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Die 10 größten Ernährungsirrtümer (Podcast 115)

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Viel Obst und Gemüse, Vollkorn, genug trinken – Sie kennen die gängigen Ratschläge für eine gesunde Ernährung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat zehn konkrete Regeln zusammengestellt: reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln sowie täglich fünf Stück Obst essen zum Beispiel. Aber Achtung! Nicht alle Lebensmittel sind für alle Menschen gleich gut. Manche vertragen zu viel Obst nicht. Anderen bereiten zu viele Ballaststoffe Beschwerden, obwohl Ballaststoffe an sich für die Verdauung wichtig sind. Wieder andere leiden unter Unverträglichkeiten oder Lebensmittelallergien. Bei allen Regeln bleibt es daher wichtig, den eigenen Körper kennen zu lernen, auf ihn zu hören, sich ganz bewusst und ausgewogen zu ernähren und bei allem Maß zu halten.

 

Stichwort 1: Ballaststoffe

 

Der Begriff Ballaststoff stammt aus einer Zeit, in der man Nahrungsmittel, die der Körper nicht verwertet, als unnötigen Ballast angesehen hat. Heute weiß man, dass Balaststoffe für die Verdauung wichtig sind.

Wenn es nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ginge, müssten wir täglich 30 Gramm Ballaststoffe zu uns nehmen. Das wären zum Beispiel 17 gehäufte Esslöffel Weizenkeime täglich - so ein Beispiel des ARD-Wissensportals. 30 Gramm sind sehr hoch gegriffen, sagen einige andere Experten. Die Zahl zeigt aber, dass Ballaststoffe für eine gesunde Verdauung unabdingbar sind. Wie viele Ballaststoffe der Einzelne verträgt, muss er für sich selbst herausfinden. Nur Vorsicht: Wer von viel Obst Bauchweh oder einen Blähbauch bekommt, bei dem könnte auch der Fruchtzucker Ursache für die Beschwerden sein - und nicht die Ballaststoffe.

Zu viele Ballaststoffe blähen den Dickdarm unnötig auf. Beim Vergären entstehen Gase. Wenn es zu viele werden, schließt die Klappe zwischen Dick- und Dünndarm nicht mehr richtig. Dadurch fließt Nahrung zurück in den Dünndarm, in dem Bakterien aus dem Dickdarm Abwehrreaktionen verursachen. Entzündungen. Verstopfung, Blähungen oder Durchfall sind die Folge – im schlimmsten Fall kann es langfristig sogar zu Diabetes, Übergewicht oder Depressionen kommen.

 

Stichwort 2: Fett

 

Fett ist nicht gleich Fett. Ungesättigte Fettsäuren, die beispielsweise in Fisch und pflanzlichen Ölen enthalten sind, können sogar vor Gefäßkrankheiten schützen. Fett bewirkt, dass Nahrung länger im Dünndarm verweilt. Dadurch werden Nährstoffe besser aufgespalten und verwertet. Hinzu kommt, dass die Vitamine A, D, E und K fettlöslich sind. Der Körper kann sie mit Hilfe des Nahrungsfettes erst überhaupt verwerten. Darum sollten Möhren, Rosenkohl, Tomaten und Feldsalat immer mit etwas Fett gegessen werden. Eine um jeden Preis fettarme Ernährung ist als nicht richtig.

Es kommt darauf an, welches Fett und in welcher Kombination man es zu sich nimmt. Mit Ballaststoffen zusammen zum Beispiel nimmt der Körper weniger Fett auf. Generell raten Experten, 30 Prozent der täglichen Kalorienmenge in Form von Fett zu sich zu nehmen. Dabei darf man nicht vergessen, dass rund die Hälfte an Fetten bereits in Lebensmitteln versteckt ist, in Wurst Käse, Soßen und Fertigprodukten. Die übrigen Fette sollten in Form von hochwertigen Pflanzenfetten aufgenommen werden. Pflanzliche Fette sind gesünder als tierische. Sie sind zum Beispiel in Raps, Soja und Oliven enthalten.

 

Stichwort 3: Cholesterin

 

Cholesterin aus Eiern, Butter oder Fleisch wirkt sich auf den körpereigenen Cholesterin-Spiegel entgegen der gängigen Meinung nur in geringem Maße aus. Laut dem Innsbrucker Unidozent Professor  Maximilian Ledochowski haben verschiedene kardiologische Gesellschaften einen Soll-Wert festgesetzt. Der liegt unter dem durchschnittlichen Normalwert, der bei den meisten Menschen gemessen wird. Entsprechend kamen dann Ernährungsempfehlungen auf den Markt, von denen Ledochowski nicht viel hält. Denn der gesunde Körper produziert von den 1200 bis 1500 Milligramm Cholesterin, die er täglich braucht, mehr als die Hälfte selber. Die restlichen rund 500 Milligramm führen wir mit der Nahrung zu. Und wenn es dem Körper dann doch noch an Cholesterin mangelt, stellt er von ganz alleine mehr her. Vor diesem Hintergrund scheinen cholesterinarme Lebensmittel überflüssig zu sein. Sie verkaufen sich gut und die Industrie verdient ordentlich an den Produkten.

