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World Wildlife Day

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Auch mehr als 30 Jahre nach Verabschiedung des Washingtoner Artenschutzabkommens floriert der Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Je seltener sie sind, desto höher ihr Marktwert. Um der Welt dessen Auswirkungen vor Augen zu führen, haben die Vereinten Nationen den 03. März zum "World Wildlife Day", den internationalen Tag des Artenschutzes, erklärt. Jedes Jahr gibt er Anlass, das Erreichte zu bilanzieren und sich neue Ziele zu setzen.

 

Hai und Meeresschildkröte
NOAA

Für das Bundesinstitut für Naturschutz (BfN) steht der Tag des Artenschutzes 2014 ganz im Zeichen von Haien, Holz und Handel. Der unkontrollierte Fang von Haien für Fischfilets und Gesichtscremes und der massive Raubbau an tropischen Baumarten für Parkettböden, Möbel oder Musikinstrumente bedrohen nach Ansicht des BfN die Arten weiterhin in ihrer Existenz. „Diese naturzerstörerischen Aktivitäten müssen ein Ende finden“, mahnt Beate Jessel, Präsidentin des BfN. “Deshalb müssen wir unsere Bemühungen intensivieren, den internationalen Handel mit gefährdeten Tieren und Pflanzen, ob aus den Weltmeeren oder den Tropenwäldern, legal und nachhaltig zu gestalten."

10.000 Tonnen Haifischflossen

Die meisten internationalen und regionalen Fischereiabkommen sehen keine konkreten Schutzbestimmungen für bedrohte Haiarten vor. Im vergangenen Jahr wurden mehrere Arten in das CITES-Abkommen aufgenommen, das im September 2014 in Kraft tritt. Schutz und Nutzung dieser Arten können nun erstmals international besser kontrolliert werden.

Ungeschützt ist bislang auch der in der Nordsee vorkommende Heringshai (Lamna nasus). Als Meeresfilet vom „Kalbsfisch“ oder „See-Stör“ gehandelt kommt er auch auf den deutschen Mittagstisch. „Die ungebremste Nutzung der Bestände dieser Art, vor allem auch für den europäischen Markt, hat den Bestand des Heringshaies im Nordostatlantik bereits an den Rand der Ausrottung gebracht“, sagt Jessel.

Allerdings: Für die Herstellung von Medizin, Kosmetika, Lederwaren, Schmuck oder Nahrungsmitteln werden vielfach nicht genau identifizierte oder gefährdete Hai-Arten verwendet. Und das in mindestens 30 verschiedenen Produkten, wie Untersuchungen des BfN zeigen. Die Hauptexporteure dieser Meeresfische sind nach Angaben der EU-Kommission Namibia, Belize, USA, Vietnam und Japan. Allein im Jahr 2013 wurden mehr als 10.000 Tonnen Haifischflossen in die EU eingeführt.

Tropenholz: Illegaler Einschlag und Handel floriert

Auch der Handel mit illegal eingeschlagenem Tropenholz floriert noch immer. 2013 wurden zwar mehr als 200 Palisander- und Ebenhölzer in das CITES-Abkommen aufgenommen, darunter alle Palisander- und Ebenholzarten aus Madagaskar. Diese Arten werden aber wegen ihrer attraktiven Farbe und hervorragender Holzeigenschaften international stark gehandelt - sowohl legal als auch illegal. Vor allem zur Herstellung von Furnieren, Musikinstrumenten und Möbeln werden sie verwendet. Die Bestände der meisten Arten sind mittlerweile übernutzt und werden international als gefährdet eingestuft.

Der Schutz der Palisander- und Ebenhölzer kann jedoch nur gelingen, wenn diese Holzarten im Handel auch erkannt werden. Deshalb führt das BfN spezielle Erkennungskurse sowohl für Zöllner aus Deutschland als auch aus anderen Staaten durch. In diesem Jahr wird zudem ein Kooperationsprojekt mit dem wichtigsten Holz importierenden Staat China durchgeführt.  „Das BfN arbeitet an Lösungen für einen besseren Schutz und die nachhaltige Nutzung von Tropenhölzern aktiv mit“, erklärt Jessel. So entwickeln Artenschutzexperten etwa Systeme, mit denen der Weg des Holzes vom Einschlagsort bis hin zum Einfuhrhafen lückenlos und international verfolgt werden kann.

Reptilienhandel bringt jährlich 31 Millionen Euro

Das Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung widmet seine Aufmerksamkeit dieses Jahr ganz den Schlangen. Für exklusive Taschen, Schuhe oder Gürtel importiert die europäische Modeindustrie jährlich hunderttausende Reptilienhäute aus Südostasien. Allein knapp 160.000 Netzpython-Häute werden pro Jahr aus Indonesien exportiert. Gleichzeitig werden jährlich wildlebende Pythons und Reptilien im Wert von 31 Millionen Euro gehandelt.

Laut dem CITES-Abkommen ist der Handel mit Netzpythons zwar legal, unterliegt aber einem bestimmten Genehmigungsverfahren und einer Quotenregelung. Und genau da liegt das Problem. Oft werden Zertifikate gefälscht oder bei ausgeschöpfter Quote die Häute einfach ins Nachbarland geschmuggelt. Will man jedoch den Handel mit Wildressourcen nachhaltig gestalten, muss kontrolliert werden, aus welchem Ökosystem in welcher Zeit wie viele Tiere einer Art entnommen werden.

Schlangen als Ware
Mark Auliya

Ein Barcode für die Schlange

Wie lässt sich also zweifelsfrei feststellen, welche Tiere aus welcher Region stammen? Dazu wollen Mark Auliya und sein Team vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig den genetischen Fingerabdruck des Erbgutes der Tiere nutzen. Anhand von Gewebeproben aus den Schlangenhäuten wollen sie zunächst herausfinden, wo die genetischen Unterschiede zwischen den einzelnen Populationen auf Sumatra, Borneo, den Molukken und all den anderen Inseln Indonesiens liegen.

Dadurch soll es möglich werden, auch optisch gleich aussehende Populationen voneinander unterscheiden zu können. „Wir wollen so jeder Python-Population eine Art Barcode geben, sodass wir dann bei Kontrollen erkennen können, woher ein Exemplar stammt und nicht Gefahr laufen, ganze Inselpopulationen zu verlieren“, erklärt der Reptilien-Experte. In ein paar Jahren könne der Zoll auf dieser Grundlage genetische Schnelltests durchführen, um die Angaben zur Herkunft zu überprüfen.

„Trauriger weise nimmt Deutschland als Hauptimporteur von lebenden exotischen Reptilien in der EU eine führende Rolle innerhalb des internationalen Reptilienhandels ein“, beklagt Auliya. Doch die Politik scheine die Dringlichkeit schärferer Kontrollen im internationalen Handel mit bedrohten Tierarten zu erkennen. Laut neuem Koalitionsvertrag soll nicht nur der Handel und die private Haltung von exotischen Tieren und Wildtieren nun bundeseinheitlich geregelt werden. Auch Importe von Wildfängen in die EU sollen grundsätzlich verboten und gewerbliche Tierbörsen für exotische Tiere untersagt werden.

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