Gleich nach der Sonne ist unser Erdmond der auffälligste Himmelskörper, der sich mit bloßem Auge beobachten läßt. Sein silbriger Glanz und die große Ruhe, mit der er den Menschen immer das gleiche Gesicht zuwendet, wirken vielen Menschen als Inspiration. Und dem entsprechend viel gibt es auch zu sagen über den Mond, der nicht nur astronomisch bemerkenswert ist, sondern auch in der Kulturgeschichte der Menschheit tiefe Spuren hinterlassen hat. Hier kommen die erstaunlichsten Fakten.
Der natürliche Satellit
Der Mond ist der einzige natürliche Satellit der Erde und mit einem Durchmesser von 3.476 km der fünftgrößte Trabant des Sonnensystems. Als Monde werden alle Objekte bezeichnet, die ein anderes umkreisen – sofern es sich dabei nicht um eine Sonne handelt; in diesem Fall spricht man von Planeten. Übrigens haben Monde niemals eigenen Trabanten, weil die physikalischen Kräfteverhältnisse dies nicht zulassen. Es gibt aber welche, die von „Trojanern“ begleitet werden – kleinen eingefangene Asteroiden, die den entsprechenden Mond auf seiner Bahn um den Planeten begleiten.
Beim Erdmond ist dies nicht der Fall. Dafür kann er sich im Vergleich zu seinem Planeten, der Erde, als großer Trabant bezeichnen, denn er hat gut ein Viertel ihres Durchmessers. Übrigens: Im Sonnensystem sind bis jetzt 307 natürliche Satelliten bekannt.
Der Taktgeber
Wie sehr der Mond den Menschen beeinflusst, zeigt bereits die Tatsache, dass er der Namensgeber unseres „Monats“ ist. Der Mond umläuft die Erde in rund 29,5 Tagen. In frühen Lunar- also Mondkalendern bildete ein Mondumlauf einen Monat und strukturierte damit das Jahr. Mit Mondumläufen zu rechnen ist also eine ganz ursprüngliche Form der Zeiteinteilung – und ausgesprochen leicht zu bewerkstelligen, da der Mond sehr gut zu beobachten ist. Ein Sonnenjahr exakt zu bestimmen fällt hingegen schwieriger.
Unser Kalendermonat richtet sich allerdings seit dem Jahr 45 v. Chr. nicht mehr nach dem Mondumlauf, sondern basiert auf einer Zwölftelung des Erdumlaufs um die Sonne. Das von Julius Caesar eingeführte System erwies sich aber als verbesserbar, so dass Papst Gregor im Jahr 1582 die nach ihm benannte Kalenderreform durchführte. Sie ist bis heute gültig.
Übrigens gibt es weiterhin Kalender, die – meist zu religiösen Zwecken – mit dem Mondumlauf arbeiten. So findet der Fastenmonat Ramadan im neunten Monat des islamischen Mondkalenders statt.
Der Reflektierende
Im Mittelpunkt irdischer Beobachtungen steht meistens die jeweilige Mondphase. Der Mond leuchtet ja nicht von sich aus, sondern reflektiert lediglich Sonnenlicht – er steht also stets vollständig am Himmel, auch wenn er nur in Teilen zu sehen ist. Die vier Hauptphasen lauten Vollmond, abnehmender Mond, Neumond und zunehmender Mond. Ist der Mond nur als schmale Sichel zu sehen, spricht man von Neu- bzw. Altlicht.
Ausschlaggebend für die Mondphase ist die Sonnenbestrahlung. Steht der Mond zwischen Sonne und Erde, wird seine erdabgewandte Seite bestrahlt, und man spricht von Neumond. Steht hingegen die Erde zwischen Sonne und Mond, wird die erdzugewandte Seite beschienen, und man spricht von Vollmond.
