Lexikon

Welles

Orson, US-amerikanischer Filmschauspieler und -regisseur, * 6. 5. 1915 Kenosha, Wis.,  10. 10. 1985 Los Angeles; erregte Aufsehen durch das Hörspiel „Krieg der Welten“ über die Landung von Marsbewohnern auf der Erde, das 1938 eine Massenhysterie in den USA hervorrief; wurde berühmt mit seinem Film „Citizen Kane“ 1941. Weitere Filme: „Der Glanz des Hauses Amberson“ 1942; „Die Lady von Shanghai“ 1948; „Der dritte Mann“ 1949; „Im Zeichen des Bösen“ 1958; „Der Prozess“ (nach F. Kafka) 1962; „Falstaff“ 1966; „Die Stunde der Wahrheit“ 1967; „F wie Fälschung“ 19731975.
  • Deutscher Titel: Citizen Kane
  • Original-Titel: CITIZEN KANE
  • Land: USA
  • Jahr: 1941
  • Regie: Orson Welles
  • Drehbuch: Herman J. Mankiewicz, Orson Welles
  • Kamera: Gregg Toland
  • Schauspieler: Orson Welles, Agnes Moorehead, Dorothy Comingore, Joseph Cotten
  • Auszeichnungen: Oscar 1942 für Original-Drehbuch
Der erst 25-jährige Orson Welles gibt mit »Citizen Kane« sein Spielfilmdebüt. Der innovative Film bricht mit den bisherigen Hollywood-Traditionen und beeinflusst die Filmentwicklung dauerhaft. Er gilt als einer der besten Werke der Filmgeschichte.
Auf seinem Fantasie-Schloss Xanadu stirbt der Pressezar Charles Foster Kane (Orson Welles). Ein Reporter versucht durch Interviews mit Personen, die Kane zu Lebzeiten nahe stehen, das Leben des typisch amerikanischen Aufsteigers zu rekonstruieren. In einer Fülle von Einzelszenen Rückblenden und dokumentarisch erscheinenden Sequenzen entsteht auf diese Weise ein komplexes Persönlichkeitsbild, das Kanes skrupellose Aufsteigermentalität, aber auch seine menschliche Vereinsamung greifbar macht.
Der chronologisch ständig durchbrochene Handlungsstrang ist fast mit einem Puzzle vergleichbar. Der Reporter ist meist nur von hinten zu sehen, die Kamera schaut ihm gewissermaßen über die Schulter. Diese Technik der »subjektiven Kameraführung« erlebt in »Citizen Kane« ihre Premiere.
Darüber hinaus gestaltet Welles viele Szenen ohne jegliche Schnitte. Raumtotalen vermitteln den Zuschauern den Eindruck eines Bühnenstückes in dem sich die Handlungsträger frei bewegen. Diese breit ausgelegten Bilder werden mit zahlreichen Aufnahmen aus der Froschperspektive und versetzt eingeblendeten Bildern kontrastiert. Rasche Perspektivwechsel und Vielfalt der Ausleuchtungen harmonieren perfekt mit der »Puzzle-Story«.
»Citizen Kane« bleibt finanziell aber ein Misserfolg, weil er von den Blättern des Pressezaren William Randolph Hearst scharf attackiert wird.
Das hat seinen Grund offenbar darin, dass der Lebenslauf des konservativen Verlegers große Ähnlichkeiten mit der Figur Charles Foster Kanes aufweist.
  • Deutscher Titel: Der Glanz des Hauses Amberson
  • Original-Titel: THE MAGNIFICENT AMBERSONS
  • Land: USA
  • Jahr: 1942
  • Regie: Orson Welles
  • Drehbuch: Orson Welles, nach einem Roman von Booth Tarkington
  • Kamera: Stanley Cortez
  • Schauspieler: Joseph Cotten, Dolores Costello, Tim Holt, Don Dillaway, Anne Baxter
Indiana 1870: Die Familie der Ambersons genießt großes Ansehen. Ihrem sozialen Stand entsprechend muss Isabel (Dolores Costello) auf eine Liebeshochzeit mit dem armen Erfinder Eugene Morgan verzichten und ehelicht den Kaufmann Wilbur Minafer. Eugene verlässt die Gegend, kehrt aber zwanzig Jahre später als mittlerweile gut betuchter Auto-Fabrikant mit seiner Tochter Lucy zurück. Als kurze Zeit später Wilbur stirbt, scheint einer Ehe zwischen Eugene und Isabel nichts mehr im Wege zu stehen. Abermals aber scheitern sie an den Auswüchsen ländlicher Blasiertheit: Isabels intriganter Sohn George (Tim Holt) verhindert die Hochzeit. Als seine Mutter stirbt, sieht George seine Verfehlungen ein, verliebt sich in Lucy, und schließlich kann ihm auch Eugene verzeihen.
Der Film dokumentiert die inhaltlichen Beschneidungen, die Orson Welles nach dem mäßigen Erfolg von »Citizen Kane« (1941) von seiner Produktionsfirma diktiert werden. Er nannte den ihm vorgeschriebenen versöhnlichen Schluss »schwachsinnig«, zumal die Originalfassung um 45 Minuten gekürzt wurde. Dennoch fängt sein Melodram eindringlich die Atmosphäre der Industrialisierungszeit Amerikas mit seiner sozialen Umbruchsituation ein. Auch wenn der Film zu den schwächeren Werken von Welles zählt, gehört er künstlerisch zu den eindrucksvollsten Filmen der Zeit.
