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Albert Einstein: 1905 – das “annus mirabilis“

Dirk Soltau

Und wenn es den Äther doch nicht gibt?

Als der junge Einstein im Berner Patentamt saß und nach Feierabend über die Konsequenzen des Michelson-Morley Experimentes nachdachte, war er weder der erste noch der einzige, der nach einer Erklärung suchte. Immerhin waren seit dem Experiment schon mehr als 15 Jahre vergangen. Zwei Physiker waren der Lösung sehr nahe gekommen: Jules Henri Poincaré (1854-1912) in Paris und Hendrik Antoon Lorentz (1853-1928) im niederländischen Leiden. Lorentz hatte vorgeschlagen, das Messergebnis folgendermaßen zu erklären: Die Lichtgeschwindigkeit in Bewegungsrichtung des Michelson-Apparates ändert sich zwar, aber die Änderung lässt sich nicht messen. Die Ausdehnungen in Bewegungsrichtung werden um einen bestimmten Faktor verkürzt aber Zeitabstände werden um den gleichen Betrag verkürzt. Dividiert man nun Abstände und Zeitabstände, um eine Geschwindigkeit zu berechnen, so „kürzt“ sich der Verlängerungsfaktor heraus, und man misst immer denselben Wert für die Lichtgeschwindigkeit. Dieser Faktor wurde von Lorentz angegeben und kann mit einem Taschenrechner leicht berechnet werden:

factor =

Damit war die Äthertheorie in einem gewissen Sinne gerettet, die Anschaulichkeit gewahrt und die Messung mit einem Rechentrick erklärt.

Der radikale Schritt, den Einstein in Bern tat, und den zu gehen keiner vorher gewagt hatte, bestand nun darin, der Misere direkt ins Auge zu schauen: Es gilt zwei Wahrheiten zu akzeptieren, die dem „gesunden Menschenverstand“ widersprechen:

  • Es gibt keinen Äther. Licht braucht kein Medium, um sich auszubreiten.
  • Die Lichtgeschwindigkeit ist in jedem Labor oder Raumschiff dieselbe, egal ob sich die Lichtquelle auf den Beobachter zubewegt oder nicht.

Das Michelson-Experiment muss in seiner ganzen Kompromisslosigkeit akzeptiert werden. Das Licht verhält sich nicht nur so „als ob es keinen Äther gäbe“. Wir müssen daraus schließen, dass es tatsächlich keinen Äther gibt. Und damit wird es niemals möglich sein festzustellen, ob wir uns relativ zum Universum bewegen oder das Universum relativ zu uns!

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