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“Mein Papa liest vor… und meine Mama auch!“ – Warum Vorlesen wichtig ist
14,5 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland haben Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. Um diese Probleme in Angriff zu nehmen sind nicht nur die Schulen gefragt. Auch Eltern können schon früh vorsorgen. Den Kleinen zuhause vorlesen, das führt die Kinder an das geschriebene Wort heran und weckt ihre Neugier, selber Lesen und Schreiben zu erlernen. Da Lesen immer noch ein eher weibliches Image hat, treten die Probleme überwiegend bei Jungs auf. Daher sind verstärkt die Väter gefragt, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Eltern mit Vor-Lesestoff ausrüsten
Natürlich lesen die meisten Eltern ihren Kindern etwas vor - so sollte man meinen. Trugschluss: 30 Prozent der Eltern tun dies nicht regelmäßig. Viele von ihnen geben an, dass es ihnen oft schlicht und einfach an der Zeit fehle, geeignete Bücher auszuwählen und zu besorgen. Daher hat die Stiftung Lesen das Projekt “Mein Papa liest vor... und meine Mama auch!“ ins Leben gerufen. Eltern regelmäßig mit neuen, spannenden und altersgerechten Vorlese-Geschichten ausrüsten, darum geht es bei dem Programm.
Das Projekt spricht nicht die Eltern direkt, sondern deren Arbeitgeber an. Teilnehmende Unternehmen können ihren Mitarbeitern kostenlos Folgendes anbieten: Einmal wöchentlich erhalten sie über das firmeneigene Intranet eine Geschichte. Dabei werden unterschiedliche Interessen von Jungen und Mädchen, verschiedene Altersgruppen und kulturelle Hintergründe berücksichtigt. Nicht nur für die Eltern, auch für die Firmen ist das Programm kostenlos. Mehr als 900 Unternehmen nehmen bereits teil. Die Stiftung hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Anzahl in Zukunft weiter zu erhöhen.
Vorlese-Atmosphäre schaffen
Außerdem vermittelt ein umfassendes Dossier den Eltern, warum Vorlesen für ihre Kinder so wichtig ist und gibt auch gleich praktische Tipps. So spielt etwa nicht nur das Vorlesen an sich, sondern auch das Schaffen der geeigneten Atmosphäre eine entscheidende Rolle. Zunächst ist es einmal wichtig für Ruhe zu sorgen. Geräusche, wie ein laufender Fernseher oder Musik im Nachbarraum stören. Auch das Mobiltelefon, das mitten in einer spannenden Geschichte plötzlich klingelt oder immer wieder piepsend signalisiert, dass eine Kurzmitteilung eingegangen ist, ist nicht besonders hilfreich.
All diese Unruhestifter lenken die Kleinen davon ab, sich ganz in die Geschichte hineinzuversetzen und sich Handlungsort, Personen und Situationen bildlich vorzustellen. Und gerade die Bilder, die in der Gedankenwelt entstehen sind es, die Freude am Lesen bereiten.
Nicht nur die äußere auch die innere Ruhe spielt eine entscheidende Rolle. Zwischen Tür und Angel mal eben schnell etwas vorzulesen, ist nicht der richtige Weg. Daher kann es helfen, feste Lesezeiten einzuführen oder schon im Vorfeld den Kindern die Lesezeit anzukündigen. “Nach dem Essen lese ich dir aus dem neuen Buch weiter vor. Ich bin schon gespannt, wie die Geschichte weitergeht.“ Das weckt bei den Kindern Vorfreude und führt dazu, dass sie sich gedanklich auf den bevorstehenden Vorlesespaß einstellen können.
Die Eltern als Lesevorbilder
Bildungsministerin Doris Ahnen, Schirmherrin des Projektes, betont die große Bedeutung, die frühkindliche Leseförderung gerade in der Familie hat. “Zahlreiche Studien belegen die positiven Auswirkungen des Vorlesens auf die weitere Entwicklung der Kinder“, erklärt sie. “Je früher die Kinder im familiären Umfeld an das Lesen herangeführt werden, desto größer sind ihre Chancen auf schulischen und beruflichen Erfolg. Denn Lesen ist die Grundvoraussetzung für Bildung und Wissen. Mit 'Mein Papa liest vor… und meine Mama auch!' unterstützen wir einen einfachen, aber umso effektiveren Ansatz, um noch mehr Eltern als Lesevorbilder für ihre Kinder zu gewinnen.“
Die Entwicklung, Bildung und Zukunft unserer Kinder steht ganz im Mittelpunkt von “Mein Papa liest vor... und meine Mama auch!“. Doch Vorlesen ist mehr als die reine Verbesserung der Chance auf späteren beruflichen Erfolg. Auch um Geborgenheit, Nähe und Zuwendung geht es dabei. Erinnern wir uns nur daran, wie es früher für uns selber war, wenn wir es uns mit Mama oder Papa so richtig gemütlich gemacht haben. Denn es war Vorlese-Zeit und diese Zeit war nur für uns reserviert.