Der Verfinsterte
Gelegentlich kommt es in dieser Situation dazu, dass sich die Erde aus Mondperspektive vor die Sonne schiebt und einen Teil des Mondes verdeckt. In diesem Fall spricht man von einer Mondfinsternis. Das umgekehrte Phänomen – eine Sonnenfinsternis – gibt es ebenfalls; es ist aber recht selten. Im Schnitt kann nur etwa alle 375 Jahre über einem bestimmten Ort mit einer totalen Sonnenfinsternis gerechnet werden. Die längste totale Sonnenfinsternis des 21. Jahrhunderts fand übrigens am 22. Juli 2009 statt – allerdings konnte sie nur von Indien und China aus beobachtet werden. Sie dauerte 6 Minuten und 39 Sekunden.
Der Rotierende
Dass der Mond die Erde beeinflusst und auf die Gezeiten einwirkt, ist lange bekannt. Doch auch die Erde beeinflusst den Mond und hat etwas bewirkt, was der Astronom als „gebundene Rotation“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass der Mond sich in jener Zeit einmal um sich selbst dreht, die er auch für die Umrundung der Erde braucht. Anders ausgedrückt: Der Mond zeigt der Erde immer die gleiche Seite. Dieses Phänomen ist keineswegs einzigartig und kommt z.B. auch bei dem Zwergplaneten Pluto und seinem Trabanten Charon vor. Ein Beobachter auf dem Mond würde wegen der gebundenen Rotation die Erde niemals auf- und untergehen sehen. Die Erde steht für ihn – von gewissen Schwankungen abgesehen – stationär am Himmel.
Der Pockennarbige
Der Mond ist etwa 4,5 Mrd. Jahre alt. Seine Entstehung ist nicht ganz geklärt; es wird aber übereinstimmend davon ausgegangen, dass es sich bei ihm um das Produkt einer Kollision zwischen der Protoerde und einem vorbeiziehenden Objekt ungefähr von Marsgröße handelt. Dabei wurde viel Materie – aus der Erdkruste und dem Mantel des einschlagenden Körpers – in eine Erdumlaufbahn geschleudert, ballte sich dort zusammen und bildete schließlich den Mond. Er war vollständig von flüssigem Magma bedeckt und kühlte nur langsam ab. Da er keine Atmosphäre besitzt, schlugen Meteoriten ungebremst in ihn ein und formten allmählich seine pockennarbige Oberfläche. Dabei entstand viel lockeres Material, das sogenannte Regolith. Es bedeckt den Mond beinahe vollständig und ist eher mit Sand als mit Staub vergleichbar. Die dunklen Flächen, die in der Frühzeit der Mondbeobachtung für Meere gehalten wurden und daher die lateinische Bezeichnung „Mare“ (Plural: „Maria“) tragen, sind erstarrte Lavadecken und bestehen aus Basalt. Sie kommen übrigens sehr viel häufiger auf der Mondvorder- als auf der Rückseite vor. Wasser ist auf dem Mond allenfalls unter der Oberfläche verborgen.
Der Erforschte
Der Mond wird beobachtet, seit es Menschen gibt, allerdings hat sich die Methodik in den vergangenen Jahrhunderten stark verfeinert. Die ersten Mondkarten wurden im 17. Jahrhundert gezeichnet, eine stammt von Galileo Galilei, die ersten brauchbaren zeichnete der polnische Forscher Johannes Hevelius und veröffentlichte sie 1647. Fortschritte bei der Entwicklung des Fernrohrs wirkten sich umgehend aus, und die Mondkartierung machte große Fortschritte. Der nächste Schritt bestand dann darin, nach dreieinhalb Jahrhunderten Beobachtung Sonden auf den Mond schicken zu können. Die ersten Daten lieferten die drei sowjetischen Lunik-Missionen, die 1959 ihr Ziel erreichten; Lunik 3 machte erstmals Fotos von der Rückseite des Mondes. Viel spektakulärer waren jedoch die bemannten Mondmissionen der USA, die insgesamt zwölf Amerikaner auf den Erdtrabanten brachten. Apollo 11 landete am 20. Juli 1969 und gewann das Wettrennen, das sich die beiden Supermächte USA und UdSSR bis dahin geliefert hatten, und Neil Armstrong sprach die berühmten Worte „That's one small step for a man, one giant leap for mankind“ Sechs weitere Missionen folgten, von denen eine – Apollo 13 – aufgrund eines explodierten Sauerstofftanks scheiterte, so dass der Mond nur umrundet, aber nicht betreten werden konnte. Seit Apollo 17 und damit seit dem Dezember 1972 hat kein Mensch mehr den Mond betreten.
