Lexikon
schweizerische Literatur
Obwohl vier Sprachräumen zugehörig (dem deutschen, französischen, italienischen, rätoromanischen), zeigt die schweizerische Literatur bedingt durch die sozialen und historischen Gegebenheiten, eigenständige und einheitliche Züge. Merkmale sind Wirklichkeitssinn, starke Volksbezogenheit und moralisch-erzieherischer Geist, wie ihn der reformatorische Protestantismus mit sich brachte und auf den bürgerlichen Liberalismus übertrug. Das historische Volkslied, der Tellstoff („Urner Tellenspiel“ 1511), die Mundartdichtung und eine weltoffene Kultur prägen das Dichtungsgut.
Erste Zeugnisse deutschsprachiger Literatur sind mit dem Namen des Klosters St. Gallen verbunden (um 800). Besondere Berühmtheit erlangte die Manessische Handschrift. Zur höfischen Epik gehören Ulrich von Zatzikhoven und Konrad von Würzburg, volkstümliche, lehrhafte Dichtung pflegte Konrad von Ammenhausen in seinem „Schachzabelbuch“ 1337. Das „Osterspiel von Muri“ (Mitte des 13. Jahrhunderts), das „St. Galler Passionsspiel“ (1. Hälfte des 14. Jahrhunderts) und das „Luzerner Osterspiel“ (um 1480) sind Beiträge zum religiösen Schauspiel.
Das 14. bis 16. Jahrhundert sind geprägt von der Mystik (Nikolaus von Basel; Paracelsus) sowie von Humanismus und Reformation (u. a. H. Zwingli, A. Tschudi). Das 17. Jahrhundert wird repräsentiert durch den Moralsatiriker Johannes Grob, die Lyriker Johann Wilhelm Simler und Johann Melchior Hardmeyer und den Barockdramatiker Johann Kaspar Weissenbach.
Engste Beziehung zur Literatur in Deutschland schufen in der Aufklärung J. J. Bodmer und J. J. Breitinger, Lyrik: J. G. Freiherr von Salis-Seewis, H. F. Amiel (Gedankenlyrik); J. K. Lavater beeinflusste den Sturm und Drang und Goethe. Volksschriftsteller waren u. a. J. H. Pestalozzi und U. Bräker. Die heimatverbundene Literatur war zahlreich vertreten, u. a. von der Jugendschriftstellerin J. Spyri. J. Gotthelf, G. Keller, C. F. Meyer gehörten zu den wichtigsten Dichtern des 19. Jahrhunderts. Die deutschsprachige Literatur der Schweiz brachte so bedeutende Schriftsteller hervor wie R. Walser und die beiden Nobelpreisträger H. Hesse und C. Spitteler. Viele Erzähler setzten sich nach dem Krieg kritisch mit den Problemen der Zeit auseinander: W. Diggelmann, P. Bichsel, O. F. Walter, J. Federspiel, G. Leutenegger, E. Pedretti, U. Widmer, H. Loetscher u. a. Führende Dramatiker waren neben K. Falke und C. von Arx vor allem M. Frisch und F. Dürrenmatt. Bedeutende Literatur- und Kulturkritiker waren: M. Rychner, F. Ernst, E. Ermatinger, E. Staiger und W. Muschg. Als Erzähler traten D. A. Franzetti und H. Schertenleib hervor, in der Lyrik P. Morger und mit Dramen und Kurzprosa T. Hürlimann.
Auch der französische und italienische Sprachraum ist mit zahlreichen Schriftstellern von internationalem Rang vertreten, z. B. B. Cendrars, Ch. F. Ramuz und J. Starobinski.
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