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Vom Staubkorn zur Schneeflocke

Er kann die Welt in eine weiße Decke hüllen, Kinderaugen zum Leuchten bringen und gleichzeitig eine Menge Probleme verursachen: Schnee ist ein Element mit vielen Gesichtern. Doch was ist sein Geheimnis? Wir erklären, wie Schneeflocken entstehen – und welche Metamorphosen diese Gebilde mitunter durchlaufen.
DAL / mit Material von Wetter Online, 11.01.2018

So sieht es aus, wenn der Winter richtig zuschlägt.

iStock, FLDphotos

Schnee ist dieser Tage vor allem wegen seiner zerstörerischen Eigenschaften in den Schlagzeilen. Heftige Schneefälle haben in Bayern und Österreich ein regelrechtes Chaos ausgelöst: Ortschaften sind von der Außenwelt abgeschnitten, der Verkehr liegt lahm und es herrscht erhöhte Lawinengefahr. Mehreren Menschen hat das Extremwetter bereits das Leben gekostet.

Wenn Schnee aber nicht gerade derart gravierende Auswirkungen hat, vermag er nicht nur Kinder in seinen Bann zu ziehen. Selbst gestandene Philosophen, Schriftsteller und Forscher fasziniert die "weiße Pracht" seit jeher. "Wir alle kennen die seltsame geometrische Schönheit einer Schneeflocke. Durch eine Lupe betrachtet ist sie geradezu atemberaubend", hat der britische Mathematiker Ian Stewart einmal gesagt. Wie aber entstehen diese Schönheiten eigentlich?

Kleine Kunstwerke: Schneekristallaufnahmen des US-amerikanischen Fotopioniers Wilson Bentley aus dem Jahre 1902.

Public Domain

Ein Eiskristall entsteht

Damit sich Schnee bilden kann, muss die Luft zunächst einmal ausreichend Feuchtigkeit enthalten. Lagern sich Wassermoleküle dann an sogenannten Kristallisationskeimen an – zum Beispiel kleinen Staubpartikeln – und beginnen zu gefrieren, entstehen Eiskristalle. "Damit Schnee entsteht, müssen die Temperaturen in den Wolken etwa minus zwölf Grad betragen", sagt Matthias Habel, Meteorologe beim Wetterdienst "Wetter Online".

Die besondere Geometrie der Eiskristalle lässt sich dabei durch die Eigenschaften der Wassermoleküle erklären: Sie verbinden sich beim Gefrieren miteinander und bilden bedingt durch ihre Form und die Winkel ihrer Bindungen untereinander Sechsecke aus, an deren Ecken weitere Wassermoleküle andocken können. Chemiker nennen die dabei entstehende Struktur "hexagonales Kristallsystem".

Eiskristalle mit gut erkennbarer hexagonaler Struktur

Eine Grundstruktur – viele Formen

Obwohl alle Eiskristalle auf derselben Grundform basieren, können aus ihnen ganz unterschiedliche Gebilde hervorgehen: vom einfachen Plättchen oder Prisma bis hin zur stark verzweigten Eisblume oder Schneeflocke. Letztere entsteht, wenn sich einzelne Kristalle auf ihrem Weg nach unten auf die Erde miteinander verhaken.

Hat eine Schneeflocke einmal den Boden erreicht, beginnt sofort eine unaufhaltsame Verwandlung. Die zuvor noch intakten Eiskristalle verlieren nach und nach ihre Form. Ihre feinen Äste bilden sich zurück, brechen ab oder kleben aneinander. Mit steigenden Temperaturen wird der Schnee zudem feuchter.

Je nach Wetter können Schnee und Eis die unterschiedlichsten Formen annehmen.

Neuschnee, Harsch und Gletschereis

Durch wiederholtes Schmelzen und Gefrieren kann sich pulvriger Neuschnee in sogenannten Nassschnee verwandeln. Dieser geht durch weitere Schmelz- und Gefrierzyklen in eine kompakte Eisschicht über – den Harsch. Schnee, der mindestens ein Jahr alt ist und eine besonders hohe Dichte aufweist, wird Firn genannt.

Aus ihm kann unter bestimmten Bedingungen Gletschereis entstehen. In dieser dicht gepressten Schicht beträgt der Luftanteil mitunter nur noch zwei Prozent. In Neuschnee dagegen macht Luft rund 90 Prozent des Volumens aus.

Dieser etwa zwei Jahre alte Firn weist noch einen Luftanteil von 20 bis 30 Prozent auf.