutscher Titel: Tess
- Original-Titel: TESS
- Land: Frankreich
- Jahr: 1979
- Regie: Roman Polanski
- Drehbuch: Gérard Brach, Roman Polanski, John Brownjohn, nach einem Roman von Thomas Hardy
- Kamera: Geoffrey Unsworth, Ghislain Cloquet
- Schauspieler: Nastassja Kinski, Peter Firth, Leigh Lawson, John Collin
- Auszeichnungen: Oscars 1980 für Kamera, Kostüme, Ausstattung; Golden Globe 1981 für ausländischen Film
Polanski, der sich im Vorjahr einer Verurteilung wegen Verführung einer Minderjährigen in den USA durch Flucht nach Europa entzog, muss nun ohne Budgetierung aus Hollywood auskommen. Dennoch dreht er mit fast 50 Mio. Franc den teuersten Film, der bislang ohne US-amerikanische Beteiligung in Europa produziert worden ist.
Sein ausschweifendes Melodram nach einem Roman von Thomas Hardy spielt im Viktorianischen England und erzählt vom Dorfmädchen Tess, das von dem reichen Alec vergewaltigt und geschwängert wird. Nach dem Tod ihres Kindes heiratet Tess den Pfarrerssohn Angel, der sie verlässt, als sie ihm ihre Vergangenheit beichtet. Jahre später kommt er zu ihr zurück; daraufhin tötet Tess Alec, dem sie sich in ihrer Not erneut dargeboten hat.
Polanski inszeniert den Film als romantischen Bilderbogen, der die Befreiungsversuche zurückhaltend schildert. Kameramann Geoffrey Unsworth (»Cabaret«, 1972) starb während der Dreharbeiten, so dass Ghislain Cloquet seine Arbeit beenden musste.
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