Wladimir Klitschko gilt vielen Experten als eines der größten Talente des Schwergewichtsboxens. Geboren am 25.3.1976 in Semipalatinsk, also erst 26-jährig, steht der Olympiasieger von Atlanta (1996) und Profi-Weltmeister im Schwergewicht (Version WBO) unmittelbar vor seiner größten Herausforderung: einem Fight gegen den als stärksten Boxer der Welt eingeschätzten britischen Weltmeister Lennox Lewis (Versionen WBC, IBF, IBO). Zuletzt hat der Ukrainer, der zusammen mit seinem älteren Bruder Vitali dem Hamburger Universum-Boxstall angehört, in Atlantic City den Amerikaner Ray Mercer durch Technischen K.O. in der sechsten Runde besiegt. Der “kleine Klitschko” hat in seiner Profilaufbahn 40 Kämpfe bestritten, von denen er nur einen verlor. 36 seiner Kämpfe hat Wladimir, der in Sportwissenschaften promoviert, durch K.O. gewonnen. Weltmeister Lewis lehnt einen Kampf gegen ihn derzeit ab. wissen.de sprach mit Wladimir Klitschko, unmittelbar nachdem er den Film “Ali” über den Boxchampion Muhammad Ali gesehen hatte.
“Der Ring sieht überall gleich aus”
Herr Klitschko, Sie haben in diesen Tagen die Filmbiografie von Muhammad Ali im Kino gesehen: Wie hat Ihnen der Film gefallen?
Klitschko: Ich muss sagen, dass der Film vom Schauspielerischen her gut gemacht ist, Will Smith hat sehr gut gespielt. Die Bilder sind gut gedreht, der Sound, die Musik sind sehr gut. Es wird richtig gutes Boxen gezeigt. Das Charisma von Ali kann man aber nicht spielen, außerdem reicht die Filmlänge nicht aus, um die Lebensgeschichte von Muhammad Ali darzustellen.
Welche der Eigenschaften von Muhammad Ali hätten Sie gerne?
Klitschko: Am Anfang habe ich ihn zwar ein wenig laut gefunden, aber es ist schon ein scharfer und präziser Humor, der ihn auszeichnet. Jeder Mensch hat positive und negative Seiten, auch Muhammad Ali hat sicher schlechtere Seiten gehabt, wie jeder Mensch, aber über die will ich nicht sprechen. Eine rein sportliche Sache ist, wie schnell er sich im Ring bewegt hat. Und sein schauspielerisches Talent, das er besitzt, d.h. gute Witze zu machen und das im richtigen Moment zu verkaufen. Das ist etwas, was man sich von ihm abschauen kann.
Der Universum-Boxstall will mit den Klitschko-Brüdern Kämpfe in den USA veranstalten. Sie haben dort bereits erfolgreich geboxt. Was ist in amerikanischen Boxringen anders als in Europa, was ist der typisch amerikanische Boxstil?
Klitschko: Typisch amerikanisch ist es, mit viel Power nach vorne zu marschieren, na ja. Die Europäer setzen ihre Technik dagegen, mit Abwarten und so.
Was antworten Sie einem Amerikaner, der behauptet, wenn Sie auf einen amerikanischen Boxer der Spitzenklasse stoßen oder auf den britischen Weltmeister Lennox Lewis, dann sähen Sie alt aus?
Klitschko: Das Alter spielt verschiedene Rollen. Auf der einen Seite wird man langsamer, auf der anderen Seite hat man mehr Routine und weiß, was man machen muss. So wie “Kaiser” Beckenbauer: Als er jung war ist er hin und her gelaufen, dann – am Ende der Karriere – hat er mehr auf seine Erfahrung gebaut und war zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle, und hat genau das Richtige getan, ohne sich viel zu bewegen.
Sie haben Recht Herr Klitschko, aber wir haben uns falsch verstanden: Wenn ein amerikanischer Boxexperte meint, Sie sähen in einem Kampf gegen Holyfield, Tyson oder Lewis schlecht aus. Was antworten Sie?
Klitschko: (Pause) …Falsche Meinung!
Können Sie das begründen?
Klitschko: Der Ring sieht überall gleich aus, ob in Europa, Japan oder Amerika. Es kann nicht sein, dass man sich in Amerika im Ring anders fühlt.
Wann kommt es zum großen Fight gegen Lewis, Tyson oder Holyfield?
Klitschko: Es ist noch nicht entschieden, was Lewis machen wird, gegen wen er kämpft usw. Ich weiß noch nicht mal, wann mein nächster Kampf ist, wahrscheinlich im November oder Dezember, das steht noch nicht fest.
Bei einer anderen Gelegenheit haben Sie gesagt, ein Boxkampf wird fast ausschließlich mental – d.h. im Kopf – entschieden. Was meinen Sie damit?
Klitschko: Ich meine damit, dass es sein kann, dass man technisch sehr stark ist und große Schlagkraft hat. Aber wenn man vor einem Kampf im Kopf nicht stark ist, kann man nur mit reiner Schlagkraft nichts machen. Es ist wie in der Schule: Man kann sich sehr gut vorbereiten auf eine Prüfung, aber wird man zu nervös, dann vergisst man alles.