Lexikon

Konstitutionalsmus

[
lateinisch
]
eine politische Idee, die die Staatsorgane, auch das Staatsoberhaupt, an bestimmte, meist geschriebene Rechtsvorschriften (Verfassungsurkunde, Konstitution) bindet. Ausgehend von der Gewaltenteilungslehre von J. Locke und Montesquieu, den Grundsatz der Verfassungsurkunde (Konstitution) nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten (Verfassung von 1787) und der Französischen Revolution (Verfassungen von 1791, 1793, 1795) übernehmend und die Vorstellung von Menschenrechten (Menschenrechtserklärung von 1789) in diejenige von staatlich gewährten Grundrechten umprägend, hat sich diese Strömung vor allem gegen den Absolutismus und die Restauration gewandt.
In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gingen die europäischen Staaten (Ausnahme: England) zum Erlass von Verfassungsurkunden über. Die Deutsche Bundesakte von 1815 machte die Einführung landständischer Verfassungen sogar zur Pflicht. Teilweise wurden diese Verfassungen einseitig vom Landesherrn erlassen. So erhielten z. B. Sachsen-Weimar 1816, Preußen 1850, das Deutsche Reich 1871 Verfassungen. Der Monarch wurde in seinen Rechten durch die zunehmenden Kompetenzen der Parlamente beschränkt. Dem Monarchen verblieben neben der allgemeinen Staatsrepräsentation zuletzt nur noch Rechte auf dem Gebiet des Auswärtigen und der Militärgewalt.
In der zweiten Epoche des Konstitutionalismus ging es vor allem um die Durchsetzung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit. Sie gewann an Boden durch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (kein Eingriff in Freiheit und Eigentum ohne gesetzliche Grundlage), durch die Beschränkung der Polizeigewalt (Abtrennung der „Wohlfahrtspflege“) sowie durch die allmähliche Ausgestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit (zuerst in Baden, zuletzt nach dem 1. Weltkrieg in Mecklenburg). Die vom Konstitutionalismus vertretenen Ziele sind heute als weitgehend erfüllt anzusehen. Die Bewegung des 19. Jahrhunderts erweist sich damit als Übergang zur modernen Demokratie.
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