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Stichwort Wirtschaftsdetektei. Was steckt dahinter?

Nicht selten befinden sich die Drahtzieher für krumme Geschäfte unter den Mitarbeitern eines Unternehmens.
Sherlock Holmes wurde häufig als Synonym dafür benutzt, um vor dem inneren Auge das Bild eines Detektivs heraufzubeschwören, der gekleidet in schlichtem Braun und mit einer Lupe ausgestattet auf Verbrechersuche geht. Revolutioniert wurde diese Idee der Detektivarbeit durch das Fernsehen, denn dort agieren nun ganz Detektivfamilien und decken – im Auftrag von Privatleuten – Betrügereien auf. Was vor einer medialen Kulisse inszeniert wirkt, ist für manchen Unternehmer heute der letzte Ausweg, um den Betrieb zu erhalten: Zunehmend häufiger werden nämlich sogenannte Wirtschaftsdetekteien bemüht, um in den eigenen Mitarbeiterreihen nach schwarzen Schafen zu suchen.

Wie es in deutschen Unternehmen um die Ehrlichkeit bestellt?

Zur Ausgangssituation wird dieses Bild gezeichnet: „Der deutschen und europäischen Wirtschaft werden Jahr für Jahr Schäden in Höhe mehrerer Milliarden Euro zugefügt durch Datendiebstahl, Industriespionage, Betrug, Wettbewerbsverstöße oder andere Straftaten. Dabei handelt es sich hierbei keinesfalls um Kavaliersdelikte und die Verursacher kommen oftmals aus dem Kreis der eigenen Mitarbeiter.“ (Quelle: http://www.detektiv-tudor.com/wirtschaftsdetektei.html) Grund genug, zunächst einmal die verschiedenen Vergehen näher zu beleuchten.

  1. Das Phänomen „Datendiebstahl“. Erst kürzlich kursierten wieder horrende Zahlen in den Medien: 272 Millionen Passwörter sollen von Cyber-Kriminellen geklaut worden sein, heißt es. Meldungen wie diese sind längst keine Seltenheit mehr. Auch vom Betrug am Geldautomat hört man immer häufiger. Was für die meisten User zunächst ein Schock ist, wird in der Praxis häufig auf organisierte Hacker zurückgeführt. Und vor dem, was Privatverbraucher treffen kann, davor sind auch Unternehmen und Betriebe nicht sicher. Neben dem klassischen Hackerangriff auf Produktions- und Kundendaten, schwingt dabei allerdings noch eine weitere Komponente mit: Nicht selten sind diejenigen, die den Datendiebstahl erst ermöglichen, Mitarbeiter in den Unternehmen, die beraubt werden.
  2. Das Phänomen „Industriespionage“. Laut einer Studie sind rund die Hälfte der Unternehmen in Deutschland bereits Opfer von Industriespionage geworden – und das allein in den letzten zwei Jahren. In 17 Prozent der Fälle wurden sensible Daten ausgespäht, in acht Prozent der Fälle handelte es sich um elektronische Kommunikation. Laut Bitkom handelt es sich um Schäden, die sich auf 51 Milliarden Euro im Jahr belaufen.
  3. Das Phänomen „Betrug“. Mit Blick auf die Gesetzgebung (§ 263 Abs. 1 StGB) lässt sich Betrug wie folgt definieren: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält.“ Um einen Betrugsversuch oder einen Betrug zur Anzeige zu bringen, sind rein rechtlich Beweise nötig, die seitens eines professionellen Detektivbüros auch entsprechend vorgelegt werden.
  4. Das Phänomen „Wettbewerbsverstöße“. Dieser Themenbereich kann gerade in einem Betrieb sehr weit gefasst sein. Die meisten Mitarbeiter sind per Vertrag mit einem Wettbewerbsverbot belegt. Das heißt, dass sie grundsätzlich keine internen Informationen preisgeben dürfen und auch meist nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb noch einer Sperrklausel unterliegen. Andererseits erscheint gerade dieser Bereich offensichtlich vielen Mitarbeitern als äußerst lukrativ, denn der Wettbewerb (sprich: die Konkurrenz) lässt sich verwendbare Informationen durchaus etwas kosten.
  5. In Unternehmen begangene Straftaten. Die Summe der Straftäter in den eigenen Reihen ist größer als von den meisten Betrieben angenommen. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG gehen 48 Prozent der aufgedeckten Straftaten auf das Konto der eigenen Mitarbeiter. Diebstahl und Unterschlagung gehören zu den häufigsten Delikten. Daneben sind vor allem Betrug und Untreue, Geldwäsche, Verletzung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Produkt- und Markenpiraterie, Korruption, Datendiebstahl und Datenmissbrauch sowie schließlich Kartellrechtsverstöße und Manipulation von jahresabschlussrelevanten Informationen die weiteren relevanten Delikte“, heißt es im Ergebnis der Studie.

So arbeiten moderne Wirtschaftsdetekteien

Wirtschaftsdetekteien werden heute direkt von Unternehmen oder entsprechenden Funktionären im Betrieb beauftragt. Meist liegt dem Auftrag ein Verdacht zugrunde, der nicht bewiesen werden kann, oder aber das Unternehmen hat bereits einen möglichen Schuldigen im Visier – doch auch hier fehlen hieb- und stichfeste Beweise. Um diese Beweise zusammenzutragen agieren Wirtschaftsdetektive meist im Undercover-Einsatz. Nicht selten werden sie in den Betrieb eingeschleust und arbeiten dort scheinbar auf einer gewissen Position mit – um direkt im Geschehen Beweise zu sammeln.

Gerade in punkto Beweise haben Wirtschaftsdetekteien diverse Richtlinien zu beachten, denn die von ihnen gelieferten Beweise müssen im Zweifelsfall auch vor Gericht haltbar sein. Gutachten sowie Bild- und Videomaterial gelten dabei als die gängigsten Beweise. Darüber hinaus agieren Detektive in Wirtschaftsdetekteien letztlich auch als Zeugen, wenn die Straftat nachgewiesen werden kann und vor Gericht verhandelt wird.

Eine klare Ausbildungsregelung gibt es im Übrigen für Detektive nicht. Das bedeutet, dass die jeweiligen Ausbildungsanbieter vergleichsweise frei in der Gestaltung der Ausbildungsinhalte sind. Grundsätzlich gehören jedoch diese Aufgaben auch zu den gängigen Ausbildungsinhalten:

  • Aufdeckung von gängigen Straftaten: Diebstahl, Betrug, Unterschlagung
  • Durchführung von Befragungen und Dokumentationen
  • Durchführung von Observationen und verdeckten Ermittlungen
  • Erkennen, Sammeln und Auswerten von Spuren
  • Rechtlicher Rahmen für die Arbeit als Detektiv
  • Strafanträge, Anzeigenbearbeitung, Gerichtsverhandlungen
  • Zusammenarbeit mit Behörden, Polizei und Auftraggebern

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