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Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1953

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»Weg mit der Normerhöhung! Weg mit der SED-Regierung! Freie und geheime Wahlen!« Hunderttausende gehen am 17. Juni 1953 in der DDR für diese Forderungen auf die Straße. Für Stunden macht sich Hoffnung breit. Doch dann wird der Arbeiteraufstand gegen das kommunistische Regime mit Hilfe sowjetischer Truppen niedergeschlagen.

Den Bundesbürgern bescheren diese Ereignisse mit dem »Tag der deutschen Einheit« einen zusätzlichen freien Tag. Während die DDR-Bürger ihrem Land in Scharen den Rücken kehren, beginnen die Bundesdeutschen, sich im Wohlstand des Wirtschaftswunderlands gemütlich einzurichten.

Die Wirtschaft wächst, der Export blüht, die Deutsche Mark ist stabil. »Immer mehr und immer besser« – der Slogan einer Volkswagenreklame bringt den Zeitgeist auf den Punkt. Wirtschaftsminister Ludwig Erhard verspricht den Kühlschrank für jedermann, auf den Straßen rollen immer mehr Autos, Nierentisch und Cocktailsessel halten Einzug in die Wohnstuben. O. W. Fischer und Maria Schell lassen die Kinogänger von der großen Liebe träumen, »Tagesschau« und Peter Frankenfeld flimmern in den ersten Fernsehhaushalten über den Bildschirm. Ein Blick hinter die Wohlstandsfassade zeigt aber auch, dass mehr als eine Million Menschen arbeitslos sind, dass noch immer Zehntausende Flüchtlinge und Vertriebene in Notaufnahmelagern hausen, dass Hunderttausende Wohnungen fehlen, dass unzählige Kriegshinterbliebene und Invaliden in Armut leben müssen.

Die Bundestagswahlen vom September werden zu einem Triumph für Bundeskanzler Konrad Adenauer. Der 77-jährige Kanzler, vom US-amerikanischen Nachrichtenmagazin »Time« zum »Mann des Jahres« gekürt, hält die politischen Fäden fest in der Hand. Gestützt auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag wie Bundesrat verfolgt er beharrlich sein Konzept der Westintegration.

Im Zeichen des Kalten Krieges und in der Betriebsamkeit des Wirtschaftswunders ist Vergangenheitsbewältigung kaum gefragt. Die Kriegsfolgen werden verwaltet, die Kriegsursachen nicht verarbeitet. Nazi-Opfer erhalten Entschädigungen, Israel Wiedergutmachung, Vertriebene Lastenausgleich. Dabei möchten es die meisten auch bewenden lassen.

Was sonst noch geschieht: Heinrich Bölls Roman „Und sagte kein einziges Wort“ hinterfragt den bundesdeutschen Alltag hinter der glänzenden Fassade des wirtschaftlichen Wiederaufbaus. Den deutschen Autofahrer interessiert eher die Festsetzung der Fahruntüchtigkeit auf 1,5 Promille. Zum Wohl! Damit alles seine Richtigkeit hat, benutzt die Polizei ab 1953 den „Intoximeter“, ein Messgerät zur Ermittlung des Alkoholgehalts des Autofahrers. Zu den beliebtesten Schlagern des Jahres gehören Michael Jarys „Mäckie-Boogie“ und der von Renè Carol gesungene Dauerbrenner „Rote Rosen“

Mehr als eine Randnotiz: Die Gleichberechtigung von Frau und Mann wird in der Bundesrepublik in allen Bereichen rechtlich wirksam.

 

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