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Virtuelle Schaufenster: Wie TikTok und Instagram junge Verbraucher zum Shoppen animieren
Die Macht von Social Media
Früher haben sich Interessenten von Verkaufspersonal beraten lassen oder im Bekanntenkreis nach Erfahrungen gefragt. Leute mit weniger sozialen Kontakten suchten oft mühevoll auf spezialisierten Webseiten nach Informationen, ob ein Produkt seinen Versprechungen gerecht wird. Traditionelle Verkäufer wie Staubsaugervertreter oder Kosmetikberater, die von Tür zu Tür gingen, hatten bei diesen skeptischen Konsumenten kaum eine Chance.
Heute arbeiten Influencer nach einem ähnlichen Prinzip, jedoch mit umgekehrtem Erfolg. Sie erscheinen auf Displays und überzeugen Nutzer von Produkten, die angeblich unverzichtbar sind, um Trends zu folgen. Überraschenderweise funktioniert diese Strategie besonders gut bei Bekleidung, Schuhen und Kosmetikartikeln. Ein wesentlicher Faktor ist, dass Influencer eine Freundschaft mit ihren Followern suggerieren.
Diese Gefolgschaft nimmt die Inhalte nicht als Werbung wahr, sondern als Empfehlungen von Freunden. Diese subtile Form der Werbung wird oft nicht direkt als solche erkannt. Sie spricht zahlreiche Personen an und verstärkt den Wunsch junger Menschen, Teil dieser Community zu sein. Dies illustriert die beträchtliche Macht von Social Media, die in der heutigen Zeit bei der jüngeren Generation einen hohen Stellenwert einnimmt.
Marketingstrategien auf Social Media
Nahezu jedes Unternehmen investiert mehr in Social-Media-Marketing, da sie auf diese Weise am effektivsten an ihre potenziellen Kunden herankommen. Plattformen wie TikTok und Instagram haben sich zu einem zentralen Element der modernen Verkaufsförderung entwickelt. Diese virtuellen Schaufenster mit interaktiven Inhalten, die spezifisch auf Ihre Zielgruppe angepasst werden, haben sich als ideale Marketingstrategie gemausert. Folgende Merkmale sind dabei relevant:
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Einsatz Influencer statt Werbeträgern: Ein wesentlicher Bestandteil dieser Marketingstrategien ist der Einsatz Influencer statt Werbeträgern. Diese Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verfügen über signifikante Followerzahlen und das Vertrauen ihrer Community. Ihre Empfehlungen wirken oft authentischer und überzeugender als traditionelle Werbung. Influencer demonstrieren die Verwendung von Produkten in ihrem Alltag oder in speziellen Kampagnen, was die Produkte greifbar und begehrenswert macht. Das Konzept der "Influencer-Authentizität" spielt dabei eine entscheidende Rolle, da Follower eine persönliche Bindung zu ihnen fühlen und ihren Empfehlungen Glauben schenken.
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Impulskaufförderung durch Verlinkungen: Unternehmen setzen dabei meist auf kurze ansprechende Videos, die emotionale Reaktionen hervorrufen, um ihre Marktpräsenz zu steigern. Die direkte Integration von Kaufmöglichkeiten in Posts, durch sogenannte Shoppable Posts, ermöglicht es Nutzern, Produkte unmittelbar zu erwerben. Dies fördert spontane Käufe durch die einfache und schnelle Handhabung.
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Kaufmotivation durch Rabattcodes: Häufig werden solche Aktionen mit Rabatten kombiniert. Unternehmen entlohnen die Social-Media-Persönlichkeiten nicht nur mit einer festen Vergütung, sondern bieten zusätzlich Provisionen für jeden verkauften Artikel. Die Möglichkeit, durch Rabattcodes zusätzliches Einkommen zu generieren, motiviert Content Creator dazu, Produkte oder Dienstleistungen aktiv zu bewerben. So werden die Follower zum Einsatz des Codes animiert. Der finanzielle Erfolg des Influencers ist dabei direkt an die erfolgreiche Nutzung des Rabattcodes durch seine Anhänger gekoppelt.
Große Modekonzerne wie Shein nutzen Influencer-Marketing besonders effektiv, indem sie es mit umfangreichen Rabattaktionen verknüpfen. Kunden erhalten Shein Gutscheincodes bis zu 80 Prozent, die extrem viele junge Menschen in Anspruch nehmen. Zusätzlich erhalten Trendsetter kostenlose Kleidung, die sie in ihren Videos präsentieren. Da diese als Vorbilder wahrgenommen werden, inspirieren sie unzählige junge Menschen dazu, die gezeigten Produkte nachzukaufen. Der Fast-Fashion-Riese Shein hat diese Strategie perfektioniert und flutet damit seit einigen Jahren Europa mit Billigware, gefördert mit diesen Rabattaktionen.
