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Trump-Attentat: Er war nicht der Erste
Am 13. Juli 2024 hält der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania, eine Rede. Hinter ihm halten einige Menschen Schilder mit der Aufschrift „Joe Biden – You are fired“ in die Höhe. Es wirkt wie eine typische Veranstaltung der "MAGA"-Republikaner. Doch dann ertönt ein Schuss, Trump fasst sich verwirrt ans Ohr – dann duckt er sich schnell, denn sein Ohr wurde von einer Kugel gestreift. Die Agenten des Secret Service werfen sich schützend auf den 78-jährigen Ex-Präsidenten.
Kurz bevor Trump von seinen Bodyguards zur gepanzerten Limousine geführt wird, richtet er sich noch einmal auf und reckt seine Faust in die Höhe. Ein Fotograf fängt diese Szene in einem schon jetzt ikonischen Foto des "unerschrockenen" Trump ein. Zu diesem Zeitpunkt ist der Attentäter jedoch bereits tot – vom Secret Service erschossen. Wenig später wird er als der 20-jährige Thomas Brooks aus Pennsylvania identifiziert, seine genauen Tatmotive sind allerdings noch unklar. Weltweit löst das Attentat auf Donald Trump Entsetzen und Empörung aus – auch Trumps Rivale im Wahlkampf, der amtierende US-Präsident Joe Biden, verurteilt die Gewalt kurze Zeit später in einer Ansprache.
Schüsse und Granaten auf US-Präsidenten
Doch Mordanschläge auf Präsidenten oder Präsidentschaftskandidaten sind in den USA keine Seltenheit. Insgesamt gab es in den USA bereits 15 Attentate auf Präsidenten oder Präsidentschaftskandidaten. Die meisten von ihnen sind aber – wie auch der Anschlag auf Trump – nicht geglückt. Der US-Präsident Gerald Ford beispielsweise überlebte sogar zwei Attentatsversuche. Einmal feuert eine Attentäterin die auf ihn gerichtete Schusswaffe nicht ab, beim zweiten Mal verfehlt ihn der Schuss. Der demokratische Präsidentschaftskandidat George Wallace hingegen hat weniger Glück: Er überlebte das beim Wahlkampf auf ihn verübte Attentat zwar, doch einer der Schüsse trifft in die Wirbelsäule und er ist ab da an den Rollstuhl gefesselt.
Auch in jüngster Zeit gab es Angriffe auf einflussreiche US-Politiker. Während Barack Obamas Präsidentschaft etwa schießt jemand auf das Weiße Haus – allerdings waren weder Obama noch seine Frau zu diesem Zeitpunkt zu Hause. Im Jahr 2005 wirft ein Attentäter in Georgien eine Handgranate in eine Menschenansammlung, in der sich der damalige US-Präsident George W. Bush aufhält. Doch auch dabei passiert nichts. Bushs Überleben ist allerdings pures Glück: Die Bombe ist angerostet und explodiert deshalb nicht.
Von Lincoln bis Kennedy
Doch obwohl die meisten Mordanschläge durch den erfolgreichen Eingriff des Secret Service, schnelles Reagieren der Politiker oder eben durch pures Glück vereitelt werden, starben vier Präsidenten in der Geschichte der USA durch Attentate. Als etwa ein Schauspieler den US-Präsidenten Abraham Lincoln in der Loge eines Theaters in den Kopf schießt, stirbt dieser noch in derselben Nacht. Das wohl bekannteste Attentat auf einen US-Politiker bleibt allerdings die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy im November 1963. Der damals amtierende US-Präsident wirbt in Texas für seine Wiederwahl. Bei einer Fahrt im offenen Wagen feuert ein 24-Jähriger zwei Gewehrschüsse auf ihn.
Über den Kennedy-Mord kursieren auch heute noch zahlreiche Verschwörungstheorien. Unter anderem glauben viele, dass hinter dem Mord mehr Leute als der mutmaßliche Attentäter steckten. Einige Leute vermuten hinter dem Mord sogar eine geheime Vereinigung. Die Gerüchteküche um das Attentat brodelt bis heute, tausende Bücher wurden zu diesem Thema veröffentlicht. Doch stichhaltige Beweise gibt es für die teils plausibleren, teils abstrusen Theorien keine.
Nährboden für Verschwörungstheorien
Einige Experten sehen Parallelen zwischen dem politischen Klima zur Zeit des Mords an Kennedy und heute. „Man kann absolut eine Linie ziehen vom Attentat an Kennedy zum Zustand des Landes im Jahr 2023. Also tief gespalten, mit dem festen Glauben vieler, dass es einen „Deep State“ gibt, also eine geheime Regierung, die im Hintergrund die Dinge kontrolliert“, kommentiert der Historiker Stephen Fagin gegenüber der Tagesschau. Auch heute glauben einige US-Republikaner an diese rechtsextremen Verschwörungstheorien.
Nun fürchten viele Politiker und Politexperten, dass das Attentat auf Donald Trump diese Verschwörungsmythen in der amerikanischen Gesellschaft weiter fördert. Schon jetzt kursieren Gerüchte darüber, dass Biden oder andere hochrangige Vertreter der Demokraten hinter dem Attentat stecken. Derartige Vorwürfe könnten das ohnehin schon polarisierte Klima in den USA weiter anheizen. „Dieses abscheuliche Attentat auf Donald Trump wird den Wahlkampf weiter vergiften“, kommentiert auch CDU-Chef Friedrich Merz die Ereignisse.
Auch unter Trump-Gegnern brodelt die Gerüchteküche: Direkt nach dem Attentat war „inszeniert“ nach „Trump“ beispielsweise das zweitpopulärste Thema auf X, früher Twitter. Denn einige Menschen unterstellen dem Ex-Präsidenten, den Anschlag selbst inszeniert zu haben, um sich danach als starken Überlebenden darstellen zu können. Das könnte – so der Vorwurf – besonders seine Chancen im Rennen um die kommende Präsidentschaftswahl im November 2024 verbessern. Auch für diese Theorie gibt es allerdings keine stichhaltigen Beweise.
Bessere Chancen für die Republikaner?
Doch selbst wenn der Anschlag auf Trump nicht inszeniert war: Der rechtspopulistische Republikaner wird vermutlich trotzdem einen Vorteil aus der Situation ziehen. Denn die Geschichte zeigt, dass Anschläge auf Präsidenten oder Präsidentschaftskandidaten deren Ansehen in der Regel eher stärken. Als der damalige US-Präsident Ronald Reagan beispielsweise von einer Pistolenkugel verletzt wurde, half ihm sein Status als Attentats-Überlebender beispielsweise, eine vorher umstrittene politische Agenda durchzusetzen.
Auch Trump stellte sich nur Sekunden nach dem Attentat selbst als starker, durchsetzungsfähiger Politiker dar, indem er kämpferisch seine Faust in die Luft streckte. Ein guter Move? „In einem amerikanischen Wahlkampf ist Bildsprache viel wichtiger als alles, was gesagt wird“, sagt die Politologin Cathryn Clüver Ashbrook zum Deutschlandfunk. Einige Experten vermuten deshalb, dass auch der Anschlag auf Trump seine politische Position im Wahlkampf stärken wird.