Lexikon
Wiene
Robert, deutscher Filmregisseur, * 5. 11. 1881 Breslau, † 17. 7. 1938 Paris; Bühnenschauspieler, Dramaturg, Theaterregisseur, kam 1914 zum Film; Regie in „Das Kabinett des Dr. Caligari“ 1920; „Genuine“ 1920; „Raskolnikow“ 1923; „Orlacs Hände“ 1924 u. a.; ging 1934 ins Exil.
- Deutscher Titel: Das Kabinett des Dr. Caligari
- Original-Titel: DAS KABINETT DES DR. CALIGARI
- Land: Deutsches Reich
- Jahr: 1920
- Regie: Robert Wiene
- Drehbuch: Carl Mayer, Hans Janowitz
- Kamera: Willy Hameister
- Schauspieler: Werner Krauss, Conrad Veidt, Lil Dagover
Mit Robert Wienes Film »Das Kabinett des Dr. Caligari« setzt sich der in Literatur, Dramatik und Malerei vorherrschende Stil des Expressionismus auch im deutschen Kino durch.
Der Schausteller Dr. Caligari (Werner Krauss) kommt mit seinem Medium Cesare (Conrad Veidt), das angeblich seit seiner Geburt im Schlaf liegt und die Zukunft voraussagen kann, in eine Kleinstadt. In dem Ort geschehen daraufhin eine Reihe von Verbrechen. Verschiedene Personen, die mit den beiden Fremden in Kontakt kamen, finden den Tod.
Francis (Friedrich Feher), der Freund eines der Ermordeten, verdächtigt Caligari und Cesare und beobachtet die beiden eines Nachts. Während Caligari auf einem Stuhl wacht, scheint Cesare leblos in einem Sarg zu liegen. Tatsächlich befindet sich darin jedoch eine Puppe, der wirkliche Cesare ist gerade dabei, eine junge, von Francis angebetete Frau (Lil Dagover) in seine Gewalt zu bringen. Als Francis dies aufdeckt, verfolgt er Caligari und gelangt in ein Irrenhaus. Der Schausteller entpuppt sich als Direktor der Anstalt, er wiederholt, wie Francis herausfindet, zwanghaft die Handlungen eines Caligari, der vor 200 Jahren mit Hilfe eines Mediums Verbrechen begangen hat. Als Francis den Direktor mit seinen Erkenntnissen konfrontiert, bricht dieser wahnsinnig zusammen und wird in eine Zwangsjacke gesteckt. Durch eine Rahmenhandlung erscheinen die Ereignisse in einem anderen Licht: Jetzt ist Francis selbst Patient in der Irrenanstalt. Er lebt mit der Wahnvorstellung, der – in Wahrheit weder verbrecherische noch geistesgestörte – Anstaltsdirektor sei Dr. Caligari.
Der Film lebt nicht nur durch seine fantastische, an die deutsche Romantik erinnernde Handlung sowie durch die Schauspielkunst von Werner Krauss und Conrad Veidt, sondern vor allem durch die Ausstattung. Die expressionistischen Maler Hermann Warm, Walter Reimann und Walter Röhrig sind für die ausschließlich gemalte Dekoration verantwortlich. Sie arbeiten mit verzerrten Perspektiven, spitzen Winkeln, bizarren geometrischen Formen und harten Schatten. Die Außenwelt erscheint so wie im Alptraum eines Irren.
Der Film entfaltet eine lang anhaltende, intensive Wirkung, die sich am greifbarsten in dem Buchtitel des Kritikers Siegfried Kracauer, »Von Caligari bis Hitler« (1947), niederschlägt. Der Autor sieht in dem Werk eine Verherrlichung der Autorität, ein erstes Vorzeichen für die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Durch die Rahmenhandlung, die im Drehbuch nicht vorgesehen war, werde die ursprüngliche Intention, die allmächtige Staatsgewalt und ihre willenlosen Befehlsempfänger anzuprangern, ins Gegenteil verkehrt: Jedes Auflehnen gegen die Autorität der Obrigkeit werde nun als Wahnsinn denunziert. Anderen Kritikern wiederum erscheint der Film als eine, wenn auch unbewusste, Auflehnung gegen die als undurchschaubar erfahrene Wirklichkeit.
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