Psychologische Aspekte des Konsumentenverhaltens
Soziale Medienplattformen wie TikTok und Instagram sind darauf ausgelegt, Bedürfnisse und Wünsche zu stimulieren. Das erreichen sie, indem sie maßgeschneiderte Inhalte bieten, die auf den individuellen Vorlieben und dem Verhalten der Nutzer basieren. Durch ausgeklügelte Algorithmen werden Usern Produkte und Dienstleistungen präsentiert, die ihren bisherigen Interaktionen entsprechen. Diese Personalisierung führt dazu, dass Verbraucher stets Inhalte sehen, die ihre Neugier wecken und ihre Wunschliste erweitern.
Zudem wird das Kaufverhalten stark durch Gruppendynamik und die Suche nach sozialer Anerkennung beeinflusst. Auf Plattformen wie Instagram und TikTok teilen Menschen ihre Lebensstile, Erfahrungen und Käufe, was zu einem Umfeld des Vergleichs und der Nachahmung führt. Wenn Personen in ihrem Netzwerk ein Produkt empfehlen, neigen andere dazu, ihnen zu folgen, um Zugehörigkeit und Anerkennung zu erlangen. Die visuelle und emotionale Darstellung von Produkten durch Influencer verstärkt diesen Effekt. Schlüsselfiguren sind dabei oft Idealbilder für ihre Follower und setzen Standards für Konsum und Lebensstil.
Die ständige Exposition gegenüber idealisierten Lebensstilen kann das Bedürfnis nach Verbesserung des eigenen Status oder der eigenen Ausstattung verstärken. So wird der Druck erhöht, durch Käufe soziale Anerkennung zu erhalten und den vorgelebten Idealen zu entsprechen. Dies führt dazu, dass Konsumenten nicht nur aus Bedarf, sondern auch aus dem Wunsch nach sozialer Integration und Anerkennung kaufen.
Kritische Betrachtung und Herausforderungen
All das führt zu einigen Herausforderungen und Bedenken, die mehr Aufmerksamkeit verdienen. Solche digitalen Anpreisungen bergen potenzielle Risiken für das persönliche Selbstbild der jungen Verbraucher. Viele junge Leute geraten sogar in einen depressionsartigen Zustand. Diese Aspekte sind dabei von entscheidender Bedeutung:
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Negative Auswirkungen auf das Selbstbild und finanzielle Verhalten: Influencer-Marketing kann erhebliche Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die Selbstwahrnehmung junger Menschen haben. Die ständige Konfrontation mit idealisierten Lebensstilen und Körperbildern auf Social-Media kann zu unrealistischen Erwartungen an das eigene Leben führen. Dies kann das Selbstbild negativ beeinflussen, indem es Gefühle von Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit fördert. Zudem können subtile Produktplatzierungen junge Verbraucher dazu verleiten, über ihre finanziellen Verhältnisse hinaus zu konsumieren. Das führt oft zu impulsiven Kaufentscheidungen, die die persönliche oder familiäre Finanzlage belasten.
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Regulatorische Herausforderungen und ethische Bedenken: Auf regulatorischer Ebene stehen Gesetzgeber weltweit vor der Aufgabe, die schnell fortschreitenden Praktiken des Influencer-Marketings zu überwachen. Die Schwierigkeit besteht darin, transparente Richtlinien zu schaffen, die sowohl den Schutz der Verbraucher vor irreführender Werbung gewährleisten als auch die Meinungsfreiheit der Influencer bewahren. Es besteht die Notwendigkeit, klare Kennzeichnungspflichten für gesponserte Inhalte einzuführen, um die Authentizität und Glaubwürdigkeit der vermittelten Nachrichten zu sichern.
Ethische Bedenken ergeben sich aus der oft verschleierten Werbung, die besonders junge und beeinflussbare Zielgruppen trifft. Die Frage der Verantwortung von Influencern und Plattformbetreibern ist zentral. Das gilt besonders für Produkte, die die Gesundheit, das Wohlbefinden oder die finanziellen Entscheidungen beeinflussen. Die Herausforderung liegt darin, eine Balance zwischen effektivem Marketing und dem Schutz der Verbraucher vor potenziell schädlichen Einflüssen zu finden.
Schlussfolgerung
Soziale Medien haben weltweit den Austausch zwischen Menschen verbessert und die Kommunikation optimiert. Diese neu geschaffenen Verbindungen bieten Unternehmen innovative Werbemöglichkeiten. Dennoch liegt eine erhebliche Verantwortung bei den Unternehmen, da der Trend zum Überkonsum erhebliche Umweltverschmutzung nach sich zieht. Firmen sind gefordert, die Integrität und Transparenz ihrer Werbepraktiken zu sichern, um eine nachhaltige und verantwortungsbewusste Konsumkultur zu fördern. Diese Verantwortung betrifft nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Endverbraucher.