Lexikon
deutsche Philosophie
die philosophischen Lehren und Systeme, die sich in Korrelation mit der Überlieferung deutschen Geisteslebens sowie abendländischer Denktraditionen im deutschen Sprachraum entwickelt haben.
Die deutsche Philosophie im engeren Sinne setzt ein mit der deutschen Mystik des 13. und 14. Jahrhunderts. An ihrem Anfang steht die Mystik seit Hugo von Sankt Viktor, es folgen Meister Eckhart, H. Seuse, J. Tauler und der unbekannte Verfasser der „Theologia Teutsch“. – Der bedeutendste deutsche Philosoph im Zeitalter der Renaissance ist Nikolaus von Kues, der vom Mittelalter zur Neuzeit überleitet. Agrippa von Nettesheim und der Arzt Paracelsus vertraten eine Mystik, die altgriechisches Gedankengut aufnimmt. Die deutsche Mystik im Barock wurde repräsentiert durch V. Weigel und vor allem durch J. Böhme.
Nikolaus von Kues
Nikolaus von Kues
© wissenmedia
Agrippa von Nettesheim
Agrippa von Nettesheim
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Berühmtester Vertreter der deutschen Aufklärungsphilosophie ist Leibniz, der als Universalgelehrter neuzeitliche Physik, Mathematik, Rechtswissenschaft und Politik mit der traditionellen Philosophie verband. C. Wolff begründete die Leibniz-Wolff’sche Schulphilosophie, zu der A. G. Baumgarten und G. F. Meier gehörten. – Eine andere Gruppe der Philosophie der Aufklärung bildeten die Popularphilosophen mit ihrem lehrhaften, moralisierenden Schrifttum: H. S. Reimarus, M. Mendelssohn, F. Nicolai und C. Garve.
In der Transzendentalphilosophie Kants, die sich in Auseinandersetzung mit rationalistischem und empiristischem Gedankengut bildete, erhielt die deutsche P. eine grundlegende Erneuerung; es wird in diesem Zusammenhang von einer „kopernikanischen Wendung“ gesprochen, d. h. das Erkennen wird nicht mehr als abhängig von der objektiven Wirklichkeit betrachtet, sondern die objektive Wirklichkeit wird bestimmt durch die Bedingungen der Erkenntnis. Kants Erkenntnistheorie („Kritik der reinen Vernunft“ 1781) entlarvte die traditionelle Metaphysik als Scheinwissenschaft und untersuchte die Bedingungen der Möglichkeit menschlicher Erkenntnis. Zu den unmittelbaren Nachfolgern Kants zählen S. Maimon, K. L. Reinhold, J. S. Beck und J. F. Fries.
Die folgenreichste Wirkung Kants war die Ausbildung des deutschen Idealismus durch J. G. Fichte, F. W. Schelling und G. W. Hegel. Fichte war der Erste, der Kants Kritizismus in einen reinen Idealismus verwandelte; Schelling, den reinen Idealismus weiterführend zu einer Identitätsphilosophie von Geist und Natur, Denken und Sein, war Hauptvertreter der romantischen Philosophie, zu der auch F. Schleiermacher, der Dichter Novalis und K. C. F. Krause gehörten. Hegel führte die von Kant über Fichte und Schelling verlaufende Linie des deutschen Idealismus in seiner Philosophie des absoluten Geistes zum absoluten Idealismus. Die Hegel’sche Schule spaltete sich nach ihrem Verhältnis zu religiösen und sozialen Fragen in die konservative „Hegel’sche Rechte“ (u. a. K. F. Göschel, G. A. Gabler, H. F. W. Hinrichs) und in die progressive bzw. radikale „Hegel’sche Linke“, auch Junghegelianer genannt (u. a. A. Ruge, L. Feuerbach, K. Marx). Die „Hegel’sche Linke“ mündete in den Materialismus ein, der durch Marx und Engels zum dialektisch-historischen Materialismus entwickelt wurde.