Der Verschwörer
Zwischen 1977 und 1990 fand keine Mondraumfahrt statt. Zeit genug für die Öffentlichkeit, um Zweifel an den bisherigen Erfolgen zu entwickeln, die mit dem Verstreichen der Jahre immer schemenhafter und unglaubwürdiger gerieten. War man wirklich mit Gefährten von der Größe eines Kleinwagens unterwegs gewesen, an Bord eine Elektronik, die von einem regulären Mittelklasse-Mobiltelefon spielend überboten werden konnte? Doch die Zweifel sind unbegründet, und die angeblichen Beweise erweisen sich als schlecht recherchiert. Zudem bleiben die 382 Kilogramm Mondgestein, die die Expeditionen zur Erde brachten, und die Reflektoren, mit deren Hilfe sich noch heute der Abstand Erde-Mond per Lasersignal exakt bestimmen lässt. Doch allmählich kommt die Mondforschung wieder in Schwung. So hat Indien im vergangenen Jahr eine Sonde gestartet, die den Mond zwei Jahre lang umkreisen soll. Auch die NASA hat einen Orbiter losgeschickt, der erst kürzlich in eine Umlaufbahn eingeschwenkt ist. Weitere Sonden sind geplant, und in naher Zukunft steht sogar eine erneute bemannte Mission auf dem Programm. Diese wird nicht allein der Erforschung des Mondes dienen, sondern auch eine Reise zum Mars vorbereiten.
Der Gedichtete
So lange sich der Mensch mit dem Mond beschäftigt, so lange spielt dieser eine Rolle in Literatur, Kunst und Musik. Eines der bekanntesten Beispiele ist Der Mond ist aufgegangen von Andreas Gryphius, erstmals 1771 veröffentlicht und als Volkslied bis heute populär. Gesungen werden meist nur die erste und die letzte Strophe:
Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!
Das Gedicht ist so populär, das es sich auch für Parodien eignet wie jener des Kabarettisten Dieter Hildebrandt, der die Anfangszeile dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl in den Mund legt.
Doch während bei Gryphius der Mond nur als Statist eine Rolle spielt, um die Wohlgefügtheit der Natur zu betonen, die auch ein Jenseits mit einschließt, widmet sich Johann Wolfgang von Goethe 1777 in „An den Mond“ einer direkteren Betrachtung:
Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.
Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.
Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd' ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.
Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Dass man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!
Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!
Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,
Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.
Hier dient der Mond als Metapher, um Freundschaftsgefühle des Erzählers formulieren zu können. Eine bezeichnende Wahl, die den positiven Charakter unterstreicht, der dem Mond für gewöhnlich zugeschrieben wird. Dies gilt auch für das nachfolgende Schlaflied Wer hat die schönsten Schäfchen? von Hoffmann von Fallersleben:
Wer hat die schönsten Schäfchen?
Die hat der gold´ne Mond,
Der hinter jenen Bäumen
Am Himmel droben wohnt.
Er kommt am späten Abend,
Wenn alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Zum Himmel leis´ und still.
Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner blauen Flur,
Denn all´ die weißen Sterne
Sind seine Schäfchen nur.
Sie tun uns nichts zu Leide
Hat eins das and´re gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.
Und soll ich dir ein´s bringen,
So darfst du niemals schrei´n,
Mußt freundlich wie die Schäfchen
Und wie ihr Schäfer sein.
