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Solarzelle: Erfolgsprinzip mit langer Vorgeschichte
Die verglasten, bläulichen Photovoltaikmodule auf den Dächern vieler Wohnhäuser oder die großen Anlagen auf Freiflächen sind längst ein vertrauter Anblick. Im Jahr 2021 deckten die zwei Millionen in Deutschland verbauten Solaranlagen laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) rund 9,1 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. An sonnigen Tagen können sie kurzfristig sogar zwei Drittel unseres momentanen Stromverbrauchs decken.
Von Einstein zur Selen-Solarzelle
Doch wie wird aus dem Sonnenlicht nutzbarer Strom? Den Grundstein für die Stromgewinnung aus Licht legte bereits 1839 der französische Physiker Alexandre Edmond Becquerel, als er bei Strommessungen im Labor feststellte, dass mehr Strom floss, wenn Licht auf seine Apparatur fiel: Der photoelektrische Effekt war entdeckt – aber noch nicht verstanden. Erst 1905 konnte Albert Einstein den Effekt physikalisch erklären. Er erkannte, dass Licht seine Energie auf Materie übertragen kann.
Wenn ein Lichtteilchen mit einem Atom kollidiert, gibt es einen Teil seiner Energie an das Atom ab. Dadurch werden die Elektronen des Atoms in einen angeregten Zustand versetzt, springen auf ein höheres Energieniveau und können auch ihr Verhalten verändern. Genau dies kommt bei der Photovoltaik zum Tragen. Denn Solarzellen bestehen aus einem Material, das erst durch die Aufnahme von Licht elektrisch leitend wird und Elektronen in Form von Strom abgeben kann.
Dass es solche Materialien gibt, entdeckte bereits 1873 der englische Elektroingenieur Willoughby Smith. Er beobachtete, dass Selen unter Lichteinwirkung Strom leiten und abgeben kann. Daraufhin baute der US-Erfinder Charles Fritts im Jahr 1883 den ersten Vorläufer einer Solarzelle aus Selen und einer dünnen Goldschicht und brachte diese Vorläufer sogar auf Dächern in New York an. Allerdings erreichte diese Selenzelle nur einen Wirkungsgrad von einem bis zwei Prozent – für eine wirtschaftliche Stromerzeugung viel zu wenig. Bis zur Nutzbarkeit der Photovoltaik sollte es noch einige Jahrzehnte dauern.
Elektronen werden mobil
Doch das Prinzip hinter der Selen-Solarzelle ist das gleiche wie in den modernen Photovoltaik-Panelen aus Silizium: Beide Materialien sind sogenannte Halbleiter. Diese sind im Normalzustand nichtleitende Isolatoren, ihre Elektronen sind fest im Gitter gebunden und können daher nicht frei fließen. Sie können aber durch Zuführen von Energie in Form von Licht oder Wärme leitend werden.
Die Energieübertragung sorgt im Halbleiter dafür, dass die im Grundzustand fest gebundenen Elektronen im angeregten Zustand in das sogenannte Leitungsband springen – sie gehen in einen energiereicheren Zustand über, indem sie beweglich werden und sich nahezu frei im Gitter bewegen können. An den Stellen, an denen die Elektronen vorher saßen, bleiben "Löcher" zurück, die eine positive Ladung repräsentieren.
Auf die Dotierung kommt es an
Damit nun aber nutzbarer Strom aus einem solchen Halbleiter fließt, muss man verhindern, dass Elektronen und Löcher wieder zusammenfinden. Dies geschieht durch die sogenannte Dotierung. Dabei werden Fremdatome in das Kristallgitter des Halbleiters eingebaut, die seine elektrischen Eigenschaften beeinflussen. Indem man zwei unterschiedlich dotierte Halbleiter kombiniert, kann man die Ladungstrennung von Elektronen und Löchern fördern. Über an die Solarzelle angeschlossene Elektroden lassen sich die freien Elektronen als Strom ableiten.
Im Jahr 1954 wurden in einem amerikanischen Forschungslabor erstmals Solarzellen aus dotiertem Silizium hergestellt. Sie lieferten bereits genügend Strom, um elektrische Geräte zu betreiben. Der Wirkungsgrad, also der prozentuale Anteil der Sonnenenergie, der tatsächlich in elektrischen Strom umgewandelt wird, lag für diese Zellen anfangs bei sechs Prozent, später erreichten sie rund elf Prozent.
Damit war der Anfang der Photovoltaik gemacht. Allerdings waren die ersten Solarzellen noch so teuer, dass sie kaum Anwendung fanden. Erst mit der Entwicklung effizienterer Herstellungsmethoden und verbesserter Wirkungsgrade wurden die Solarzellen kostengünstiger und wirtschaftlich lohnend.
Vom Silizium zum Perowskit
Heute erreichen kristalline Silizium-Solarzellen Wirkungsgrade von knapp 20 Prozent. Zusätzlich zu dieser gängigsten Form der Photovoltaik sind zudem organische Solarzellen im Einsatz. Bei diesen flexiblen Dünnschicht-Solarzellen werden die Halbleiter als dünne Schicht auf einen Trägerfilm aus Kunststoff aufgedruckt. Die resultierenden Zellen sind leicht, biegsam und können sogar auf dehnbare Textilien aufgebracht werden. Auch diese organischen Solarzellen erreichen inzwischen Wirkungsgrade von rund 20 Prozent.
Als Photovoltaik-Material der Zukunft gelten Perowskit-Halbleiter. Diese bestehen aus kristallinen Verbindungen mit einer bestimmten Gitterstruktur und sind günstiger und energiesparender herzustellen als Silizium-Zellen. Zudem können die kristallinen Dünnfilme dieser Materialien höhere Wirkungsgrade erreichen. Bisher allerdings hapert es an der Haltbarkeit und Langlebigkeit der Perowskit-Solarzellen: Ausgerechnet UV-Strahlung und Hitze vertragen sie schlecht und verlieren daher rasant an Leistung. Wissenschaftler suchen noch nach Lösungen für dieses Problem.
Unabhängig vom Bautyp werden die einzelnen Solarzellen in den gängigen Anlagen zu Solarmodulen zusammengeschaltet. Produziert wird dabei Gleichstrom, der dann in Akkus gespeichert oder von Wechselrichtern in nutzbaren Wechselstrom umgewandelt wird.