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Wahlkampf und Wahlverfahren
Um sich um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu bewerben und es dann gar auszuüben, bedarf es der Kondition und der Motivation eines Marathonläufers. Der Politikwissenschaftler Peter Lösche skizziert den beschwerlichen Weg der Kandidaten und die Mitwirkung der Wahlbevölkerung. Wir entnehmen den Beitrag mit freundlicher Genehmigung der Bundeszentrale für politische Bildung dem gerade aktualisierten Heft der Informationen zur politischen Bildung "Politisches System der USA".
Die Karrieren US-amerikanischer und europäischer bzw. deutscher Politiker unterscheiden sich erheblich, gerade auch die der Chefs der Exekutive. Für Deutschland ist die "Ochsentour" typisch. Eine Person ist in der Regel jahrzehntelang in der Politik tätig als Gemeinderats-, Landtags-, Bundestagsmitglied, als Ministerpräsident, Minister, stellvertretender Parteivorsitzender und hat anschließend die Funktion des Fraktions-, schließlich des Parteivorsitzenden inne, um dann endlich Kanzlerkandidat zu werden - und, mit Glück und Geschick, auch Kanzler. Politische Erfahrung zählt also.
Anders in den USA, dem Land der Seiteneinsteiger. Natürlich wird jeder Präsidentschaftsaspirant (ein wenig) politische Erfahrung mitbringen, aber die zählt nicht so sehr wie die Qualität, ein glänzender Wahlkämpfer zu sein. Denn in den Vereinigten Staaten ist ein Kandidat weitgehend auf sich selbst gestellt. Das erste, was ein Politiker in den USA tut, um als Präsidentschaftskandidat seiner Partei nominiert zu werden, ist, eine persönliche Wahlkampforganisation ihm ergebener und von ihm bezahlter Wahlhelfer und Wahlkampfexperten aufzubauen.
Spätestens vier Jahre vor dem eigentlichen Wahltag beginnt heutzutage für einen Bewerber um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Wahlkampf. Er sammelt Spenden, knüpft ein landesweites politisches Netzwerk, heuert Wahlkampfprofis an. Es folgen dann weitere Stationen: die Erklärung zum offiziellen Bewerber (ein oder zwei Jahre vor der Wahl), der innerparteiliche Vorwahlkampf im Jahr vor der ersten Vorwahl, innerparteiliche Vorwahlen von Januar bis Juni im Wahljahr. Schließlich folgt der Hauptwahlkampf von September bis Oktober. Bei dem wird der Kandidat dann allerdings heutzutage kräftig von seiner Partei unterstützt.