Ein ausgesprochenes Volkslied ist Guter Mond, du gehst so stille, 1848 von Karl W. Ferdinand Enslin geschrieben, dessen Titelzeile allein einem geflügelten Wort nahe kommt:
Guter Mond, du gehst so stille
durch die Abendwolken hin
Deines Schöpfers weiser Wille
hieß auf jene Bahn dich zieh´n
Leuchte freundlich jedem Müden
in das stille Kämmerlein
und dein Schimmer gieße Frieden
ins bedrängte Herz hinein!
Guter Mond du wandelst leise
An dem blauen Himmelszelt,
Wo dich Gott zu seinem Preise
Hat als Leuchte hingestellt
Blicke traulich zu uns nieder
Durch die Nacht aufs Erdenrund.
Als ein treuer Menschenhüter
Tust du Gottes Liebe kund.
Guter Mond, so sanft und milde
glänzest du im Sternenmeer,
wallest in dem Lichtgefilde
hehr und feierlich einher.
Menschentröster, Gottesbote
der auf Friedenswolken thront,
zu dem schönsten Morgenrote
führst du uns, o guter Mond!
Der Gefilmte
Im vergangenen Jahrhundert hat der Mond ebenfalls nichts von seiner Popularität eingebüßt. Eine verständlicherweise große Rolle spielte und spielt er in der Science Fiction. Schon Jules Verne ersann Mitte des 19. Jahrhunderts die Möglichkeit einer bemannten Mondlandung, die bei ihm noch mittels einer gigantischen Kanone vollführt wurde. 1902 verfilmte der Filmpionier Georges Méliès Vernes’ Vision, der viele ähnlich gestalteten Abenteuer folgten. Selbst in Stanley Kubricks Klassiker 2001: Odyssee im Weltall aus dem Jahr 1968 spielen Ereignisse auf der Mondstation Clavius eine entscheidende Rolle. Zum Hauptdarsteller wird der Mond schließlich in der Fernsehserie Space: 1999, die in Deutschland unter dem Titel Mondbasis Alpha 1 lief. Hier wird der Mond durch eine nukleare Kettenreaktion aus der Umlaufbahn getrieben und auf ihm reist eine Schar Kolonisten durch das Weltall. Doch auch die Popmusik steht nicht zurück. Das 1973 veröffentlichte Album The Dark Side of the Moon der britischen Prog-Rock-Legende Pink Floyd hielt sich über Jahrzehnte in den Charts. Der Mondbezug der sozialkritischen Platte ist jedoch in erster Linie ein symbolischer. Nicht vergessen werden darf Michael Jackson, dessen „Moonwalk“ – eine spezielle Tanztechnik – auch weiterhin Kultstatus hat.
Die Immobilie
Wem gehört eigentlich der Mond? Der Weltraumvertrag (Outer Space Treaty) von 1967 verbietet Staaten, einen Eigentumsanspruch auf Weltraumobjekte zu erheben. Dieses Abkommen wurde bis heute von 192 Staaten der Vereinten Nationen ratifiziert und ist damit in Kraft. Allerdings bezieht es sich nicht auf Firmen und Privatpersonen – zumindest nicht ausdrücklich. Um diese mögliche Lücke zu schließen, wurde 1979 ein Folgevertrag entworfen, der aber nicht in Kraft trat. Tatsächlich bietet ein cleverer amerikanischer Geschäftsmann Grundstücke auf dem Mond (und weiteren Objekten im Sonnensystem) zum Kauf an. Rechtlich bindend dürften die Verträge, die er abschließt, jedoch kaum sein.
Ein Deutscher verweist sogar auf ein Schriftstück, nach dem einem seiner Vorfahren der Mond von Friedrich dem Großen geschenkt worden sein soll. Fragt sich nur, ob sich etwas verteilen lässt, was einem zuvor gar nicht gehört hat. Oder um das Sprichwort zu zitieren: Was kümmert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt … Den Erdmond wird das Geschacher ganz sicher nicht kümmern.
Jörg Peter Urbach, wissen.de-Redaktion