Auch wenn der Körper über eine gewisse Selbstregelung verfügt, kann es sein, dass der Cholesterinwert zu hoch ist. Das kann an fettem Essen und ungesundem Lebensstil liegen oder genetisch bedingt sein. Grundsätzlich gilt Fett in Maßen zu genießen und vor allem pflanzliche Fette zu essen. Wer sich regelmäßig bewegt, nicht oder wenig raucht und Stress abbaut, reduziert zudem nicht nur das schädliche LDL-Cholesterin: Zusätzlich steigt das gute HDL-Cholesterin an.

 

Stichwort 4: Fleisch

 

Für Menschen, denen zu viele Ballaststoffe mehr schaden als nützen, kann Fleisch die bessere Alternative zu Brot, Müsli oder Kartoffeln sein. Fleisch ist ein guter Eiweiß-, Mineral- und Vitaminlieferant und in Maßen genossen gesund. Andererseits kommt der Mensch auch ohne Fleisch gut aus, wenn er sich Eiweiß und Vitamine auch an anderer Stelle holt: Milch und Eier liefern Eiweiß und das lebenswichtige Vitamin B12, Kartoffeln haben wenig, dafür hochwertiges Eiweiß. Lachs und Hering enthalten Vitamin D. Gut kombiniert können pflanzliche Lebensmittel wie Kartoffeln mit Ei den Körper sogar besser mit Eiweiß versorgen als Fleisch.

 

Stichwort 5: Spinat

 

Schön wär’s, wenn Spinat Superkräfte freisetzen würde wie bei Popeye. Tut es aber nicht. Und genauso falsch ist, dass Spinat ungeheuer viel Eisen enthält. Ein Lebensmittelanalytiker hat sich bloß um eine 10er-Potenz verrechnet und aus 3,5 Milligramm Eisen auf 100 Gramm Spinat 35 Milligramm gemacht. Das hat die Wissenschaft dann auch Jahre lang so geglaubt. Dabei steckt in Schokolade  und Hülsenfrüchten viel mehr Eisen als in Spinat. Vielleicht hätte es Popeye ohne diesen Fehler nie gegeben. Aber es gab ihn, und möglicherweise nicht so sehr zu Unrecht: Forscher der Rutgers-Universität in New Jersey haben angeblich herausgefunden, dass das grüne Kraut hormonähnliche Substanzen enthält, die den Muskelaufbau beschleunigen können. Insofern würde Spinat doch stark machen. Zu vernachlässigen ist das Blattgemüse jedoch nicht. Es enthält auch Ballaststoffe, Vitamine, pflanzliche Eiweiße und Folsäure.

 

Stichwort 6: Kartoffeln

 

Früher glaubte man, dass nicht Fette, sondern Kohlenhydrate dick machen. Daher mag die These rühren, Kartoffeln machten dick. Sie sind nämlich reich an Kohlenhydraten - allerdings an guten. Sie enthalten den vollwertigen Mehrfachzucker, im Fachjargon Polysaccharide. Diese werden im Darm sehr langsam aufgespalten, geben die Energie langsam und stetig an den Körper ab und halten so im Gegensatz zu Einfach- und Zweifachzucker den Zuckerpegel konstant. Die Sättigung hält lange an. Man braucht nicht so schnell wieder neue Kalorienzufuhr. Kartoffeln machen also nicht dick, sondern das Drumherum. Während 100 Gramm Salzkartoffeln rund 70 Kilokalorien enthalten, sind es bei der gleichen Portion Pommes etwa 350. Mit einer Portion Mayo obendrauf sind es noch einmal satte 100 Kilokalorien mehr. Auch Chips und Fertiggerichte mit Kartoffeln oder die Soße zu den Kartoffeln treiben den Speck auf die Hüften.

 

Stichwort 7: Salz

 

Salz lässt den Blutdruck steigen, besagt ein Mythos. Auslöser dafür war eine Studie aus dem Jahr 1972. Der Wissenschaftler Lewis Dahl gab Ratten stark salzhaltige Nahrung. Die Tiere reagierten mit Bluthochdruck. Er folgerte daraus, Menschen würden genauso auf salzhaltige Nahrung reagieren. Die 1988 veröffentlichte Intersalt-Studie gab ihm Rückendeckung. Forscher stellten fest, dass sich ein Naturvolk am Amazonas salzfrei ernährte und Bluthochdruck dort nicht vorkam. Daraus leiteten sie die These ab, Salzverzicht senke den Blutdruck. Die These basiert auf der Erkenntnis, dass Salz Wasser bindet. Je mehr Salz im Blut ist, desto höher das Blutvolumen und der Druck auf die Gefäße. Wer auf Salz verzichtet, verringert die Flüssigkeitsmenge in den Gefäßen und der Druck kann sinken. Neuen Studien zufolge senkt Salzverzicht oder Salzreduktion den Blutdruck höchstens minimal. Forscher erkannten Ende der 90er Jahre, dass der Organismus viel differenzierter reagiert. Auch Rauchen und Übergewicht können einen hohen Blutdruck beeinflussen. Selten ist Bluthochdruck allein auf ein Zuviel an Salz zurückzuführen.