Mit Schopenhauer, der in seiner Philosophie des Weltwillens als des Dinges an sich an Kant anknüpfte, endete die Philosophie des deutschen Idealismus. Am weitreichendsten war Schopenhauers Einfluss auf Nietzsche und dessen Philosophie des Willens zur Macht. Nietzsche wollte eine grundsätzliche Umwertung der Philosophie und der abendländischen Kultur bewirken.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdrängten die rasch sich entwickelnden Naturwissenschaften die Metaphysik; Philosophie wurde zur Grundlagenwissenschaft der Natur-, aber auch der Geisteswissenschaften. Ein vulgärer, naturwissenschaftlicher Materialismus wurde vertreten durch K. Vogt, J. Moleschott, Ludwig Büchner und F. A. Lange.
Zu den naturwissenschaftlichen Fragen zugewandten Philosophen gehörten W. Wundt mit seiner physiologisch-experimentellen Psychologie und E. Mach, der eine positivistische Erkenntnistheorie begründete, W. Schuppe mit seiner Immanenzphilosophie, R. Avenarius und T. Ziehen mit ihrem Empiriokritizismus und H. Vaihinger mit seinem idealistischen Positivismus.
Eine hervorragende Stellung nahm im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und im ersten des 20. Jahrhunderts der Neukantianismus ein, der Kant rein erkenntnistheoretisch interpretierte. Er gliederte sich in die Marburger Schule: H. Cohen, P. Natorp, E. Cassirer, und die Südwestdeutsche Schule (Heidelberger Schule): W. Windelband, R. Rickert und E. Lask. F. Brentano leitete mit seiner Lehre von der Intentionalität der psychischen Phänomene eine philosophische Richtung namens Österreichische Schule ein.
Neben dem Neukantianismus entstand, von Nietzsche ausgehend, die deutsche Lebensphilosophie: W. Dilthey, Schöpfer der Erkenntnistheorie der Geisteswissenschaften, R. Eucken, G. Simmel. Hauptvertreter der Dilthey-Schule waren: der Religionssoziologe E. Troeltsch, G. Misch, H. Nohl, T. Litt, der Kulturphilosoph E. Rothacker. N. Hartmann war der Hauptvertreter der Ontologie des 20. Jahrhunderts vor der kritischen Seinsfrage von Heidegger.
Die Philosophie der Naturwissenschaften im 20. Jahrhundert wurde vertreten im Bereich der Physik vom neupositivistischen Wiener Kreis: O. Neurath, M. Schlick, R. Carnap und H. Reichenbach, in der Biologie durch H. Driesch. – Vertreter der Kultur- und Geschichtsphilosophie war O. Spengler, dessen Buch „Der Untergang des Abendlandes“ (1918) große Wirkung hatte.
Die das 20. Jahrhundert einleitende Phänomenologie wurde durch E. Husserl begründet und als transzendentale Phänomenologie entfaltet. M. Scheler übertrug in eigenständiger Weise die phänomenologische Methode auf Ethik, Kultur- und Religionsphilosophie.
Die zweite große philosophische Strömung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts neben der Phänomenologie ist die deutsche Existenzphilosophie, zu der, neben K. Jaspers, M. Heidegger nur bedingt gehört. Für Jaspers ist Existenzphilosophie Erhellung menschlicher Existenz und ihrer Bezüge zur göttlichen Transzendenz, während Heideggers in „Sein und Zeit“ 1927 entfaltete Fundamentalontologie vor allem die Grundfrage nach dem Sinn von Sein stellt. Schüler Heideggers sind: H.-G. Gadamer, K. Löwith, M. Müller und K.-H. Volkmann-Schluck.
Weit über den Bereich der Philosophie im engeren Sinne reicht der Einfluss der Frankfurter Schule mit ihrer sog. „kritischen Theorie“: M. Horkheimer, T. W. Adorno, H. Marcuse und J. Habermas sowie in lockerem Zusammenhang mit diesem Denken E. Bloch.
Ebenfalls sehr einflussreich, vor allem seit den 1960er Jahren, wurden die analytische Philosophie und der sog. kritische Rationalismus, ausgehend von den Österreichern L. Wittgenstein, dessen Philosophie vor allem in England wirkte, und K. R. Popper, dessen Auseinandersetzung mit der kritischen Theorie als sog. Positivismusstreit bekannt wurde, über P. Lorenzen, den Begründer der Erlanger Schule, und W. Stegmüller, den Geschichtsschreiber der analytischen Philosophie, bis hin zu K.-O. Apel, der analytische und hermeneutische Philosophie zu verbinden sucht.
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