Er ist einer der bekanntesten und bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Gegenwart - Martin Walser. Als Romancier und Erzähler, Dramatiker und Essayist hat sich der literarische Allrounder zu Weltruhm geschrieben. Walser war Gastdozent an deutschen und amerikanischen Universitäten und wurde in der Bundesrepublik mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Ob zeitkritischer Roman oder engagiertes Schauspiel, ob politisches Statement oder provokante Rede: Martin Walser sorgt stets für zündenden Gesprächsstoff.
Ein Mann des Südwestens
Im Gasthof Walserhof in Wasserburg am Bodensee am 24. März 1927 geboren, aufgewachsen an der Nahtstelle von weitem Ober- und fjordartigem Überlinger See, muss Walser schon als 11-Jähriger nach dem frühen Tod des Vaters in der Wirtschaft und im angeschlossenen Kohlenhandel zupacken. In Lindau besucht er die Oberschule, bis der junge Walser in die Wirren des Zweiten Weltkriegs gerät: 1943 wird er als Flakhelfer eingezogen. Das Ende der Nazi-Ära erlebt Walser im Arbeits- und Wehrdienst, von dem er mit vier Kameraden desertiert. Im Jahr 1945 kommt er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, ehe er 1946 das Abitur nachholen kann.
Die Lektüre von Hölderlin, Schiller und Kafka brachte Walser zur Literatur - als Studienfach wählte er jedoch zuerst die Theologie. 1946 studiert Walser erst in Regensburg, dann in Tübingen auch Literaturwissenschaften, Philosophie, Psychologie und Anglistik. 1951 beendete er das Studium mit einer Promotion über die epische Dichtung Franz Kafkas. Bereits während des Studiums beginnt er Kabaretttexte zu schreiben, spielt im Tübinger Studententheater mit - und bekommt mit dieser Visitenkarte seinen ersten Job in der Medienwelt als Reporter und Redakteur beim Süddeutschen Rundfunk.
Vom Start ins professionelle Schriftsteller-Leben erzählt eine Anekdote: Walser, inzwischen junger Reporter beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart, wird im Oktober 1951 zu einer Tagung der “Gruppe 47” geschickt. Dieser erstmals 1947 vom Autor Hans Werner Richter eingeladene Kreis deutscher Schriftsteller stellte in jährlichen Zusammenkünften seine aktuellen literarischen Erzeugnisse zur Diskussion. Richter besucht den Reporter im Übertragungswagen während einer Dichterlesung und fragt, wie es denn laufe. Walser antwortet: “Technisch einwandfrei. Aber was da gelesen wird, das kann ich besser.” Zwei Jahre später wird er zur “Gruppe 47” eingeladen – und erst einmal wegen seiner zu stark an Kafka orientierten Texte von den Schriftsteller-Kollegen verrissen.