 

Stichwort 8: Abendmahlzeit

 

Morgens essen wie ein König, mittags wie ein Edelmann, abends wie ein Bettler, so lautet ein altes Sprichwort. Wer morgens gut frühstückt, verfällt nicht so leicht Heißhungerattacken und isst tagsüber insgesamt weniger. Regelmäßige Mahlzeiten helfen, das Gewicht zu halten. Aber wer  doch lieber abends isst, nimmt nicht automatisch leichter zu. Nicht der Zeitpunkt ist entscheidend über das Gewicht, sondern die Menge an tagsüber eingenommenen Kalorien – also was und wie viel man isst. Das belegt eine Studie der Oregon Health and Science University. Wer abends gern schlemmt, sollte tagsüber an Kalorien sparen. Wie viel Kalorien man braucht, ist individuell. Das hängt von den Genen, vom Alter und davon ab, ob man sich viel bewegt oder viel sitzt. Im Alter braucht der Mensch weniger Kalorien als in jungen Jahren. Und wer nur sitzt, verbrennt nicht soviel wie körperlich hart arbeitende Menschen.

 

Stichwort 9: Flüssigkeit

 

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät, täglich mindestens 1,5 und im Sommer drei Liter zu trinken. Wobei man nicht erst dann trinken sollte, wenn der Durst schon da ist. Der Lebensmittelchemiker und Autor Udo Pollmer sieht das kritisch. Er hat bei Ausdauersportlern schon Wasservergiftungen miterlebt und erklärt: Zuviel Wasser verdünnt den Natriumgehalt im Blut. Dadurch wird der Mensch noch durstiger. Und wenn er Pech hat, kommt es zu einer tödlichen Hirnschwellung. Gefährlich werde es aber erst ab sechs Litern täglich.
Flüssigkeit hilft bei Blasenentzündungen und bei Verstopfung und kann das Auftreten von Nierensteinen verzögern. Nur sollte man bedenken, dass auch in Lebensmitteln Wasser enthalten ist und dem Körper auch übers Essen Flüssigkeit zugeführt wird.
Im Sommer werden übrigens nicht kalte, sondern warme Getränke empfohlen, damit sich Körper- und Temperatur die Waage halten. Damit schwitzt man weniger. Denn der Tee kühlt im Körper ab und  gibt mehr Wäre nach außen ab. Das kühlt und erfrischt.

 

Stichwort 10: Lightprodukte

 

Lightprodukte scheinen für Viele, die abnehmen möchten eine einfache Lösung im Kampf gegen die Kalorien zu sein. Seit den 90er Jahren suggeriert Werbung Lightprodukte verschafften neue Lebensfreude, Leistungskraft, Gesundheit und einen flachen Bauch. Aber Vorsicht! "Light" ist ein gesetzlich nicht geschützter Begriff, der leicht in die Irre führt. Dass ein Produkt kalorienreduziert, aber nicht kalorienarm ist. Er kann aber auch für "nährstoffreduziert", "fettreduziert", "alkoholarm", "fettarm", "wenig Zucker" oder "wenig Salz" stehen. Deswegen lohnt sich immer ein Blick auf die Nährstofftabelle. Da wird man zum Beispiel sehen, dass 100 Gramm Mayonnaise mit 50 Prozent Fett immer noch satte 500 Kilokalorien enthalten. Und eine Diätschokolade mit Zuckeraustauschstoffen enthält genauso viel Fett wie herkömmliche Schokolade. Der Energiewert ist in etwa derselbe. Zudem erwartet der Körper bei Süßstoff einen Zucker und schüttet Insulin aus. Dieser Überschuss an Insulin senkt den Blutzuckerspiegel. Der Körper glaubt, zu wenige Nährstoffe aufgenommen zu haben, und reagiert mit einer Heißhungerattacke. Süßstoff wird übrigens auch in Tiermastbetrieben eingesetzt, damit die Tiere schön fett werden. Wer das also nicht beachtet, läuft in Gefahr, zu viele Lightprodukte zu essen und dann nicht ab- sondern zuzunehmen. Wer abnehmen möchte, ist meist besser beraten, wenn er sich an Obst, Gemüse, Vollkorn und Kartoffeln hält. Vorausgesetzt, er verträgt diese Lebensmittel.

 

Fazit

 

Wer wirklich gesund werden oder bleiben will, sollte auf seinen Körper vertrauen. Der sagt einem, was gut und bekömmlich ist. Gesundes Essen ist individuell.


Dorothea Schmidt, wissen.de-Redaktion

 

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