  • Deutscher Titel: Die Lady von Shanghai
  • Original-Titel: THE LADY FROM SHANGHAI
  • Land: USA
  • Jahr: 1948
  • Regie: Orson Welles
  • Drehbuch: Orson Welles
  • Kamera: Charles Lawton jr.
  • Schauspieler: Rita Hayworth, Orson Welles, Everett Sloane, Glenn Anders
Der außerordentliche kommerzielle Misserfolg von »Die Lady von Shanghai« verschlimmert die Steuerprobleme des Regisseurs Orson Welles und bewegt ihn zum Verlassen der Traumfabrik. Das Publikum akzeptiert die Besetzung der kaltblütigen, mordlüsternen Intrigantin mit dem Schönheitsidol Rita Hayworth nicht. Der Film, der die Stilelemente der »Schwarzen Serie« bis zum Äußersten ausschöpft, wird erst in der Rückschau als ein weiterer Beweis für die Fähigkeiten des Regisseurs Orson Welles gewertet. Sein Film besteht aus durchkomponierten Einzelbildern, Licht und Schatten sind dramaturgische Elemente.
Der Seemann Michael (Orson Welles) stößt auf den behinderten Yachtbesitzer Bannister (Everett Sloane), seine schöne Frau Elsa (Rita Hayworth) und Bannisters Partner Grisby (Glenn Anders). Er verliebt sich in Elsa, heuert auf der Yacht an und wird in ein tödliches Intrigenspiel verwickelt. Als Grisby stirbt, wird Michael als Täter vor Gericht gestellt. Er flieht und erfährt, dass Elsa die Täterin ist. Im Finale töten Elsa und Bannister einander in einem Spiegelkabinett.
  • Deutscher Titel: Der dritte Mann
  • Original-Titel: THE THIRD MAN
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1949
  • Regie: Carol Reed
  • Drehbuch: Graham Greene
  • Kamera: Robert Krasker
  • Schauspieler: Joseph Cotten, Alida Valli, Orson Welles, Trevor Howard
Mit dem Kriminalthriller »Der dritte Mann« gelingt Carol Reed einer der größten Erfolge der britischen Filmgeschichte. Reed dreht den Film an Originalschauplätzen im besetzten und geteilten Wien. Das berühmte Zither-Thema »Harry Lime« von Anton Karas verstärkt perfekt die düstere Bilderwelt, Orson Welles verkörpert das Böse schlechthin überzeugend. »Der dritte Mann« wird weltweit zum Kassenerfolg und avanciert zum Klassiker des Genres.
Die Handlung spielt im Wien der Nachkriegszeit, das durch die Besatzungsmächte in vier Zonen geteilt ist: Der US-amerikanische Schriftsteller Holly Martins (Joseph Cotten) stellt Nachforschungen über seinen angeblich verstorbenen Freund Harry Lime (Orson Welles) an, der nach Ansicht der Polizei in dunkle Geschäfte verwickelt war. Martins will ihn rehabilitieren, muss aber feststellen, dass Lime tatsächlich Penicillin verschob. Er täuschte seinen Tod vor, um sich der Polizei zu entziehen. Martins hilft bei der Suche nach Lime, der bei einer Jagd durch die Kanalisation getötet wird.
  • Deutscher Titel: Der Prozess
  • Original-Titel: DER PROZESS
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 1962
  • Regie: Orson Welles
  • Drehbuch: Orson Welles, Antoine Tudal, nach dem Roman von Franz Kafka
  • Kamera: Edmond Richard
  • Schauspieler: Anthony Perkins, Jeanne Moreau, Orson Welles, Romy Schneider
Franz Kafkas berühmter Roman wird von Orson Welles mit einem Staraufgebot in Szene gesetzt. Gegen den kleinen Angestellten Josef K. (Anthony Perkins) wird eines Tages ein Prozess angestrengt, über dessen Hintergründe er überhaupt nichts erfährt. Versuche, das Geschehen geistig zu bewältigen und über die an dem Prozess beteiligten Frauen Einfluss zu gewinnen, scheitern und enden mit K.s Hinrichtung.
Das Werk gilt als gelungene eigenständige Bearbeitung des Alptraum-Themas, obwohl es sich mit manchmal derben und auch opulenten Szenen von der Geisteswelt der strengen Vorlage entfernt und deshalb als Literatur-Verfilmung nicht in gleichem Maß anerkannt wird.
1992 entsteht unter der Regie des Briten David Jones (Buch: Harold Pinter) eine weitere Filmfassung des Romans.
  • Deutscher Titel: F wie Fälschung
  • Original-Titel: F FOR FAKE
  • Land: Frankreich
  • Jahr: 1973
  • Regie: Orson Welles
  • Drehbuch: Orson Welles
  • Kamera: Gary Graver, Christian Odasso
  • Schauspieler: Orson Welles, Oja Kodar, Elmyr de Hory
Schwindel und Betrug, Manipulation und Tricks darum dreht sich »F wie Fälschung«. Die inhaltliche Aussage übersetzt Orson Welles auch in die formale Gestaltung. Schein und Wirklichkeit mischt er in Dokumentarszenen und Spielsequenzen. Mit Hilfe einer virtuosen Montagetechnik verklärt Welles die Scharlatanerie der sog. Experten, die sich anmaßen, richtig und falsch unterscheiden zu können.
Den Anstoß für das Projekt erhielt Welles von Regisseur François
Reichenbach
, der den Kunstfälscher Elmyr de Hory gefilmt hatte. Welles lässt zudem den aktuellen Fall der gefälschten Howard-Hughes-Biographie einfließen.
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