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Interview: Gebärdensprache

Stephan Straßer ist vom Videodreh noch ein wenig außer Atem. Und das ist auch kein Wunder, denn wenn der 35-Jährige spricht, dann tut er das mit vollem Körpereinsatz. Auch um fünf kurze Sätze für ein wissen.de-Ratespiel auf Facebook zu formulieren, setzt er voll auf Gestik und Mimik. Straßer ist gehörlos und beherrscht die deutsche Gebärdensprache in ziemlicher Perfektion. Denn sie ist nicht nur seine Muttersprache, sondern auch sein Beruf. Der Münchner ist Gebärdensprachdozent und leitet seit Juli 2010 die Gebärdensprachschule des Gehörlosenverbands München und Umland. Wie wichtig Gestik und Mimik für Leute wie ihn sind, wieso es in jedem Land eine eigene Gebärdensprache, ja sogar Dialekte gibt und was ihre Sprache von der der Hörenden unterscheidet, erklärt Straßer wissen.de zum Tag der Gehörlosen in einem Interview. Ohne seine Gebärdensprachdolmetscherin Susann Schmidt wären wir angesichts der rasend schnellen Wechsel in Straßers Gestik und Mimik völlig aufgeschmissen gewesen.
von Susanne Böllert, wissen.de

Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Gestik und Mimik

Ein eingespieltes Team: Die Gebärdensprachler Susann Schmidt und Stephan Straßer
wissenmedia, Gütersloh

"Die etwa 80.000 gehörlosen Menschen in Deutschland stellen eine eigene kulturelle Minderheit dar", erklärt der sympathische junge Mann gleich zu Beginn unseres Gesprächs über die Gebärdensprache. "Wir haben eigene Sportvereine, eine eigene Olympiade, die Deaflympics, aber vor allem definieren wir uns über unsere Sprache. Da gibt es das Gebärdensprachtheater oder das Gebärdensprachfestival in Berlin", zählt die Stimme von Susann Schmidt auf, die Gestik und Mimik ihres Gegenübers beinah zeitgleich in gesprochene Sprache überträgt.

Beobachtet man dieses eingespielte Team, wird schnell klar, was Stephan Straßer meint, wenn er sagt: "Die Kommunikation untereinander ist für uns Gehörlose ungemein wichtig. Denn nur hier klappt sie problemlos, während Hörende unsere Sprache nicht verstehen und wir eben nicht hören können." Das lautlose Gebärdenspiel zwischen Susann Schmidt und Stephan Straßer hat wenig mit der eher willkürlichen Gestik und Mimik einer Pantomime zu tun, die sich dem Betrachter meist situativ erklärt. Bei der Gebärdensprache der Gehörlosen handelt es sich vielmehr um ein ausgeklügeltes System aus Zeichen und Gesichtsausdrücken, das zu erlernen mindestens drei bis vier Jahre dauert. Und selbst dann bewegt man sich noch lange nicht auf demselben Niveau wie Stephan Straßer, sondern eher auf dem eines Englischschülers in der achten Klasse.