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Interview: Gebärdensprache
Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Gestik und Mimik
"Die etwa 80.000 gehörlosen Menschen in Deutschland stellen eine eigene kulturelle Minderheit dar", erklärt der sympathische junge Mann gleich zu Beginn unseres Gesprächs über die Gebärdensprache. "Wir haben eigene Sportvereine, eine eigene Olympiade, die Deaflympics, aber vor allem definieren wir uns über unsere Sprache. Da gibt es das Gebärdensprachtheater oder das Gebärdensprachfestival in Berlin", zählt die Stimme von Susann Schmidt auf, die Gestik und Mimik ihres Gegenübers beinah zeitgleich in gesprochene Sprache überträgt.
Beobachtet man dieses eingespielte Team, wird schnell klar, was Stephan Straßer meint, wenn er sagt: "Die Kommunikation untereinander ist für uns Gehörlose ungemein wichtig. Denn nur hier klappt sie problemlos, während Hörende unsere Sprache nicht verstehen und wir eben nicht hören können." Das lautlose Gebärdenspiel zwischen Susann Schmidt und Stephan Straßer hat wenig mit der eher willkürlichen Gestik und Mimik einer Pantomime zu tun, die sich dem Betrachter meist situativ erklärt. Bei der Gebärdensprache der Gehörlosen handelt es sich vielmehr um ein ausgeklügeltes System aus Zeichen und Gesichtsausdrücken, das zu erlernen mindestens drei bis vier Jahre dauert. Und selbst dann bewegt man sich noch lange nicht auf demselben Niveau wie Stephan Straßer, sondern eher auf dem eines Englischschülers in der achten Klasse.