wissen.de Artikel
Wie kann Olympia nachhaltig werden?
Seit Freitag, dem 26. Juli 2024, laufen die Olympischen Sommerspiele in Paris. Hier kämpfen Sportler wie alle vier Jahre im Segeln, Schwimmen oder Hochsprung um die Goldmedaille. Dieses Jahr treten nicht nur über 10.000 Athleten in insgesamt 32 Sportarten gegeneinander an, es werden auch über 300.000 Zuschauer im Stadion erwartet und insgesamt vier Milliarden Zuschauer weltweit. Das macht die Olympischen Spiele zu einem der größten Sportereignisse der Welt.
Wie viele Emissionen verursachen die Olympischen Spiele?
Doch die schiere Größe der Olympischen Spiele macht die Sportveranstaltung nicht nur zur beliebtesten, sondern auch zu einer der emissionsintensivsten Veranstaltungen der Welt – der durchschnittliche Olympia-CO2-Fußabdruck beträgt etwa 3,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, wie Forschende ermittelte haben. Das entspricht etwa den jährlichen Emissionen von über 750.000 Haushalten.
Eine der Ursachen für die hohen Emissionswerte von Olympia ist der immer wechselnde Ausrichtungsort der Olympischen Spiele – viele der Veranstalter haben diese noch nie oder schon seit langer Zeit nicht mehr ausgerichtet und errichten deshalb komplette olympische Dörfer oder renovieren verfallene Stadien – die Bauprojekte verbrauchen fast 34 Prozent der Gesamtemissionen. Ein weiteres Drittel verursachen die per Flugzeug, Bus und Bahn nach Paris reisenden Zuschauer und Athleten.
Olympische Spiele wollten nachhaltiger werden
Doch die Olympischen Spiele sind international beliebt. Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit, könnten dementsprechend viele Menschen inspirieren. „Zusammen mit ihrer außergewöhnlichen Sichtbarkeit bieten die Olympischen Spiele eine einzigartige Plattform, um ein globales Publikum zu erreichen und könnten als Modell für Städte, Länder und andere Veranstaltungen weltweit dienen“, betont Martin Müller von der Universität Lausanne.
Auch au diesem Grund hat das Internationale Olympische Komitee in seiner Agenda 2020 Ziele zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz festgelegt, die bestimmen, wie nachhaltig die Spiele sein sollen. Dieses Jahr sind die olympischen Nachhaltigkeitsziele besonders ambitioniert. „Paris 2024 hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-ärmsten Olympischen und Paralympischen Spiele der modernen Geschichte zu organisieren“, erklärt Sylvain Waserman, Präsident der französischen Agentur für Umwelt und Energie ADEME.
Die Nachhaltigkeitsziele von Olympia
Um dies zu erreichen, nutzen die Ausrichter verschiedene Ansätze. Unter anderem verwendeten sie für den Bau der Stadien und Athletendörfer kohlenstoffarme Bautechniken, wie kohlenstoffarmen Beton und recycelte Materialien. Das allein reduzierte die Emissionen ihren Angaben zufolge pro Quadratmeter im Athletendorf um 30 Prozent. Außerdem stellten sie die Stromversorgung der Spiele auf Erneuerbare Energien um und führten eine Verpflegung auf Basis von pflanzlichen, lokalen und saisonalen Produkten für die Athleten ein.
Doch auch trotz all dieser Bemühungen schätzen Experten den CO2-Fußabdruck der Olympischen Spiele 2024 auf 1,58 Millionen CO2. Um diese Menge an Treibhausgasen „durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen, investieren die Veranstalter in Projekte zur Vermeidung und Bindung von Kohlenstoffemissionen, beispielsweise in den Bau von Solarkraftwerken in Senegal und Vietnam – sogenannte CO2-Kompensationen.
Die Veranstalter sind von ihrem Erfolg überzeugt. „Vor sechs Jahren hat sich Paris 2024 das ehrgeizige Ziel gesetzt, den CO2-Fußabdruck der Spiele zu reduzieren. Einen Monat vor den Spielen und nach jahrelanger Arbeit sind wir dort, wo wir sein wollten, mit reduzierten und kontrollierten CO2-Emissionen in allen Teilen der Organisation“, kommentiert Tony Estanguet, der Chef des Olympia-Organisationskomitees.
Wie die Olympischen Spiele nachhaltiger werden könnten
Doch ob der Plan von nachhaltigen Olympischen Spielen tatsächlich aufgeht, ist noch offen. Zum einen lässt sich die Menge an emittiertem CO2 erst nach den Spielen berechnen, denn erst dann liegen beispielsweise die Daten der Fluggesellschaften bereit, die verraten, wie viele Menschen nach Paris angereist sind. Zum anderen ist der Erfolg von der geplanten nachträglichen CO2-Kompensation häufig schwer nachzuvollziehen. „Die CO2-Kompensation ist von Problemen und Misserfolgen geplagt“, kommentiert der Politologe Robert Watt. Auch aus diesem Grund zweifeln viele Experten daran, ob nachhaltige Großveranstaltungen überhaupt möglich sind.
Eine Studie der Universität Lausanne widerspricht diesen Zweifeln allerdings. Laut den Forschern müsste sich vor allem die Besucherzahl von Olympia verkleinern, um die Großveranstaltung nachhaltig zu gestalten, da so die durch die Anreise verursachten Emissionen schrumpfen. Des Weiteren müssten die Olympischen Spiele immer in denselben Städten stattfinden – dann wäre die erforderliche Infrastruktur bereits vorhanden und es wären nur minimale Anpassungen und Renovierungen an den jeweiligen Städten nötig.
Derzeit gibt es laut den Forschenden starken Widerstand gegen solche Reformen. Einige fürchten, dass durch die Verkleinerung der Spiele auch deren Einnahmen sinken oder, dass die Begrenzung der Spiele auf wenige Orte die universelle Anziehungskraft der Olympischen Spiele verringern könnte. Solange diese Maßnahmen jedoch nicht ergriffen werden, kann die Veranstaltung laut den Forschenden keine wahren nachhaltigen Zukunftsaussichten inspirieren und beeinflussen.